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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Melancholie, nein, sie pflegte sie direkt, und das alte Fräulein von Görtzke traf es durchaus, als sie mal in ihrer humoristisch-treuherzigen Weise sagte: ›Frau Johanna fühlt sich nur wohl, wenn sie neben ihrer alltäglichen Sorge noch ein ganz besonderes Unglück in der Tasche hat.‹ In der Tat, es war ihr von Jugendtagen an viel auferlegt worden, indessen doch nicht so viel, daß nicht ein glücklicheres Naturell es hätte bemeistern können. Sie wollt es aber nicht und suchte nur umgekehrt nach allem Bittren des Daseins, das für sie längst das Süße geworden war. In ihrem feinen Nervenleben auf jedes Kleinste reagierend, leicht empfindlich und verletzt und als echte Schlabrendorf auch Stimmungen und selbst Launen unterworfen, gelang es ihr nicht , zu jenem schönen Frieden der Seele durchzudringen, nach dem sie sich beständig sehnte. Sie verzieh Kränkungen völlig, aber sie vergaß sie nicht, und so blieb ihr beständig ein Stachel im Gemüte, der sein Wesen dadurch nicht einbüßte, daß er sich zumeist und in erster Reihe gegen sie selber richtete. So wurde sie denn, alles Kämpfens und Strebens unerachtet, von Jahr zu Jahr immer bitterer, und viele kleine Züge legen Zeugnis davon ab. Einer, als besonders charakteristisch, mag hier eine Stelle finden. Es existierten zwei Bilder von ihr, die der Düsseldorfer Professor Hildebrandt in den Tagen seiner und ihrer Jugend gemalt hatte. Das eine dieser Bilder besaß sie selbst, das andere war eine Kopie, die sich ihr Bruder, Graf Leo, bei demselben Maler bestellt hatte. Auch dies zweite Bild kam in ihren Besitz, als sie, nach dem Tod ihrer Schwägerin, der Gräfin Emilie von Schlabrendorf, die Gröbner Erbschaft angetreten. Aber davon ausgehend, daß ihr Andenken und Gedächtnis in keinem Herzen, ihre Siethner Gemeinde vielleicht ausgenommen, liebevoll fortleben werde, war es ihr widerwärtig, ihre Bilder in die Hände fremder und gleichgültiger Menschen übergehen zu sehen. Und so ließ sie denn im Sommer 66, in demselben Sommer, der ihrem Tode vorausging, beide Bilder wohlverpackt in eine Gondel bringen, stieg selbst hinein, fuhr mitten auf den Gröbner See hinauf und versenkte sie daselbst. Mit den Bildern zugleich allerhand Briefschaften und Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit.«
    Auf dem Siethner Kirchhofe ruht sie neben der ihr voraufgegangenen Tochter, und die Schöpfungen beider umstehen ihr Grab. An den Schluß ihrer Lebensschilderung aber stell ich folgende Worte: »Zu dem seltenen Glück einer harmonischen Übereinstimmung in Lebensauffassung, häuslichem Verkehr und Freundesumgang gesellte sich hier als seltenste der Gnaden eine jeden Tag neu gesegnete Tätigkeit, eine Wirkungssphäre , wie sie sich einer stillen und hingebenden Liebe zwar nicht ohne Müh und Arbeit, aber doch ihrer ganzen Natur nach fast wie von selber erschloß.«
    III
     
    Gröben und Siethen jetzt
     
    Herr Karl von Jagow, Erbjägermeister der Kurmark, hatte, wie hervorgehoben, Gröben und Siethen im Herbst 1859 erworben. Er blieb aber persönlich auf seiner väterlichen Besitzung Rühstädt bei Wilsnack in der Prignitz und übertrug die Verwaltung der beiden Teltow-Güter einem ausgezeichneten Landwirte, der denn auch ohne Verzug allerlei Verbesserungen einleitete. Diese waren in der Tat nötig geworden, da, seit dem Tode Graf Leos, alles zurückgegangen oder doch ins Stocken geraten war. Das Interesse der Frauen drehte sich eben um andere Fragen als landwirtschaftliche. Mit Wiesenkulturen und Bruchentwässerungen, an die sich bald auch eine lohnendere Behandlung der Forstreviere schloß, wurde begonnen, und in rascher Reihenfolge folgten Wirtschaftsgebäude, Tagelöhnerhäuser und Etablissements aller Art. Auch eine neue Brennerei ward als unerläßlich hergerichtet, da das, was sich aus alter Zeit her noch so nannte, kaum noch diesen Namen verdiente.
    Zugleich aber war der Wunsch des Herrn von Jagow, eines Besitzes wieder los und ledig zu sein, der viel Anforderungen und wenig Erträge mit sich brachte, von Jahr zu Jahr gewachsen, und er verkaufte deshalb beide Güter im Jahre 79 für die Summe von 180 000 Talern an den Engroskaufmann Badewitz in Berlin. Seitens dieses letzteren ist, der kurzen Spanne Zeit unerachtet, bereits viel geschehen und (um nur eines zu nennen) ein geschmackvolles und modernen Ansprüchen mehr entsprechendes Herrenhaus in Siethen errichtet worden.
     
    Gröben jetzt
    Gröben gilt bei seinen Bewohnern und fast mehr noch bei seinen

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