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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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letzten Blocks stehen und erklärte mir, wie ich gehen sollte.
    »Du hast keine Lust, selbst mitzukommen?«, fragte ich.
    Er schüttelte verzagt den Kopf.
    »Nein. Ich kann dich verstehen«, lächelte ich ihm zu. Da, wo ich aufgewachsen war, hatten wir auch so eine Gang. Vielleicht nicht ganz so raffiniert wie diese. Aber wir wohnten auch nicht in so hohen Häusern. »Dann wartest du hier auf mich. Also den Pfad zwischen den Bäumen dort rauf?«
    Er nickte zweimal und sah mich mit seinen großen Augen an. Er sah wirklich besorgt aus, nicht seinetwegen, sondern meinetwegen. Das baute mich nicht gerade auf.
    Ich ging los, in wiegendem Seemannsgang. Das half mir, mich ein wenig mutiger zu fühlen, so als sei dies gar nichts für einen großen, starken Mann, der sich jetzt schon seit vielen Jahren die Zähne selber putzte.
    Eine Frau kam mir entgegen. Sie war Ende dreißig, ihr Gesicht war mager und zerfurcht, wie die Überreste einer Fischmahlzeit bei armen Leuten. Um ihre besondere Note zu betonen, hatte sie die Haare zurückgekämmt und im Nacken straff zusammengebunden, sodass sie aussahen, als seien sie auf die Kopfhaut geklebt. Das gab ihr trotz ihrer blonden Haare ein nahezu indianisches Aussehen. Doch sie zog kein demontiertes Tipi hinter sich her, sondern einen Einkaufstrolley. Sie war sehr blass und sah mich aus ängstlichen Augen an. Doch sie hatte keinen Grund, sich zu fürchten. Ich versuchte nicht einmal, sie anzulächeln.
    Ich trat zwischen die Bäume.
    Ich habe Kiefern immer gemocht. Sie lassen mich an heidnische Phallussymbole denken, wie sie üppig und rund und wollüstig gen Himmel streben – im krassen Gegensatz zu den pietistischen Fichten mit ihren hängenden Ästen und ihrem tristen Leichenbitteraussehen. Der Duft von Kiefern lässt mich immer an Sommer denken – Spätsommer, und du steigst aufwärts, durch ein Tal oder eine Schlucht oder sonst wo, hinauf ins heidekrautbedeckte Hochland, zu den weiten, offenen Flächen und dem gewölbten, klaren Spätsommerhimmel mit seiner ganzen dunkelblauen Kraft, die eine lange Sonnensaison hindurch ihre Vitamine für den Winter abgelagert hat.
    Aber jetzt war kein Spätsommer. Es war Februar, und es gab keinen Grund, an die Weiten des Hochlandfjells zu denken, oder an Kiefern, oder an überhaupt irgendetwas.
    Plötzlich lag die Hütte da, zwanzig Meter über mir am Hang. Es war nicht gerade viel Staat mit ihr zu machen. Schalbretter, die jemand mit grüner Farbe überpinselt hatte, ein bisschen Teerpappe und Sackleinen als Isolierung und hoch oben an der mir zugewandten Wand eine mit Hühnerdraht bespannte Öffnung. Daran lehnte ein blaues, glänzendes Fahrrad, und hinter dem Hühnerdraht erkannte ich ein weißes Gesicht.
    Ich ging näher heran und hörte Stimmen aus dem Hütteninneren. Dann quollen sie durch die eine Seitenwand heraus, liefen zur Vorderseite der Hütte und stellten sich vor dem Fahrrad auf, wie eine Mauer.
    Das Empfangskomitee war zur Stelle.

4
    Eigentlich sahen sie eher furchtsam als furchteinflößend aus. Sechs gewöhnliche, noch nicht ausgewachsene Teenager mit den altbekannten Pickeln und den altbekannten flaumbewach­senen Kinnpartien und dem altbekannten dämlichen Grinsen. Ein langer, schlaksiger Bursche ganz außen versuchte, sich eine Zigarette zu drehen, aber die Hälfte des Tabaks landete auf der Erde, und als er die Zigarette schließlich in den Mund stecken wollte, fehlte nicht viel, und er hätte sie sich ins Auge gepikt. In der Mitte stand ein anderer, der auffiel, weil er klein und dick war. Er hatte ein rotes Gesicht und rötlich blonde Haare. Der Ausdruck seiner Augen erinnerte an einen getreten Hund, woraus ich schloss, dass er der Narr der Bande war. Denn alle Banden haben ihren Narren, doch wehe dem armen Schwein aus einer anderen Gang, der ihm etwas tut. Bewusst oder unbewusst ist der Narr derjenige, der die Gang im Grunde zusammenhält, denn es ist ihre Aufgabe, ihn zu verteidigen und zu beschützen. Das musste der sein, den Roar Tasse genannt hatte. Die vier übrigen unterschieden sich in Haarfarbe, Größe und Gesichtsausdruck, ansonsten waren sie ziemlich austauschbar. Alle trugen Jeans, ein paar Daunenjacken, die anderen Lederjacken.
    Dann trat der letzte Mann aus der Hütte, und das ganze Bild änderte sich. Die anderen waren wie eine Schafherde aus der Hütte getrappelt, dieser hier erschien, schlendernd, als gehe er nur zufällig vorbei.
    Er hatte etwas Einstudiertes und Künstliches, das augenblicklich den

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