Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
über die am 2. vorgefallene fürchterliche Bataille bei Lützen , also auf demselben Terrain, wo Gustav Adolf den Wallenstein schlug. Da das Blatt sagt, »daß die Nacht die Schlacht unentschieden gelassen habe«, so bin ich über die Folgen nicht ohne Sorge. Privatnachrichten meldeten, daß der Prinzessin Wilhelm Bruder geblieben und General Blücher leicht verwundet sei.
Zur Landwehreinstellung hier hab ich zwar alle pro forma losen lassen, dann aber ist eine Auswahl gemacht und die sind genommen worden, die am entbehrlichsten waren. Aus Liebenberg sieben, die ich alle ausgerüstet habe, einen als Kavalleristen und sechs als Fußgänger. Mit dem Landsturm sieht es konfuser aus, weit alles mit soll, was noch kriechen kann; Piken werden geschmiedet, und alles muß marschieren und schwenken lernen. Am allermeisten ärgern mich die unberufenen Aufforderer »zu allerlei Gaben«, nicht zu vergessen die Damenvereine. Wenn man dieser Menschen Aufforderungen liest, so sollte man glauben, es sei noch nichts geschehen, und wahrlich ein jeder hat gegeben und viel gegeben. Besonders wir Landleute und kleinen Städte, die die Magazine stets füllen mußten und doch zu allen anderen Beiträgen mit herangezogen worden sind. Und was alles vorgeschlagen wird! Ein Narr will zum Landsturm von zehn zu zehn Schritt eine kleine eiserne Kanone haben, wo aber Artilleristen und Munition herkommen sollen, das sagt er nicht. Ein anderer will alles Kirchensilber in die Münze liefern, ein dritter dagegen schlägt »silberne Kelche« als Prämien für die Taten des Landsturms vor. Flugs ist ein vierter Narr da und sagt, »nein, nicht silberne, sondern eiserne Kelche«. Aber auch er ist noch nicht der letzte, denn ein fünfter hat sogar sammetgestickte Kanzel- und Altardecken in Vorschlag gebracht. Wahrlich, die mehrsten solcher Kleinigkeitskrämer gehörten ins Tollhaus. Alles soll einen religiösen Zweck haben, im Grunde aber liegt ein mir ekelhafter Servilismus und Fanatismus im Hinterhalte, dessen mehrere Geistliche sich anjetzo bedienen, um die Hände mit im Spiel zu haben. Unter diesen ist der Herr Propst Hanstein nicht der letzte. Einige Prediger haben den Auftrag, »die Landwehr beim Ausmarsch durch eine Anrede zu ermuntern«, so weit getrieben, daß sie den Landwehrmännern das Abendmahl gereicht haben. Die Landwehr unseres Kreises ist mit einigen Compagnien des Havellandes nach Spandau eingezogen worden, um diese Festung, die vor kurzem kapitulierte, zu reinigen und ihr als Garnison zu dienen. Kaum aber ist sie zwei Tage dort gewesen, als sie nach Burg aufbrechen mußte, was vermuten läßt, daß von der französischen Garnison zu Magdeburg allerlei zu befürchten sei. Wollte Gott, daß der allgemeine Menschenschinder bald seinen Untergang fände!
L., den 18. Mai 13
Am 12. dieses ging ich nach Berlin. Ich fand daselbst solche Bestürzung und so eine Furcht, als ob schon die ganze feindliche Armee vor den Toren stünde. Der Justizminister, mehrere Geheime Staatsräte und die vornehmsten Banquiers waren abgereist. Die Prinzessinnen von Oranien und Hessen brachen in der Nacht nach Stargard auf; die Prinzessin Wilhelm hatte packen lassen und wollte folgen. Geheimrat Rosenstiel, der drei Söhne bei der Armee hat, hat einen durch Gefangenschaft verloren, die beiden andern sind verwundet. Reck, Dönhoff, die beiden Reuß sind wohl; Oberpräsident von Gerlachs Sohn ist verwundet, Fockes beide Söhne sind gesund. Zu verwundern ist es, daß die mehrsten Verwundungen nur leicht sind. Es hieß, daß Oberstlieutenant von Tippelskirch schwer blessiert sei und so sämtliche Stabsoffiziere der Garden. Anton von Stolbergs Pferd wurde erschossen, er stürzte und zwei andre Pferde über ihn, so daß er durch Quetschung sehr gelitten hat. Aber nicht gefährlich. Am meisten hat das Regiment der brandenburgischen Kürassiere verloren, welches beim Einhauen auf ein Viereck zwei Drittel seiner Mannschaft liegen ließ.
L., den 2 1. Mal 1813
Viel gewonnen ist dadurch, daß die Alliierten ihre Position behaupten und unterdessen Verstärkungen erhalten haben. Der französische Kaiser, um in Übermacht zu bleiben, läßt den Marschall Davoust von der Niederelbe nach Sachsen kommen. Sein Corps soll 10–12 000 Mann stark sein. Dadurch werden die Hanseaten frei, Schweden sind genug im Mecklenburgischen. Gehen die endlich über die Elbe, so wird der saubere Vandamme über die Weser zurück müssen, oder er bekommt Schläge. – Mit unseren
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