Deer Lake 02 - Engel der Schuld
Talent. Sie würden Lee Bailey beim Kreuzverhör hart für sein Geld arbeiten lassen.«
»Ja, aber das wäre Arbeit«, sagte Jay gelangweilt. »Ich schaue lieber zu. Ich überlasse Ihnen und Lee die harten Sachen.«
Ellen beobachtete das Lächeln und Händeschütteln von ihrem Platz gleich neben der Tür.
Was w ü rden Sie sagen, wenn ich Ihnen erz ä hle, da ß ich Costello nicht von einem Sack Schweinefutter unterscheiden kann?
Da ß Sie ein L ü gner sind, Mister Brooks.
Sie hatte ihm glauben wollen, und er hatte sie verraten. Ein Gefühl von Verlust begleitete den Zorn, während sie die beiden beobachtete. Es sah wirklich so aus, als wären sie die besten Freunde. Ein Lachen, ein Grinsen, ein Schlag auf die Schulter. Brooks und Costello, alte Studienkollegen von der Jurafakultät. Ein Haifischpaar, das sich gut ergänzte – Costello, das Raubtier, in einem stahlgrauen Versace-Anzug, Brooks, der Mann von der Straße, in zerknitterten Dockers und mit ramponiertem, unrasiertem Gesicht. Und neben Costello Garrett Wright, der sich umdrehte und sie quer durch den Raum direkt ansah. Er lächelte breit, wissend.
Ellen bewegte sich, suchte Deckung hinter einer Horde von Collegestudenten und verfluchte sich, weil sie dem Drang hierherzukommen nachgegeben hatte. Sie und Cameron hatten bis um neun gearbeitet – Phoebe hatte sich um acht entschuldigt, weil sie dringend an irgendeinem unbekannten Ort gebraucht wurde – , dann waren sie zu einem späteren Abendessen in Grandma ' s Attic gegangen. Sie hätte nach Grandmas heißem Apfelstrudel nach Hause gehen sollen. Sie sollte genau in dieser Minute in tiefer Bewußtlosigkeit in ihrem Bett liegen.
Aber die Versuchung war zu groß gewesen – sich nur ein paar Augenblicke lang einzuschleichen, mit eigenen Augen zu sehen, was hier los war, die Stimmung und die Menge zu beobachten. Die Veranstaltung hatte um sieben angefangen. Die Presse würde um neun längst fort sein. Sie würde sich unauffällig einschleichen können, im Schatten bleiben, beobachten. Bis die Kassierer an der Tür die Nachricht von ihrer Anwesenheit verbreitet hatten, hätte sie genug gesehen und wäre wieder davongeschlichen. Es schien ihr die fünf Dollar wert, selbst wenn das Geld in Wrights Verteidigungsfonds floß.
Im nachhinein betrachtet, war es eine dumme Idee gewesen. Wright selbst hatte sie entdeckt. Sie hatte das Gefühl, daß alle im Raum sich umdrehten, um sie anzustarren. Die Flut der Menge schien gegen sie zu strömen, sie tiefer in die feindlichen Stellungen zu ziehen, obwohl sie doch nichts lieber wollte, als den Ausgang zu erreichen.
»He, was hat die hier zu suchen?«
»Ist das nicht Ellen North?«
»Die hat vielleicht Nerven.«
Die Kommentare kamen mit giftigen Blicken und ausgestreckten Zeigefingern. Ellen reagierte nicht darauf, täuschte Gelassenheit vor, während ihr Puls raste. Sie bewegte sich gegen die Strömung, konzentrierte sich auf das Ausgangsschild hinten im Raum. Sie hätte Cameron als ihren Spion schicken können. Sie hätte sich auf die Berichte von Mitchs Männern verlassen können. Aber nein. Sie mußte es mit eigenen Augen sehen. Sie konnte sich nicht auf andere verlassen. Sie mußte sich bis zum Hals hineinhängen. Jetzt fühlte sie sich, als würde sie ertrinken.
Eine Hand schloß sich um ihren Ellbogen. Sie versuchte, sich loszureißen, aber die Hand packte nur fester zu.
»Was zum Teufel hast du hier zu suchen«, fragte Brooks. Seine Stimme war ein leises Knurren.
»Ich würde dir ja dieselbe Frage stellen, aber es war ziemlich offensichtlich.«
Sie versuchte noch einmal sich loszureißen, aber er war zu nahe, schob sie vorwärts. Die Richtung hatte sich ohne ihre Zustimmung geändert. Sie ließen den Ausgang rechts liegen und bewegten sich zum dunklen Korridor hin, wo die Garderobe war.
»Du ziehst Schlüsse, ohne die Fakten zu kennen, Counselor«, sagte er, als sie die kleine Lichtoase an der Garderobe passierten und weiter zum Rand der Dunkelheit gingen.
Ellen lehnte sich neben dem Notausgang mit dem Rücken an die Wand und sah ihn wutentbrannt an. »Und ich wäre verrückt, wenn ich deine Version der Fakten akzeptieren würde, Brooks. Außerdem dachte ich, es wäre dir egal, was ich glaube und was nicht.«
»Und ich dachte, dir wäre egal, was ich mache und was nicht«, konterte er.
»Es ist mir nicht egal, daß du mich angelogen hast. Abgesehen davon kannst du zur Hölle fahren.«
»Ich habe dich nicht angelogen.«
»Ha! Du hast mir
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