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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihre »am Fuße des Atlas etablierten Interessen zu wahren« – wie der diplomatische Ausdruck lautet.
    Schon hört man Marokko als das afrikanische Bulgarien bezeichnen, und von allen Seiten richten sich gespannte Blicke auf das Land, welches zwar längst nicht mehr ein für uns mit sieben Siegeln verschlossenes Buch zu nennen ist, aber doch des Eigenartigen und Befremdlichen so viel bietet, daß man, besonders in Erwartung der dort bevorstehenden Ereignisse, wohl wünschen mag, etwas echt Maghrebinisches, wenigstens im Bilde, kennen zu lernen.
    Eine vortreffliche Gelegenheit dazu bieten die Aufnahmen des Zeichners der britischen Mission, welche im April des laufenden Jahres von Tanger aus nach der Hauptstadt des Landes ging.
     

    Marokkanische Bettler.
     
    Da sehen wir zunächst das lebenstreue Bild marokkanischer Musikanten, welche den Empfang der Mission beim Gouverneur von Dukalla verherrlichen sollen. Sich tanzend vor- und rückwärts bewegend, lassen sie die schrillenden Pfeifen erklingen, während der dunkelhäutige Dirigent die Tabl, ein dem Tamtam ähnliches Instrument, dazu schlägt. Von Harmonie ist dabei freilich keine Rede, denn Seine Excellenz, der »General Baß« hat sich in Dukalla noch niemals sehen lassen.
    Will der Beduine Gäste empfangen, so thut er das am liebsten durch ein Lab-el-barud, zu deutsch Pulverspiel (S. 982), und je vornehmer diese Gäste und je mehr ihrer sind, desto bedeutender ist die Menge des Pulvers, welches verschossen wird. Die Empfangenden jagen den Ankommenden in wilder Carriere entgegen, bis hart an sie heran, so daß es scheint, als ob sie dieselben niederreiten wollten. Dann reißen sie ihre Pferde herum und sprengen wieder zurück. Das wiederholt sich, bis das Duar oder Tschar, das Zelt-oder Häuserdorf, erreicht ist. Dabei wird geschossen und aus Leibeskräften geschrieen; es scheint, als seien alle vom Scheitan oder den bösen Dschinns der Wüste besessen, und wollen die Gäste sich höflich erweisen, so stimmen sie mit ein und suchen die anderen womöglich noch zu überbieten. Es gibt das eine Szene, die gar nicht zu beschreiben ist.
    Dann stehen die Frauen und Töchter am Eingange der Zelt- oder Hüttenreihen und rufen den Nahenden ihr »Marhaba« (Willkommen) entgegen (S. 997). Die eine oder andere läßt sich von der Begeisterung vielleicht hinreißen, den Gruß vollständig auszuführen:
     

    Willkomm bietende marokkanische Weiber.
     
    »Ahla wa sahla wa marhaba – viel Familie, leichtes Leben und Unbeengtheit wünsche ich dir!«
    Auf der Kehrseite dieser schimmernden Münze sind die Bettler zu sehen, deren sich der eigentliche, stolze Sohn der Wüste schämen würde (S. 1007). Er teilt den Stammesarmen so viel von seinem Reichtum mit, daß sie nicht zu betteln brauchen. Der   seßhafte Maure aber ist härteren Herzens. Redet ihn ein Bettler mit einem »Dachel allah – ich bitte dich um Gottes willen« an, so sagt er ihm vielleicht ein »Allah jusellimak – Gott behüte dich!« und geht mit geschlossenen Händen weiter. Wir aber wollen den hier am Ausgange des Lagers stehenden Bittstellern freundlichere Geber wünschen, welche nach den Worten des Propheten handeln: »A’ mel cher wa irmih fil baher – thue Gutes und wirf es ins Meer!«
    Haben die Gäste sich vom Staube der Reise gesäubert und ausgeruht, haben sie den Pillaw, das Kuskussu und den obligaten, in Fett schwimmenden Hammel gekostet, dann werden Besuche gemacht oder empfangen, die Herden besichtigt, oder der Scheik el Urdi, der Herr des Lagers, ladet sie ein, sich von der Vortrefflichkeit seines Schahin zu überzeugen.
    Ein gut »abgetragener« und »berichtigter« Falke ist der Stolz seines Besitzers und wird sogar auf Gazellen abgerichtet, denen er auf den Kopf stößt, um ihnen das Augenlicht zu nehmen. Ein Schahin muß kühn und stets kampfbereit sein und darf sich selbst vor el Büdsch, dem gewaltigen Bartgeier, nicht fürchten. Der Beduine reitet, wenn er mit dem Falken jagt, stets sein bestes Pferd, vielleicht gar ein Radschi pak (»reine Adern«), welches von Mohammeds Lieblingsstute stammt.
     

    Der militärische Empfang vornehmer Gäste.
     
    Es kennt jede Bewegung seines Herrn, es beobachtet ihn genau. Sobald er dem Falken die Kappe abnimmt, hält es sich sprungbereit, und kaum streckt er den Arm aus, um den Vogel aufzuwerfen, so schießt es ohne Kommando mit ihm von dannen, dem Wilde nach, welches es ebenso scharf beobachtet hat wie sein Herr.
    Während der Falkenjagd nur von

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