Deine Kinder sind Deine Schuld

verantwortlich sind. Als Baugesellschaft beaufsichtigen Sie diese Subunternehmer, um dafür zu sorgen, dass sie ihre Aufgabe gut machen und das gesamte Vorhaben nicht gefährden.
    Stellen Sie sich vor, Sie entschließen sich, ein schönes neues Haus zu bauen, gehen zum Baumarkt und bestellen zugesägtes Holz, ein paar Dachrinnen und Kabel, eine Duschkabine und Türen, eine Klosettschüssel, ein Waschbecken und Gras zum Ansähen. Dann lassen Sie sich das Ganze auf Ihr Baugrundstück anliefern, sitzen da und starren es mit großen Augen an – ohne einen Plan zu haben, wie es fertig aussehen soll. Würden Sie so etwas tun? Natürlich nicht. Es wäre ja dumm. Aber so verhalten sich viele, wenn es um Kindererziehung geht. Sie gehen völlig planlos vor. Sie haben Spaß daran, das Baby zu zeugen, und wenn es dann neun Monate später zur Welt kommt, kaufen sie Windeln, Babynahrung und Fläschchen ein und richten ihm ein Kinderzimmer ein, aber sie haben keinen Plan und keine Ahnung, wie das Endprodukt aussehen soll. Sie wissen nicht, was für einen Erwachsenen sie da aufziehen wollen. Vielleicht sagen sie Dinge wie: „Vielleicht wird er ja mal Arzt!“ oder: „Sie könnte Präsidentin der Vereinigten Staaten werden!“ Aber haben sie einen Plan, der sie dahin bringt? Nur in den seltensten Fällen.
    Eltern verbringen viel Zeit damit, von der Zukunft zu träumen und sich vorzustellen, was für ein Mensch ihr Kind wohl eines Tages sein wird, aber die meisten von ihnen denken zu wenig darüber nach, was man jeden einzelnen Tag dafür tun muss, damit das Vorhaben gelingt. Es reicht nicht, sich nur das Endprodukt vorzustellen; man muss sich auch über den täglichen Aufwand Gedanken machen, der nötig ist, damit das Kind überhaupt so weit kommt.
    Darum geht es mir in diesem Abschnitt. Ich möchte, dass Sie erst einmal eine Vorstellung vom Endzustand bekommen, bevor Sie sich in das Abenteuer Kindererziehung stürzen. Ich will, dass Sie sich Gedanken machen, was für eine Art Erwachsenen Sie eines Tages haben wollen. Denn darum geht es bei der Erziehung: Erwachsene Menschen zu formen. Vielleicht ist der Titel dieses Buches nicht so ganz unmissverständlich, aber ich möchte eines jetzt schon klarstellen: Dieses Buch handelt nicht davon, wie man verantwortungslose Kinder stoppt; es handelt davon, wie man sich einen Plan macht, um eines Tages einen vernünftigen erwachsenen Menschen statt eines Kindes vor sich zu haben. Nur die wenigsten Eltern durchdenken den ganzen Prozess des Kindererziehens klar genug, um ihn richtig zu verstehen und gezielt anzugehen.
    Der Untertitel dieses Buches lautet: Ein Leitfaden zur Erziehung tüchtiger und verantwortungsbewusster Erwachsener . Ich weiß, einige werden jetzt fragen: „Meinst Du nicht eher Kinder als Erwachsene? Nein, ich meine schon Erwachsene. Ich glaube, man zieht Erwachsene groß, keine Kinder. Wenn Ihre Kinder für immer Kinder blieben, würde ich sagen, Sie ziehen Kinder auf. Aber das stimmt nicht, denn Kinder reifen heran und werden irgendwann erwachsen.
    Mit den Erwachsenen, die Sie groß gezogen haben, muss der Rest der Welt zurechtkommen. Sie haben normalerweise Ihre Kinder 18 Jahre lang unter Ihrem Dach, dann treffen sie ihre eigenen Entscheidungen, mit deren Folgen wir Übrigen dann irgendwie klarkommen müssen. Sie haben Ihre Kinder 18 Jahre lang bei sich, aber der Rest der Welt muss diese Erwachsenen ungefähr weitere 60 Jahre lang ertragen. Das heißt: In den paar Jahren, in denen Ihre Kinder in Ihrer Obhut aufwachsen, werden sie zu der Person, die sie später, wenn sie nicht mehr bei Ihnen leben, sind.
    Um zu verstehen, was diese ersten 18 Jahre für Sie als Vater oder Mutter bedeuten, müssen Sie sich zunächst überlegen, was für einen erwachsenen Menschen Sie aus Ihrem Kind formen wollen.
    Spielen wir Zeitmaschine
    Hören Sie auf, sich Ihr Kind so vorzustellen, wie es heute ist. Vergessen Sie einmal den glücklichen, zehn Monate alten Fratz, der da vor Ihnen im Hochstuhl sitzt und mit Bauklötzen um sich wirft. Stellen Sie sich diesen Menschen im reifen Alter von 35 Jahren vor. Wie sollte er dann Ihrer Meinung nach aussehen? Welche Gewohnheiten sollte er haben? Welchen Lebensstil sollte er sich Ihrer Meinung nach zulegen? Wie viel Geld soll er verdienen? Wollen Sie, dass Ihr Kind von Ihnen abhängig ist und bleibt? Wollen Sie, dass Ihr Kind unfähig ist, seine Entscheidungen selbst zu treffen? Wollen Sie, dass Ihr Kind Schulden macht? Dass es noch zu Hause lebt? Dass