Delia 2 - Delia und der Sohn des Haeuptlings
Gelegenheit gewartet hatte, sich an dem Professor zu rächen.
„Geh beiseite, Sohn des Häuptlings“, sagte er hart, „damit ich tue, was getan werden muss!“
Delia sprang auf, ihren Mops auf dem Arm, aber sie hielt sich wohlweislich hinter Akitus Rücken. „Wenn du den Professor erschießt, Grausame Schlange“, rief sie, „musst du mich mit erschießen!“
„Dein Leben ist weniger wert als das der Stute, auf der du reitest, weiße Squaw“, sagte Sinoko gelassen. „Geh beiseite, Sohn des Häuptlings!“
Aber Akitu dachte nicht daran, dieser Aufforderung zu folgen. Mit einer einzigen Bewegung spannte er seinen Jagdbogen, legte einen Pfeil ein.
Sinoko ließ sich nicht einschüchtern. Er kam auf Akitu zu, wollte ihn beiseite drängen.
„Zurück!“ rief der Indianerjunge. „Oder du musst sterben! Der Pfeil ist vergiftet!“
Sinoko wusste, dass Akitu nicht log — das hätte der Sohn des Häuptlings niemals getan. Er ließ die Sicherung seines Gewehres wieder einschnappen, zuckte die Achseln, wandte sich, scheinbar gelangweilt, ab. Aber sein dunkles Gesicht war hassverzerrt.
„Der Professor wird uns begleiten“, sagte Akitu mit fester Stimme. „Ihr rührt ihn nicht an — weder du, noch Perbuo! Wenn ihm irgendetwas zustößt, werdet ihr mir dafür büßen.“
Delia setzte ihren Mops zu Boden. „Ich danke dir, Bruder“, sagte sie leise.
„Er wird es nicht noch einmal wagen“, erklärte Akitu.
Sie setzten sich wieder hin, aßen weiter, warfen hin und wieder dem Professor einen Bissen hin. Der Mops gab sich mit der größten Unbefangenheit, schien gar nicht zu wissen, in was für eine schwierige Situation er sich und seine Herrin durch sein plötzliches Auftauchen gebracht hatte.
Als Roter Geier zurückkam, brachte auch er sofort seine Flinte auf den Mops in Anschlag. Aber Sinoko erklärte ihm rasch und in wenigen Worten die Situation.
Schweigend erfolgte der Aufbruch. Delia entschied sich, den Professor vorerst zu sich aufs Pferd zu nehmen. Ihr war alles andere als wohl in ihrer Haut.
Aber es lag nicht in Delias Natur, sich lange traurigen Gedanken hinzugeben. Nach einiger Zeit blitzte ein Gedanke in ihr auf: Fliehen!
Noch nie war die Gelegenheit für eine Flucht so günstig gewesen wie eben jetzt. Wenn der Mops im Indianerdorf geblieben wäre, hätte sie natürlich zurückkehren müssen, doch so — sie hatte nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen.
Mit einem Male war Delias gute Laune wiederhergestellt. „Braver Hund“, sagte sie. „Kluger, kleiner Professor!“
Der Mops umsprang vergnügt die tänzelnde Fuchsstute. Delia zog ihre Mundharmonika hervor und begann eine lustige Melodie zu blasen.
Auf ihrem Ritt durch die Prärie — zwei volle Tage lang begegneten sie keinem Menschen, weder einem roten noch einem weißen — musste Delia feststellen, dass an eine Flucht vorläufig nicht zu denken war. Hätte sie ihr Pferd herumgerissen und wäre in eine andere Richtung geprescht, dann hätte sie minutenlang ein prächtiges Ziel geboten. Außerdem hielt Akitu sich immer an ihrer Seite oder hinter ihr.
Delia legte sich einen anderen Plan zurecht. Zunächst wollte sie den Iowanokas helfen, den Tauschhandel günstig abzuschließen. Dann würde sie bei einer nächtlichen Rast offen mit Akitu sprechen und ihn bitten, sie gehen zu lassen.
Am dritten Tag erreichten sie endlich die Handelsstation. Sie lag nicht in einer Festung, einem sogenannten Fort, das von Soldaten besetzt war, sondern sie bestand aus ein paar einfachen, aber festen Blockhäusern, in denen es keine Fenster, sondern nur Schießscharten gab. Die Bewohner der Handelsstation waren durchaus fähig und entschlossen, sich gegen Überfälle zu verteidigen.
Dass sie sich nicht dem Schutze eines Forts anvertrauten, hatte seine besonderen Gründe, die Delia natürlich nicht kannte: Offiziell war es verboten, den Indianern Gewehre zu verkaufen oder ihnen Branntwein zu geben, und gerade das waren die Geschäfte, die die Händler mit Vorliebe betrieben.
Als die ersten Hütten in Sicht kamen, stieg Delia vom Pferd, legte ihrem Mops die Leine um den Hals und pflockte das andere Ende in den Prärieboden — so hatte sie, als sie auf dem Einwanderertreck mitgeritten war, allabendlich ihr Pferd angebunden. Sie trieb den Pflock in der Nähe eines kleinen Gebüsches in die Erde, wo der Professor bequem im Schatten auf sie warten konnte.
„Hiergeblieben“, sagte sie streng, „und dass du mir keine Dummheiten mehr machst!“
Der
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