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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Vitzewitz war kein Wort verlorengegangen. Er kannte das Leben der Ladalinskis bis dahin nur in den großen Zügen, und das Ansehen, das der Vater in einzelnen prinzlichen Kreisen genoß, sein auch jetzt noch bedeutendes Vermögen, vor allem aber das jeder Engherzigkeit Entkleidete, das alle Mitglieder dieses Hauses gleichmäßig auszeichnete, hatte ihn eine Verbindung mit demselben stets als etwas in hohem Maße Wünschenswertes erscheinen lassen. Heute zum ersten Male, während er doch zugleich den Bekenntnissen Tubals mit gesteigerter Teilnahme folgte, beschlich ihn ein Zweifel, ob es geraten sein würde, das Schicksal seiner beiden Kinder an das dieser Familie zu ketten.
    Auch Lewin und der junge Scharwenka plauderten lebhaft. Sie waren gleichalterig, weshalb denn auch Lewin, dem Wunsche des alten Spielkameraden nachgebend, das ehemalige »Du« beibehalten hatte. Hanne Bogun schritt pfeifend hinter ihnen und unterhielt sich damit, Vogelstimmen nachzuahmen.
    »Wie steht es mit Maline?« fragte Lewin.
    »Schlecht oder gar nicht, sie hat mir abgeschrieben.«
    »Ich habe davon gehört. Aber du sollst sie ja gekränkt haben; du hättest ihr ihre Armut vorgeworfen.«
    »Das erzählt Fräulein Renate, die alles glaubt, was ihr Maline sagt. Sehen Sie, junger Herr, das ist nun das Allerhäßlichste an ihr, daß sie nicht die Wahrheit sagt und mich verschwatzt. Und ich litt’ es auch nicht, bloß daß ich denke, man kann doch nicht wissen, wie es kommt. Und dann will ich die, die vielleicht doch noch meine Frau wird, nicht schon vorher in aller Leute Mäuler gebracht haben.«
    »Aber du mußt ihr doch etwas zuleide getan oder ihr irgendwas gesagt haben, das sie dir übelnehmen konnte.«
    »Ja, weil sie alles übelnimmt. In dem Briefe, worin sie mir abschrieb, stand: ›Wir Scharwenkas hätten einen Bauernstolz‹; aber, junger Herr, wenn wir den Bauernstolz haben, dann haben die Kubalkes den Küsterstolz. Ihr Vater, der alte Kubalke, hat ja den Kirchenschlüssel, und dann und wann sonntags, wenn der Pastor Abhaltung hat, liest er uns auch das Evangelium vor. Und er kann auch Grabschriften machen und Verse zu Hochzeiten und Kindelbier. Daneben müssen sich denn freilich die Bauern verstecken; wenigstens glauben das alle Kubalkes, als ob es selber ein Evangelium wäre. Und die kleine Eve drüben in Guse, das ist die schlimmste, denn die gnädige Gräfin verwöhnt sie jeden Tag mehr.«
    »Aber Maline?«
    »Ja, Maline! Sie ist nicht so schlimm wie die Eve, aber eitel und hochmütig ist sie auch. Und seit Martini, wo der alte Justizrat hier war und zu ihr sagte: ›Maline sei ein wendisches Wort und heiße Himbeere, und sie heiße nicht bloß so, sie sei auch eine‹, seit diesem Tage ist mit ihr kein Auskommen mehr. Und wie kam es denn? Und was hat sie mir denn übelgenommen? Ich sollte ihr das große karierte Tuch holen, und als ich es ihr nun wirklich geholt hatte, da wollte sie, daß ich es ihr auch umhängen sollte. Da sagte ich zu ihr: ›Du bist keine Prinzeß, Maline, du bist eines armen Schulmeisters Tochter.‹ Und da verschwatzt sie mich nun und klagt den Leuten vor, ich hätte ihr ihre Armut vorgeworfen! Und was war es? Ihren Hochmut hab’ ich ihr vorgeworfen. Aber Worte verdrehen und Lügen aufputzen, als ob es die Wahrheit wäre, darauf versteht sie sich. Und wenn ich ihr nicht so gut wäre – denn der alte Justizrat hat eigentlich recht –, so wär’ es schon lange mit uns aus gewesen. Nun ist es auch wirklich vorbei; aber ich denke doch immer noch, es soll wieder einklingen.«
    Unter solchem Geplauder, das den mitteilsamen Krügerssohn ganz und gar und den ihm zuhörenden, meist nur Fragen stellenden Lewin wenigstens halb in Anspruch genommen hatte, hatten beide junge Männer nicht darauf geachtet, daß das Pfeifen hinter ihnen still geworden war. Als sie sich von ungefähr umwandten, sahen sie den eine gute Strecke zurückgebliebenen Hanne Bogun, wie er, die beiden Jagdtaschen von der Schulter streifend, eben im Begriff stand, eine Kiefer zu erklettern, die sich nach oben hin in zwei weit voneinanderstehende Äste teilte. Es war dies der höchste Punkt der ganzen Gegend, und die Absicht des Hütejungen, von hier aus Umschau zu halten, lag klar zutage. Aber jede Betrachtung über das, was er wolle oder nicht wolle, ging in dem Schauspiel unter, das ihnen jetzt die Klettergeschicklichkeit des Einarmigen gewährte. Er klemmte den Stumpf fest, als ob er den Arm selbst gar nicht vermisse, und geschickt die am

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