Deer Lake 01 - Sünden der Nacht
Mitgefühl für ihn. Die Vorzeichen von Verlangen regten sich in seinem Körper.
»Erwartest du ihn?« fragte er.
»Nein. Er ist gerade los in die Arbeit. Ich dachte, er hätte vielleicht etwas vergessen.« Sie steckte sich verlegen eine Strähne hinters Ohr und fuhr sich mit den Fingern durch ihren Pony. »Ich dachte, du bist heute abend bei Hannah, wegen der Sache mit der Jacke. Tut mir leid, Paul.«
Er zog seinen Parka aus und warf ihn auf den Trockner, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen. »Will nicht darüber reden!«
»In Ordnung.«
Er nahm ihr das Handtuch aus der Hand und schlang es um ihren Hals, zog sie enger an sich. »Ich hab die Nase voll davon«, er wickelte sich das Tuch um seine Fäuste. Der Zorn tobte in seiner Brust. »Mir reicht es allmählich mit den Fragen, den Anschuldigungen, dem Warten und davon, daß alle Hannah anschauen und sagen: ›Arme, tapfere Hannah‹. Sie ist an allem schuld. Und dieses kleine Luder will permanent mir den Schwarzen Peter zuschieben.«
»Hannah gibt dir die Schuld?« fragte Karen verwirrt. Sie mußte sich in dem Handtuch zurücklehnen, um zu ihm hochzuschauen.
»Agent O’Malley.« Verächtlich verzog er den Mund. »Sie ist so damit beschäftigt, Holt zu ficken, daß sie für ihren Job keine Zeit mehr hat.«
»Wie kann nur irgend jemand dich beschuldigen?«
Dad, kannst du kommen und mich vom Eishockey abholen? Mom kommt zu spät, und ich will nach Hause.
»Keine Ahnung«, flüsterte er heiser, und Tränen brannten in seinen
Augen. »Es war nicht meine Schuld.«
»Natürlich nicht.«
»Wirklich«, wiederholte er, kniff die Augen zu und ließ den Kopf hängen. Er drehte das Handtuch noch fester. »Ich kann nichts dafür.« Karen drückte sich an ihn, um dem Schmerz zu entgehen. Ihre kleinen Hände glitten unter sein Sweatshirt und streichelten die schlanken Muskeln seines Rückens. »Es war nicht deine Schuld, Schatz.« Dad, kannst du kommen und mich vom Eishockey abholen? Mom hat sich verspätet, und ich will nach Hause.
Die Stimme ging ihm nicht aus dem Kopf, genausowenig wie die Bilder dieses Nachmittags: O’Malley, die ihn verhörte – Sie haben Ihren Anrufbeantworter überhaupt nicht überprüft? Die Jacke in seinen Händen – er ist tot. Er ist tot. Er ist tot …
»… nicht meine Schuld«, winselte er.
Karen legte einen Finger auf seinen Mund. »Schsch. Komm mit.« Sie führte ihn durch die Küche, den dunklen Flur hinunter zum Gästezimmer. In dem Bett, das sie mit Garrett teilte, liebten sie sich nie. Sie trafen sich selten hier im Haus; das Risiko, entdeckt zu werden, war zu groß. Aber er machte keine Anstalten, sie zu bremsen, als sie ihn wie ein Kind auszog und machte auch keine Anstalten, sie zu bremsen, als sie sich selbst auszog. Deswegen war er gekommen, aber er ergriff nicht die Initiative. Es war nicht seine Schuld, irgendeinen Beistand brauchte schließlich auch er.
Er lag auf den pfirsichfarbenen Laken im milden Schein der Nachttischlampe und ließ sich von ihr mit Lippen und Händen und ihrem Körper langsam in Fahrt bringen. Sie reizte ihn mit ihrem Mund, streichelte ihn, rieb ihre kleinen Brüste gegen ihn, öffnete sich und nahm ihn in sich auf. Langsam bewegte sie sich auf ihm, streichelte seinen Oberkörper, schürte das Feuer körperlichen Begehrens, das langsam den Nebel der Benommenheit wegbrannte.
Die Hände um ihre Schultern zog er sie näher und rollte sie unter sich. Er hatte das verdient und brauchte es. Entspannung für seinen Körper und die Wut, die in ihm schwelte – Wut auf Hannah, auf O’Malley, Wut auf die Ungerechtigkeiten, die sein Leben beschwerten. Das alles ließ er aus sich herausströmen, während er immer wieder in die Frau eines anderen stieß. Tiefer, fester, bis die Stöße mehr Strafe als Leidenschaft waren.
Und dann ergoß er sich, und alles war vorbei. Die Kraft war weg, die
Macht versickert. Er ließ sich neben Karren fallen und starrte zur Decke. Merkte nicht, daß sie sich an ihn kuschelte, daß sie weinte, daß die Zeit verging. Merkte nichts außer der tückischen Schwäche, die langsam von ihm Besitz ergriff.
»Ich wünschte, du könntest bleiben«, flüsterte Karen.
»Geht nicht.«
»Ich weiß. Trotzdem wäre es schön.« Sie hob den Kopf und sah ihn an.
»Am liebsten möchte ich allein dir all die Liebe und die Unterstützung widmen, die du brauchst, dir am liebsten einen Sohn schenken.«
»Karen.«
»Wirklich.« Sie rieb mit der Handfläche über sein Herz. »Ich würde
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