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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Taktierstock immer energischer und höher, und im Chorgesange scholl es durch den Saal:
    Auf zottigen Auerwildsdecken,
    Im Hochwald auf märkischem Sand,
    Einst lagen zwei schwartige Recken,
    Die zechten gar froh miteinand.
    Es rastete ihnen zur Seite
    Die kunstvoll geschaffene Wehr,
    Die steinerne Streitaxt, die breite,
    Der lederumflochtene Speer.
    Und ein Urhorn nach altdeutscher Weise
    Der jüngre als Trinkhorn schwang,
    Den Zahn eines Mammuts der greise
    Mit sehnigen Fäusten umschlang.
    Eine stattliche Strophenreihe folgte, darin, neben den »zwo schwartigen Recken«, auch Odin und Thunar ihre Rolle spielten, und während sich unter immer erneutem Humpengekreise (jetzt glücklicherweise nur noch im Liede) die Gründung von Dreilinden vollzog, erschien auch schon der Heiduck, um dem Prinzen die Meldung zuzuflüstern: »Die Wagen.«
    Aufbruch und Abschied folgten, und ehe noch die Festeslichter in Dreilinden erloschen waren, blitzten auch schon wieder die Signal- und Bahnlichter auf, die, die streng und eisern gezogene Linie der Realität uns zeigend, uns zugleich zurückbegleiteten aus dem Märchen in die Wirklichkeit.
    6. Kapitel
     
    Dreilinden im Schnee
     
    Um die Weihnachtszeit übersiedelte der Prinz nach Berlin und bezog seine Wohnung im Königlichen Schloß; im »Jagdhause« draußen aber fielen inzwischen die Flocken auf Dach und Balkon, überdeckten heute den Vorplatz und morgen den Runenstein, und ehe noch vom nächsten Nachbardorfe die Glocke zur Christmette herüberklang, lag Dreilinden in Schnee.
    Und in Schnee lagen dann auch die Dreilinden und seinen Vorplatz umstehenden Tannen und mühten sich umsonst, einen Einblick in die sonst so lichten Räume zu tun und auszuforschen, ob das Christkind, das sie still durch den Wald ziehen sahn, eine Krippe drinnen und einen Stern darüber gefunden habe. Doch wie weit sie die Wipfel auch neigen und bis über den Balkon hin vorbeugen mochten, sie sahen nichts als Nacht und Dunkel drinnen und hörten nichts als das Kind beider: die Stille.
    Wohl, kein Leben drin und kein Licht! Und doch zog das Christkind ein an dieser Stelle, nicht in das prinzliche Jagd haus, aber in das Forst haus nebenan, in das Forsthaus mit den »drei Linden« vor der Tür.   Da zog es ein, da schwebte der Engel über dem Weihnachtsbaum, und helle Kinderaugen, trunken von Glück und Freude, blickten auf zu den goldnen Nüssen in seinem dichten Gezweig.
    Ja, hier im Forsthaus überwinterte das Leben und mit ihm zugleich die gastliche Flamme , die dieser Stätte Kennzeichen war, bis, wenn der Schnee geschmolzen und der Saft wieder trieb, auch das aus seinem Winterschlaf erwachte prinzliche Jagd haus seine Türen und Fenster aufs neue weithin öffnete! Dann kamen der Lenz und der Prinz (»Oculi, da kommen sie«), und ehe noch die Wochen und Tage bis Judica-Palmarum in der Zeiten Schoße dahingerollt waren, rollten auch schon wieder die Wagen vor, und ein Lichtschein ergoß sich aufs neu von Tür und Flur her über den Vorplatz. Im Flur selbst aber gab’s wieder ein Flimmern von Uniformen und Livreen, von Buntglasfenstern und Spiegelscheiben, und eh eine halbe Stunde vergangen war, überstrahlte wieder der Kronleuchter mit seinen 66 Lichtern eine frohe Genossenschaft, und das Geweihtrinkhorn samt dem Elfenbeinhumpen ging wieder um, und beide wurden geleert auf den Prinzen und den Feldherrn und nicht zum letzten auf den Gastfreund von Dreilinden!
    7. Kapitel
     
    Prinz Friedrich Karl im Schlosse zu Berlin
     
    Jagdschloß Dreilinden war die Stätte, wo der Prinz am ausgesprochensten der Gastfreund seiner Freunde war, aber er war es nicht in Dreilinden allein, und ich mag in meiner Erzählung nicht fortfahren, ohne vorher von einem in der »Deutschen Rundschau« veröffentlichten Aufsatze Nutzen gezogen zu haben, in welchem Dr. Paul Güßfeldt auch über die Gastlichkeit berichtet, die seitens des Prinzen im Berliner Schlosse geübt wurde.
     
    »Als ich«, so schreibt Dr. G., »nach mehrjähriger Abwesenheit von Europa wieder in die Heimat und nach Berlin zurückgekehrt war, schrieb ich mich beim Prinzen in das Meldebuch ein und sah mich schon am andern Morgen eingeladen. Damals bewohnte der Prinz Gemächer im zweiten Stock des Königlichen Schlosses. Der Adjutant empfing uns, und gleich danach erschien auch der Prinz in Person. So groß das Zimmer war, so war es doch derart eingerichtet, daß weder Pracht noch Größe in die Augen fielen. Im Gegenteil, der Eindruck des Behaglichen

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