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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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als ich und lustig ihre Flügel drehte. Mir drehte sich dabei alles im Kopf, so benommen war ich von dieser Herrlichkeit. Was aber das Allerwichtigste war und meinem militärischen Enthusiasmus (der sich übrigens [leider] sehr bald wieder von dieser Niederlage erholte) den ersten Stoß versetzte, das war bei Musterung dieser Spielsachen die totale Abwesenheit alles karikiert Martialischen, nichts von   Helm oder Tschako, nichts von Trommel oder Säbel. Der feingebildete Sinn des Hausherrn mied solche Gewöhnlichkeiten.
    Und hier muß es gesagt werden: In dieser feinen Schulung des Hausherrn bestand recht eigentlich sein Übergewicht über alle seine Mitbürger, unter denen einige durch eine gewisse Genialität, andere durch gründlicheres Wissen ihm überlegen sein mochten. Er hatte dafür jene weltmännischen Formen, wie sie Reisen, Lektüre, gute Lebensverhältnisse zu geben pflegen, und vertrat im eminenten Grade jenen erfreulichen vornehmen Dilettantismus, der, an allem Höheren ein Interesse nehmend, sich, aus ebendiesem Interesse, mit dem Höheren nun auch wirklich zu beschäftigen beginnt. Man wurde von dieser Eigenart des auch in seinen Umgangsformen überaus liebenswürdigen Mannes auf einen Schlag überzeugt, wenn man ihn, statt in den unteren Wohnzimmern, in den schon erwähnten, nach dem Bollwerk hinaus gelegenen Giebelzimmern aufsuchte, deren geräumigstes er sich zu einem physikalischen Kabinett eingerichtet hatte. Jetzt begegnet man dergleichen häufiger, damals aber war es wohl ein Unikum in der ganzen Provinz. Da befanden sich Instrumente, um die Fallgesetze zu demonstrieren, optische Gläser, Leydener Flaschen und Voltasche Säulen, Elektrophore, Vergrößerungsgläser, Mikroskope, vor allem auch eine Luftpumpe. Noch mehr aber als die Luftpumpe selbst interessierte uns eine Windbüchse, die nach dem Luftpumpenprinzip geladen wurde. Machten sich nun Krähen und Raubvögel auf des Kommerzienrats Hühnerhofe bemerklich, so ging er – wahrscheinlich weil in der Stadt mit einer gewöhnlichen Schußwaffe nicht geschossen werden durfte – mit dieser seiner Windbüchse auf Jagd, und das Raubzeug wurde dann, nach seiner Erlegung, unter allseitigem Jubel an die Remisentür genagelt.
    Das war das physikalische Kabinett. Aber im Laufe der Jahre sah sich dasselbe von dem etwas kleineren chemischen Laboratorium fast überholt, was teils mit dem raschen Fortschreiten der Chemie, teils mit dem zufälligen Umstande zusammenhängen mochte, daß unter den häufiger in Swinemünde eintreffenden Badegästen auch einige Berliner Chemiker waren, obenan Major Tourte, der, mit dem Kommerzienrat innig befreundet,   von den Öfen und Schmelztiegeln nicht fortkam und halbe Tage lang vor seinen Retorten saß.
    So war der, dem, um es zu wiederholen, die gesellschaftliche Reformaufgabe der Stadt zugefallen war. Er unterzog sich derselben und modelte, will sagen moderierte den Ton. Aber er ging damit nur bis an eine gewisse Grenze, so daß, wie schon an anderer Stelle erzählt, die Derbheit zwar eingeschränkt, aber nicht ganz aufgehoben wurde. Auch unter seinem Regime blieb das gesellschaftliche Leben von einer gewissen Neckteufelei beherrscht, entweder weil er die Unmöglichkeit einer totalen Umgestaltung einsah oder vielleicht auch dieser etwas sonderbaren Gesellschaftsform selber ein wenig zuneigte. Alles lief in dem Leben der das Groteske liebenden Swinemünder Kaufleute darauf hinaus, die Träger des sogenannten »Höheren« – trotzdem der Kommerzienrat für seine Person sich diesen »Trägern des Höheren« mit Fug und Recht zuzählen durfte – jeden Augenblick fühlen zu lassen, daß es mit dem Geistigen oder gar mit dem Idealen nicht allzuviel sei. Man konnte sich in die Tage des Tabakskollegiums zurückversetzt denken, wo die »Gelehrten« desselben, die Gundlings und Morgensterns, trotzdem oder richtiger weil sie kluge Leute waren, vieles über sich ergehen lassen mußten. Genauso verliefen die Swinemünder Gesellschaften. Mal erschien ein berühmter Professor, Theolog und Philosoph (ich glaube, es war Marheineke) an der Krauseschen Tafel und hatte natürlich die Frau vom Hause, eine durch Schönheit und Klugheit ausgezeichnete Dame, zur Tischnachbarin, mit der er sich schon beim Ragoût fin in ein Gespräch über philosophische Themata verwickelt sah. In geschickter Weise Fragen stellend, immer nur in anscheinender Bescheidenheit eine ganz leise Vertrautheit mit den Dingen andeutend, erreichte die von Fichte,

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