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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenig an der Nase herum führen.«
    »Freut mich! Sollten dabei nur solche Nasen haben wie ich. Yes! Wer wird dabei sein?«
    »Nur Ihr und ich, Sir.«
    »Desto besser. Wer allein arbeitet, hat auch die Ehre allein. Wann geht die Geschichte los?«
    »Kurz vor Anbruch des Tages.«
    »Erst? Dann lege ich mich noch ein wenig auf das Ohr.«
    Er wickelte sich ein und war bald in Schlaf gesunken.
    Hassan Ardschir-Mirza war begierig, sich mit mir berathen zu können, und dort an der Scheidewand sah ich drei weibliche Gestalten stehen, welche die Sorge getrieben hatte, unsere Unterhaltung lieber direkt anzuhören, als sich später über dieselbe berichten zu lassen.
    »Wo warst Du jetzt, Emir?« frug er.
    »Ich wollte Dir Zeit lassen, nachzudenken und Dich zu beruhigen. Ein kluger Mann fragt nicht seinen Zorn, sondern seinen Verstand um Rath. Dein Zorn wird sich gelegt haben; nun sage, was Du zu thun gedenkst.«
    »Ich werde diese Menschen mit meinen Leuten überfallen und tödten!«
    »Diese dreißig starken und gesunden Männer mit Deinen Verwundeten?«
    »Du und Deine Begleiter, Ihr werdet uns beistehen.«
    »Nein, das werden wir nicht thun. Ich bin kein Barbar, sondern ein Christ. Mein Glaube gestattet mir, mein Leben zu vertheidigen, wenn es angegriffen wird; sonst aber gebietet es mir, das Leben meines Bruders zu achten. Das heilige Buch der Christen befiehlt: ›Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen Deinen Kräften, und Deinen Nächsten, wie Dich selbst!‹ Also muß mir das Leben meines Nächsten ebenso heilig sein, wie das meinige.«
    »Aber diese Männer sind ja nicht unsere Brüder, sondern unsere Feinde!«
    »Sie sind dennoch unsere Brüder. Der Kuran der Christen sagt: ›Liebet Eure Feinde; segnet, die Euch fluchen; thuet wohl denen, die Euch beleidigen und verfolgen; dann seid Ihr Kinder Eures Vaters im Himmel!‹ Ich muß diesem Befehle Gehorsam leisten, denn ich bin ein Christ.«
    »Aber dieser Befehl ist nicht klug, ist nicht vortheilhaft. Wenn Du ihn befolgst, so mußt Du ja in jeder Gefahr umkommen und in einem jeden Kampfe den Kürzeren ziehen!«
    »Im Gegentheile! In diesem Befehle liegt der Inbegriff der göttlichen Weisheit verborgen. Ich habe mich in mehr und größeren Gefahren befunden und bin viel öfters in der Lage gewesen, mich zu vertheidigen, als tausend Andere; aber ich lebenoch, ich habe stets gesiegt, denn Gott beschützt denjenigen, der ihm gehorsam ist.«
    »So willst Du mir nicht helfen, Emir, trotzdem Du mein Freund bist?«
    »Ich bin Dein Freund und werde es Dir auch beweisen; aber ich frage Dich: willst Du, Hassan Ardschir-Mirza, ein feiger Meuchelmörder sein?«
    »Niemals, Emir!«
    »Und dennoch willst Du die Ihlats im Schlafe überfallen! Oder gedenkst Du, sie vorher zu wecken, damit der Kampf ein ehrlicher sei? Dann wärest Du ja verloren.«
    »Herr, ich fürchte sie nicht!«
    »Ich weiß es. Ich sage Dir, daß ich allein gegen diese dreißig Männer kämpfen würde, wenn es sich um eine gerechte Sache handelte; meine Waffen sind mehr werth, als alle die ihrigen. Aber wer sagt mir, daß nicht schon ihr erster Schuß, ihr erster Hieb oder Stich mir das Leben nehmen wird? Eine wilde, ungezügelte Tapferkeit gleicht der Wuth des Büffels, welcher blind in den Tod rennt. Ich setze den Fall: Ihr tödtet zehn oder fünfzehn dieser Ihlats, so bleiben immer noch fünfzehn übrig, welche gegen Euch stehen. Ihr habt Euch ihnen selbst verrathen, und sie werden sich an Eure Fersen heften, bis Ihr aufgerieben seid.«
    »Deine Rede klingt weise, Herr; aber wenn ich meine Verfolger schone, so gebe ich mich ja in ihre Hände! Sie werden mich heut oder morgen ergreifen, und was dann geschieht, das hast Du ja selbst gehört.«
    »Wer sagt, daß Du Dich in ihre Hände geben sollst?«
    »Was sonst? Oder kannst Du sie vielleicht bewegen, mich ruhig ziehen zu lassen?«
    »Ja, das werde ich allerdings thun.«
    »W’Allah! Das ist – das ist – – Emir, ich weiß nicht, wie ich das nennen soll!«
    »Nenne es deli, verrückt. Das ist der richtige Ausdruck. Nicht?«
    »Ich darf nicht ›ja‹ sagen, denn ich achte Dich. Glaubst Du wirklich, daß Du diese Menschen, welche sich nach meiner Habe und nach meinem Leben sehnen, überreden kannst, mich entkommen zu lassen?«
    »Ich bin davon überzeugt; doch höre. Ich war soeben unten am Flusse und habe einige Bäumchen umgebrochen. Wenn die Ihlats dies bemerken, werden sie meinen, Saduk habe es getan. Bei Anbruch der

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