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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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er sie. Er stieg über zwei Kisten, die sie noch auspacken mußte. Josh war an ihrem ersten Arbeitstag in Deer Lake gekidnappt worden.
    »Offiziell«, sagte sie widerwillig. »Aber das heißt noch lange nicht, daß ich inoffiziell nicht ein paar Recherchen machen könnte . . .«
    »Und riskieren, daß der Prozeß scheitert? Du bist ja nicht ganz richtig im Kopf. Komm her«, sagte er und drehte sie behutsam zu dem alten Sofa hin. »Du mußt dich hinsetzen, sonst wird dein Knie anschwellen wie ein Ballon.«
    Sie wehrte sich nicht. Er schloß daraus, daß sie tatsächlich so erschöpft war, wie sie aussah. Sie ließ sich vorsichtig auf der Couch nieder und blieb still sitzen, während er eine Kiste mit Büchern heranzog, damit sie ihr Bein hochlegen konnte.
    »Ich fühle mich einfach so verdammt hilflos, Mitch«, gab sie zu. Sie hörte das leichte Zittern in ihrer Stimme und wußte, daß er es auch gehört hatte.
    »Ich weiß, mein Schatz, ich weiß es genau.«
    Ihm war es doch genauso gegangen, dachte sie. Und was er durchgemacht hatte, war noch viel schlimmer gewesen. Er war Detective bei der Polizei in Miami gewesen, als man seine Frau und seinen Sohn niedergeschossen hatte. Sie wußte verdammt gut, daß man ihn nicht auf hundert Meter an die Ermittlungen herangelassen hatte. Und die Schuldgefühle belasteten ihn immer noch.
    »Es ist so schwer«, flüsterte sie und strich mit ihrer gesunden Hand über seine. »Wir sind Cops. Wir sind ausgebildet, auf eine bestimmte Art zu denken, zu handeln, böse Buben zu jagen. Wenn man uns das wegnimmt, wenn wir es am meisten brauchen . . . Es ist schwer.«
    Mitch setzte sich zu ihr auf die Couch und legte seinen Arm um ihre Schultern. Friday, die schwarze Katze, hüpfte auf die Lautsprecherbox, rollte sich zusammen und beobachtete sie in der wachsenden Dämmerung des Spätnachmittags.
    »Du hast mir immer noch nicht erzählt, was der Chirurg gestern abend gesagt hat.«
    Megan wandte sich von Mitch ab. Wenn sie statt seiner ihre Katze ansah, würde ihr die Lüge leichter fallen. Sie wollte lügen, wollte sich selbst und Mitch belügen.
    »Was weiß er schon?« murmelte sie.
    Mitch unterdrückte einen Seufzer. Schlechte Nachrichten, Nachrichten, die ihr weh taten, ihr angst machten, auch wenn sie das nie zugeben würde. Megan gab sich nicht geschlagen.
    »Ja.« Er zog sie an sich. »Es ist noch zu früh, sie können noch nichts mit Sicherheit sagen.«
    »Das ist es«, sagte sie mit belegter Stimme. Sie kuschelte ihre Wange in die Kuhle seiner Schulter, und er spürte, wie ihr Kinn zitterte. »Sie können es noch nicht wissen.«
    Sie wollte es noch nicht hören. Sie war noch nicht bereit, es zu akzeptieren, sie würde sich nicht kampflos ergeben. So sehr Mitch ihren Mut bewunderte, er wußte, daß es am Ende nur noch schwerer für sie sein würde. Er kannte die Prognose bereits. Er hatte ihren Arzt angerufen, gelogen und ihm erzählt, er wäre Megans Bruder Mitch. Das Krankenhaus gab Informationen nur an die Familie weiter, und Megans Familie war es scheißegal, was mit ihr passierte.
    Das Erfreulichste, was der orthopädische Chirurg zu sagen gehabt hatte, war, daß sie ihre Hand nicht hatten amputieren müssen. Mehrere Operationen und einige Monate Physiotherapie würden folgen, aber es war unwahrscheinlich, daß ihre Hand je wieder voll beweglich sein würde.
    Mitch hätte Garrett Wright in die finstersten Abgründe der Hölle geschickt für das, was er Megan, Josh, Hannah und Deer Lake angetan hatte. Wenn er Glück hatte, würde er ein wenig dazu beitragen können, ihn ins Gefängnis zu schicken. Gerechtigkeit und Gesetz waren selten ein und dasselbe. Diese Lektion hatte er vor langer Zeit gelernt, und es war hart für ihn gewesen.
    »Wir müssen ihn kriegen, Mitch«, murmelte Megan an seiner Brust, wo ihre Tränen sein Flanellhemd durchtränkten. »Er muß bezahlen.«
    »Er wird bezahlen, mein Schatz.« Mitch schlang seine Arme um sie und hoffte inständig, daß das Versprechen in Megans Ohren nicht genauso hohl klang wie in seinen.
    Sie schniefte und hob den Kopf, zwang sich, einen Mundwinkel hochzuziehen. »Nenn mich nicht Schatz.«
    »Ich tue es aber, wenn ich Lust dazu habe«, knurrte Mitch, dankbar für diesen Scherz, der ihnen inzwischen schon zur Gewohnheit geworden war. »Was willst du dagegen machen, O'Malley? Mich verprügeln?«
    »Ja, mit meiner eingegipsten Hand.«
    Das Gesicht wurde ernst. Aber ihr Blick ließ ihn nicht los. »Was soll ich bloß tun, Mitch? Ich

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