Dein für 1000 und eine Nacht
alles, was als Bedrängen hätte ausgelegt werden können.
Obwohl sie einige Projekte in diesem Tal finanziert hatte, hatte sie es bisher nicht besucht.
Lana hatte am grünen Tisch ent schieden oder jemanden aus ihrem Team geschickt. Sie hatte nicht mal gewusst, wo das Tal lag. Ihr wurde klar, dass sie sich bemüht hatte, den Namen auf den Landkarten zu übersehen.
Das Tal Aram.
Nein, sie hatte es nicht übersehen. Warum sollte es sie kümmern, wo Arashs Heimat war?
Es gab so viele Täler, in denen sie nicht gewesen war, und ebenso viele Namen, die sie nicht kannte.
Es war reiner Zufall, dass dieses Tal dazugehörte.
Vielleicht übertrug sich Arashs Stimmung auf sie. Möglicherweise störte es ihn, sie mit hierher zu bringen. Nur aus einem wirklich triftigen Grund würde er das tun. Wenn Lana sich an den Augenblick im Wagen erinnerte, konnte sie sich gut vorstellen, dass er diese Entscheidung nur widerstrebend getroffen hatte.
Aber das mochte nichts mit ihr zu tun haben. Es schmerzte ihn vielleicht nur, sein Zuhause so zu sehen. Früher war es vermutlich wunderschön gewesen, heute jedoch eine Ruine.
Dennoch besaß es eine gewisse Ausstrahlung. Lana hielt einen Augenblick in ihrer Arbeit inne und schaute sich forschend um.
„Was hast du?" holte Arash sie aus ihren Gedanken.
„Ich weiß nicht", antwortete sie bedächtig. „Es ... liegt wohl an diesem Ort."
Er schwieg einen Moment. „Was denn?" wollte er wissen, als sie nicht weiterredete.
„Keine Ahnung, es ist bloß ... es kommt mir albern vor, aber obwohl es zerbombt wurde, hat es eine friedliche Aura. Es fühlt sich einfach anders an. Ich weiß es nicht", meinte sie und lachte leise, weil solche Überlegungen nicht ihre Art waren.
Aber Arash lachte nicht. Er nickte. „Es war immer so. Daher hat das Tal wohl auch seinen Namen bekommen."
Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Sie lächelte. Es hatte zwei Be deutungen: in Parvani „Tal des Friedens" und in Arabisch „Tal der weißen Antilopen".
„Warst du sehr oft hier seit ... warst du in letzter Zeit hier?" fragte sie spontan.
„Zwei Mal in den vergangenen Monaten, aber nur kurz."
Hastig stieß sie hervor: „Stört es dich, dass ich hier bin?"
Er musterte sie nachdenklich. „Stören? Es macht mir nichts aus, dich mit hierher zu bringen, Lana."
In dem mit wunderschönen Schnitzereien verzierten Sideboard, das aussah, als wäre es in einem verga ngenen Jahrhundert aus Indien importiert worden, fand Lana Geschirr, Besteck, Zucker, Salz und Pfeffer. Alles war ordentlich sortiert und offensichtlich auch in Gebrauch.
Das Sideboard war poliert, und ein frisches Tuch zierte den Tisch.
„Wer wohnt denn jetzt hier?" fragte sie.
„Zwei Bedienstete meines Vaters."
Als das Feuer brannte, sah Lana, wie umsichtig Arash war. Der meiste Rauch wurde durch die Kohlenpfanne nach draußen abgeleitet. Arash stand auf, nahm die Taschenlampe und einen Blecheimer, der auf einem kleinen Hocker neben der Tür gestanden hatte, an sich und verschwand.
Eine wohl tuende Wärme breitete sich im Raum aus. Lana atmete tief durch, ehe sie aufstand und zu den Kissen trat, die ihr aufgefallen waren. Sie breitete sie zu beiden Seiten des Tisches aus.
Als Arash zurückkehrte, hatte er Schnee im Haar, den Eimer aber mit Wasser gefüllt.
„Wie sieht es draußen aus?" wollte Lana wissen.
Auf dem Hocker lag eine hölzerne Schöpfkelle. Arash stellte den Eimer ab und tauchte die Kelle ins Wasser.
„Es schneit sehr stark, und der Wind ist heftiger geworden. Wir haben auch eine Toilette.
Soll ich sie dir jetzt zeigen?"
Lana nickte und folgte ihm durch den mit einem Vorhang versehenen Türrahmen in den angrenzenden Raum, in dem etliche Möbel abgestellt worden waren, soweit sie das im Licht der Ta schenlampe erkennen konnte. Durch ein Loch in einer Ecke des Daches zog kalte Luft herein, und Schnee wehte auf den Fliesenboden.
Schräg gegenüber ging es in einen Flur. Ein paar Meter den Gang hinunter blieb Arash stehen und öffnete eine der Türen.
Als Erstes fiel Lanas Blick auf einen Eimer, doch dann bemerkte sie zu ihrer Erleichterung die typische Toilette der Parvani, das bereits vertraute weiße Viereck aus Emaille auf dem Boden, mit dem Loch in der Mitte und den zwei fußförmigen Vertiefungen zu den Seiten.
Darüber hing ein Becken mit einer Kette, aber Arash erklärte: „Die Wasserzufuhr ist zerstört. Du musst mit dem Wasser im Eimer spülen."
Dann reichte er ihr die Taschenlampe und ging.
Es war nicht
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