Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Sommerbesuchern als ein sehr hübsches Dorf. Ich kann aber dieser Auffassung, wenn es sich um mehr als seine bloße Lage handelt, nur bedingungsweise zustimmen. Gröben hat ein märkisches Durchschnittsansehen, ist ein Dorf wie andre mehr, und alles, was als bemerkenswert hübsch in seiner Erscheinung gelten kann, ist seine von einem hohen Fliedergebüsch, darin die Nachtigallen schlagen, umzirkte Kirche.
Diese Kirche wurde gegen Schluß des dreizehnten Jahrhunderts erbaut, und zwar aus Feldstein, wie die meisten unserer Dorfkirchen aus jener Epoche. Wie viele Wandlungen dieselbe während einer vielhundertjährigen Zeit erfahren hat, ist schwer festzustellen, und ich beschränke mich auf Hervorhebung der zuletzt erfolgten. Es war dies ein vollständiger Um- und Neubau, der in den fünfziger Jahren auf Veranlassung der Gräfin Schlabrendorf, gebornen von Ryssel, durch den damaligen Baumeister, jetzigen Geheimen Baurat Adler begonnen und 1860, zwei Jahre nach dem Tode der Gräfin, beendigt wurde. Baumeister Adler, bekanntlich auch Archäolog, hatte sich seiner Aufgabe pietätvoll unterzogen und nicht nur das alte Feldsteinmauerwerk aus dem dreizehnten Jahrhundert beibehalten, sondern auch alles neu Herzustellende, wie Kanzel , Altar, Taufe, dem frühgotischen Stile jener Epoche nachzubilden gewußt. In ebendiesem Stile wurde zuletzt auch eine jetzt rechts neben dem Altar hängende, vom Generallieutenant Grafen zu Dohna herrührende Tafel gestiftet, auf der wir folgender Inschrift in Goldbuchstaben auf dunklem Grunde begegnen: »Frau Gräfin Emilie von Schlabrendorf, geborne von Ryssel, stiftete durch Testamentslegat den Neubau der Kirche. Frau Johanna von Scharnhorst, geborne Gräfin von Schlabrendorf, ließ den Bau der Kirche ausführen und 1860 vollenden.«
Von so bemerkenswerter Schönheit alle diese Details sind, so werden sie doch an Interesse von dem übertroffen, was seitens des Baumeisters aus der alten Kirche mit in die neue hinübergenommen wurde: Grabsteine, Glasfenster, Schildereien.
An Grabsteinen war, als es an ein Abtragen und Niederreißen ging, eine Fülle vorhanden, die nur noch durch die Fülle von Särgen übertroffen wurde, die, dicht nebeneinander, in einer unterm Altar in Kreuzesform angelegten Gewölbereihe standen. Alle diese Gewölbe, weil sie mit Einsturz drohten, mußten zugeschüttet werden, und so kam es, daß uns verschiedene, mit mehr oder weniger interessanten Inschriften und Emblemen versehene Särge verlorengingen. Von den Grabsteinen dagegen sind uns an zehn oder zwölf erhalten geblieben, die, der Mehrzahl nach in den Chorumgang eingemauert, eine malerische Nischenwand hinter dem Altar bilden. Alle sind vorzüglich erhalten, und wenigstens eines derselben mag hier eingehender gedacht werden. Es ist dies der Grabstein eines jungen, schon in den Kirchenbuchauszügen erwähnten Schlabrendorfs, der bei Mollwitz fiel. Die Inschrift lautet: »Steh, Sterblicher, und betrachte die unvergängliche Kron, welche erlanget hat der hochwohlgeborene Ritter und Herr, Herr Johann Christian Siegmund von Schlabrendorf, Seiner Königlichen Majestät in Preußen bei dero Infanterie unter dem hochlöblichen Regiment Seiner Exzellenz des Herrn Generallieutenants von der Marwitz hochverdienter Lieutenant, Herr der Güter Gröben, Beuthen, Jütchendorf und Waßmannsdorf, welcher den 20. Dezember 1711 auf dem Hause Gröben geboren und den 10. April 1741 in der zwischen der preußischen und der österreichischen Armee bei Mollwitz in Schlesien vorgefallenen scharfen Aktion, in der auf seiten der Preußischen der Sieg geblieben, durch einen Musketenschuß, so ihn durch den Kopf getroffen, für Gottes, des Königs und des Vaterlandes Ehr und Rechte seinen Heldengeist aufgegeben, nachdem er sein Alter gebracht auf neunundzwanzig Jahr und vier Monat.«
Ein andrer Schlabrendorf, der fünfundfünfzig Jahre früher vor Ofen fiel und auch ebendaselbst begraben wurde, hat selbstverständlich keinen Grabstein in Gröben, sondern nur eine Gedächtnistafel , mit einer Malerei darüber. Man sieht einen Fluß (die Donau), an dessen Ufer hüben und drüben zwei bastionsartige Festungswerke: Pest und Ofen, liegen. Über dem einen Festungswerke steht eine große, rauchumhüllte Feuerkugel, die mutmaßlich als eine platzende Bombe gelten soll. Eine naive symbolische Darstellung eines durch Bombardement erlittenen Todes. Darunter steht: »Der hochedel geborene Herr, Herr Gustavus Albertus von Schlabrendorf, ist
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