Dein für 1000 und eine Nacht
war Lana oft die Gastfreundschaft in solchen Häusern angeboten worden.
Es war durchaus möglich, dass Arash sie zum Haus des ortsansässigen Scheichs gebracht hatte. Aber es war merkwürdig, dass dort kein Licht brannte. Im Haus eines Dorfvorstehers waren immer Gäste anzutreffen, und bei einem Wetter wie diesem drängten sich selbst die Tiere bis in manche Räume. Ob das Haus überhaupt noch stand? Nach dem was sie vorhin kurz gesehen hatte, mochte es in Trümmern liegen.
„Das Haus ist noch da", erwiderte Arash. Eine Antwort hatte er auf sein Rufen nicht erhalten. „Zumindest das, was noch davon übrig ist."
Er schritt weiter, und sie musste ihm folgen. Dann, als sie nä her kamen, lichtete sich der Schnee ein wenig, und sie erkannte ein palastartiges, schwer beschädigtes Haus. Es handelte sich ganz offensichtlich um das Haus eines angesehenen Scheichs. Vermutlich den Stammesanführer des Tals, der wahrscheinlich eine Ahnentafel besaß, die Jahrhunderte zurückreichte.
Der Anblick der Ruine stimmte Lana traurig. Es musste einmal ein wunderschöner Palast gewesen sein, der in mehreren Terrassen an den Hang gebaut worden war.
Unter ihren Füßen lagen gemusterte Pflastersteine, die jetzt zerbrochen waren, und ein ausgetrockneter Kanal deutete darauf hin, dass hier einmal ein Bach durch den Garten geflossen war. Es fanden sich auch die Überreste geschwungener Wandelgänge, und auf der entfernten Seite des Flachdaches sah man eine unversehrte Kuppel.
Obwohl die ersten Anzeichen für den Wiederaufbau, ein Stapel neuer Ziegelsteine, zu sehen waren, hatte noch niemand mit großen Reparaturarbeiten begonnen.
Arash führte sie durch einen Türbogen und stieß die Tür auf. Lana folgte ihm, froh, dem eisigen Wind zu entkommen.
Er schloss die Tür hinter ihr. Beide standen einen Augenblick lang in der Dunkelheit.
Während sie nach Luft schnappte, merkte sie, dass er mit irgendetwas herumhantierte.
„Haben wir keine Taschenlampe bei uns gehabt?" fragte sie und stellte fest, dass ihre Stimme kaum lauter als ein Flüstern war.
„Einen Moment", bat Arash vollkommen ruhig, und im selben Augenblick flackerte ein Streichholz auf. Er griff mit der Hand nach dem Glas einer Öllampe, die auf einem Regal neben dem Eingang stand.
Er zündete den Docht an und setzte das Glas wieder auf. Selt sam, woher hatte er so genau gewusst, wo die Streichholzschachtel lag, dass er sie im Dunkeln gefunden hatte?
Sie standen in einem großen, im Schatten liegenden Raum. In der einen Wand waren Fenster zu sehen. Ein Teppich verschloss einen Türrahmen auf der gegenüberliegenden Seite.
Der Raum, in dem sie sich befanden, war von den Bomben verschont geblieben, und Lana wurde es sofort wärmer, weil sie sich nicht mehr draußen im Wind aufhielten.
Erleichtert streifte sie sich die Handschuhe ab und begann, ihre frierenden Finger zu reiben. Sie blies in ihre Handflächen und hielt die Hände vor ihr kaltes Gesicht, während Arash noch einmal rief, aber keine Antwort erhielt.
„Ich schätze, es ist niemand zu Hause", bemerkte sie.
„Ja", stimmte Arash ihr zu.
„Kennst du den Hausherrn?"
„Ich bin der Hausherr", erklärte er und verneigte sich in der traditionellen Begrüßungsweise seines Volkes. „Willkommen im Haus der Vorfahren der al Khosravi."
4. KAPITEL
Im schwachen Licht der Lampe zeigte sich das Holz, das in einer Ecke aufgestapelt war, und die Kohlen in dem Metalleimer. Arash zog die Kohlenpfanne zu dem Türbogen auf der anderen Seite hinüber, hob den Teppich an und öffnete die Feuerstelle. Dann begann er, ein Feuer in der Pfanne zu legen.
Der Raum war kühl, aber nicht kalt. Lana hätte gern gewusst, wer jetzt hier wohnte und ob die Bewohner wiederkommen würden.
Auf dem niedrigen Tisch stand eine zweite Öllampe. Wortlos kniete sie sich davor und begann sie zu entzünden, ehe sie die Nahrungsmittel, die sie mitgebracht hatten, aus den Rucksäcken holte. Zu spät fiel ihr ein, dass sie ihn vielleicht erst um Erlaubnis hätte fragen sollen.
Arash hatte sie mit zu sich nach Hause genommen. Es war unerwartet und eine merkwürdige und verwirrende Erfahrung für Lana. Seit sie nach Parvan gekommen war, hatte Arash ihr deut lich zu verstehen gegeben, dass er die Freundschaft mit ihr nicht erneuern wollte. Dass er sich geweigert hatte, Geld anzunehmen, war nur ein Teil davon.
Nach anfänglicher Verwirrung hatte sie gelernt, die von ihm gesteckten Grenzen zu respektieren, falls dies das richtige Wort war. Sie mied
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