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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Kniehase: was Sie Quappendorfer Gesindel nennen, ist fremdes Volk, Franzosen.«
    »Nicht doch, gnädiger Herr. Ich war eben mit bei Pastor Seidentopf heran. Die Franzosen, so meint er, stehn oben an der Grenze, und wenn es hoch kommt, an der Weichsel.«
    »Es ist so. Und doch hab’ ich recht. Ich spreche nicht von der kleingewordenen ›Großen Armee‹, nicht von den aus Moskau herausgeräucherten Korps, die jetzt wie Novemberfliegen über die weiße Wand kriechen, ich spreche von dem kleinen verzettelten Zeug, das hier an fünfzig Plätzen zurückgelassen wurde: ein paar Tausend in Küstrin, fünftausend in Stettin, die meisten aber stecken in den kleinen polnischen Nestern. Wie weit ist es bis an die Grenze?«
    »Zehn Meilen, wie die Krähe fliegt.«
    »Da haben Sie es, Kniehase. Dieses verzettelte Zeug, das nicht in Festungen untergebracht werden konnte, das läuft jetzt weg wie Wasser, wenn die Reifen von der Tonne fallen. Neapolitaner, Würzburger, Nassauer, das hält ohnehin nicht zusammen. Und wenn erst mal das eiserne Band fehlt, so ist nur ein Schritt noch vom Soldaten- bis zum Räuberleben. Was hier herumspukt, sind Deserteure aus dem Polnischen, vielleicht auch Marodeurs von den Zuzugsregimentern, die der Kaiser jetzt als vorläufige kleine Münze in allen Taschen Deutschlands zusammenkratzt. Und mit diesem Gesindel, ob aus Polen oder sonstwoher, müssen wir ein Ende machen; zum wenigsten darf es uns nicht über den Kopf wachsen. Und kommen dann die Reste von der Großen Armee heran, heute hundert und morgen tausend, so haben wir’s bei den Einern und Zehnern gelernt. ›Wer das Kleine nicht achtet, ist des Großen nicht wert‹, so sagt das Sprichwort. Also vorwärts! Und je eher, je lieber.«
    Der Hohen-Vietzer Schulze reckte sich in die Höhe und schien antworten zu wollen, aber der Gutsherr hatte sein letztes Wort noch nicht gesprochen.
    »Was ich meine, Kniehase, ist das: wir müssen uns fertigmachen; Landsturm, Dorf bei Dorf.«
    »Und wenn dann der König ruft…«
    »So sind wir da«, ergänzte Berndt, zugleich mit scharfer Betonung hinzufügend: »Und wenn er uns nicht ruft, so sind wir auch da. Und das ist es, Kniehase, weshalb ich Sie habe rufen lassen.«
    »Es geht nicht ohne den König.«
    Der alte Vitzewitz lächelte. »Es geht; die Zeiten wechseln. Es gibt Zeiten des Gehorchens und Abwartens, und es gibt andere, wo zu tun und zu handeln erste Pflicht ist. Ich liebe den König; er war mir ein gnädiger Herr, und ich habe ihm Treue geschworen, aber ich will um der beschworenen Treue willen die natürliche Treue nicht brechen. Und diese gehört der Scholle, auf der ich geboren bin. Der König ist um des Landes willen da. Trennt er sich von ihm, oder läßt er sich von ihm trennen durch Schwachheit oder falschen Rat, so löst er sich von seinem Schwur und entbindet mich des meinen. Es ist ein schnödes Unterfangen, das Wohl und Wehe von Millionen an die Laune, vielleicht an den Wahnsinn eines einzelnen knüpfen zu wollen; und es ist Gotteslästerung, den Namen des Allmächtigen mit in dieses Puppenspiel hineinzuziehen. Wir haben drüben gesehen, wohin es führt; zu Blut und Beil. Weg mit dieser Irrlehre, von höfischen Pfaffen großgezogen; es ist Menschensatzung, die kommt und geht. Aber unsere Liebe zu Land und Heimat, die dauert wie das Land selber.«
    Kniehase schüttelte den Kopf. »Es geht nicht ohne den König«, wiederholte er. »Der gnädige Herr sind hier geboren und kennen das Bruch und seine Bauern. Aber, mit Permission, ich kenne die Bauern besser. Der König ist ihnen alles. Der König hat ihnen das Bruch eingedeicht, der König hat ihnen die Kirchen gebaut, der König hat ihnen die Gräben gezogen. So wissen sie es von Vater und Großvater her, und so wissen sie es von sich selber. Wenn ich mit Kallies und Kümmritz und den anderen Ganzbauern drüben bei Scharwenka sitze, so ist ›der Alte Fritz‹ das dritte Wort. Er ist ihr Herrgott, und sie sprechen von ihm, als wenn er noch lebte. Nur eins ist dem Bauer noch mehr ans Herz gewachsen: sein Haus und Hof.«
    »Und um Haus und Hof willen soll er jetzt die Waffe in die Hand nehmen. Es ist nicht das erstemal in diesem Lande. Als der Schwede jenseits der Elbe in der Altmark hauste, haben sich die Bauern aufgemacht, ohne viel zu fragen. Und das ist es, was sie wieder sollen.«
    »Ich weiß davon«, antwortete Kniehase, »es waren Drömlinger Bauern. Aber sie hatten Fahnen, darauf geschrieben stand:
    Wir sind Bauern von geringem

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