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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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überwog. An einer scheinbar willkürlich gewählten Stelle stand ein kleiner runder Tisch, an welchem sechs Personen bequem Platz hatten. Ein dicker Smyrnateppich war darüber gebreitet, kein Tischtuch, wohl aber sechs Couverts; in der Mitte eine Moderateurlampe. Der Prinz wies einem jeden seinen Platz an. Ihm gegenüber saß der persönliche Adjutant, zu beiden Seiten je zwei Gäste, der zuhöchst im Range Stehende zur Rechten. Zwei große Schüsseln Austern harrten bereits der Gäste, und jeder griff nach Belieben zu, während im harmlosen Geplauder Neuigkeiten, oft personeller Natur, ausgetauscht wurden. Sobald die Austern verzehrt waren, wurde ein Braten gereicht, selten noch irgend etwas anderes, und damit war die Mahlzeit beendet. In Berlin, im Gegensatze zu Dreilinden, erhielten die Gäste nur Champagner, der aus silbernen Bechern, mit hohem Fuße und innen vergoldeten Schalen, getrunken wurde. Das starre Festhalten an diesem Gebrauch war bezeichnend für den Prinzen; er glaubte fest daran (sprach es auch einmal in meiner Gegenwart aus), daß der perlende Schaumwein seinen Gästen das willkommenste Getränk sei. Nicht gerne wich er von dieser Tischregel ab, und so galt es denn als eine besondere Gunst, den schüchternen Hinweis auf einen widerspenstigen Magen respektiert und statt des Champagners eine Flasche Rotwein für den mehr oder weniger maroden Gast erscheinen zu sehn. Der Prinz selbst trank den Wein stets mit Mineralwasser gemischt, mit dem er seinen Gästen gegenüber geizte; ja, die grüne Biliner Glasflasche stand wirklich wie ein Sacrum vor ihm, und wer nicht weißes Haar (oder keines) hatte, der durfte nicht wagen, an dem Inhalt teilzunehmen.
    Nach Beendigung der kaum eine halbe Stunde dauernden Mahlzeit blieb alles sitzen. Nur gelegentlich erhob sich der Prinz, um persönlich ein Buch oder eine Karte herbeizuholen. Dann kursierten die Zigarren, deren Beschaffenheit der Prinz selbst definierte. Vor jedem Gaste stand außerdem noch ein Aschenbecher, eine flache Porzellanschale mit zwei Laubfröschen, die sich – menschliches Tun humoristisch nachahmend – in den verschiedensten Lagen und Beschäftigungen zeigten. Der Prinz besaß eine große Sammlung davon, und je nach der Laune des Zufalls sah ich an den verschiedenen Abenden die guten Frösche musizieren oder disputieren oder zechen. Zigarrenabschnitte durften nicht in den Aschenbecher gelegt werden, darüber wachte der Prinz streng; sie wurden peinlich gesammelt und am Ende des Jahres dem wohltätigen Vereine überwiesen, der sie verwertete.
    Unter den die Wände schmückenden Gemälden befanden sich zwei, die an keinem anderen Orte so berechtigt gewesen wären wie hier. Das eine fixierte den Moment, wo der Prinz, nachmittags zwischen drei und vier, auf dem Schlachtfelde von Vionville erscheint und die Meldung des Generals von Stülpnagel über die momentane Situation der 5. Division entgegennimmt. Das andre Bild zeigt den Prinzen am 29. Oktober vor Metz , in dem Augenblicke, wo der französische General Girard mit abgezogenem Käppi den Auftrag Bazaines ausrichtet: ›Monseigneur, j’ai l’ordre de vous rendre la garde impériale.‹ Zu diesen zwei Bildern gesellte sich noch ein drittes von verwandtem Interesse: Der kommandierende General des IX. Corps von Manstein erstattet am 11. Januar 1871, bei der Ferme St. Hubert, dem Prinzen Meldung über die Aktion bei Champagné (vor Le Mans); der Kommandeur der siegreichen 18. Division, General von Wrangel, steigt eben zu Pferde; von der Seite sieht man General von Alvensleben, Kommandierenden des III. Corps, heransprengen, begleitet vom Chef seines Stabes, damaligen Obersten von Voigts-Rhetz.
    Noch ein anderer Gegenstand – aus dem Schloß Frescati bei Metz stammend – bot gerade hier ein besonderes Interesse: ein rechteckiger Tisch mit schwarzer Marmorplatte, deren vier Ecken die folgenden Inschriften, auf Goldbronce graviert, trugen:
    a) 173 000 Gefangene, darunter 3 Marschälle, 6000 Offiziere. Verlust der Rheinarmee, bis zur Kapitulation, in Schlachten und Gefechten: 43 000 Mann.
    b) 57 Adler (folgen die Bezeichnungen und Nummern sämtlicher Regimenter, von denen die Adler stammen).
    c) 4700 Militärfahrzeuge; 13 000 Pferde; Bekleidungsmaterial für 700 000 Taler im Wert.
    d) 1570 Geschütze (unter besonderer Angabe der einzelnen Gattungen).
    Die Herkunft und Bedeutung dieser historischen Reliquie (des Tisches) war mir unbekannt geblieben, bis der Prinz mich eines Tages

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