Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
Eins
Ihr Gegner war das Team der Central Middleschool, der » anderen« Schule der Stadt, die immer mit der Strattenburg Middleschool rivalisierte. Wenn es bei Spielen oder Wettbewerben gegen Central ging, lag eine besondere Spannung in der Luft, das Publikum strömte in Scharen herbei, und überhaupt schien alles wichtiger zu sein als sonst. Das galt sogar für eine Debatte. Einen Monat zuvor hatte das Debattierteam der achten Klasse der Strattenburg Middleschool in der Central Middleschool vor vollem Haus gewonnen, und als die Jury ihre Entscheidung verkündete, regte sich Unmut im Publikum. Es gab ein paar Buhrufer, die aber schnell zum Schweigen gebracht wurden. Gutes Benehmen und Fairness wurden vorausgesetzt, egal um welchen Wettbewerb es sich handelte.
Kapitän des Teams der Strattenburg Middleschool war Theo Boone , tragende Säule und Rettungsanker, wenn es hart auf hart kam. Theo und sein Team hatten noch nie verloren, waren allerdings auch nicht immer siegreich gewesen. Zwei Monate zuvor hatte eine hitzige Debatte gegen das Mädchenteam ihrer eigenen Schule, bei der es um die Heraufsetzung des Führerscheinalters von sechzehn auf achtzehn Jahre ging, unentschieden geendet.
Aber im Augenblick verschwendete Theo keinen Gedanken an andere Debatten. Er saß auf dem Podium an einem Klapptisch, flankiert von Aaron und Joey, die wie er Blazer und Krawatte trugen und sehr schick aussahen. Die drei ließen das Team der Central Middleschool auf der anderen Seite des Podiums nicht aus den Augen.
Mr. Mount, Theos Klassenlehrer, Freund und Debattiertrainer, sprach in ein Mikrofon. » Und nun der Schlussvortrag von Strattenburg– Theodore Boone , bitte.«
Theo warf einen Blick ins Publikum. Sein Vater saß in der ersten Reihe. Seine Mutter, eine viel beschäftigte Scheidungsanwältin, hatte einen unaufschiebbaren Gerichtstermin und ärgerte sich sehr, dass sie ihr einziges Kind nicht in Aktion sehen konnte. In der Reihe hinter Mr. Boone saßen ausschließlich Mädchen, darunter auch Theos beste Freundin April Finnemore und Hallie Kershaw, das beliebteste Mädchen der gesamten achten Jahrgangsstufe. Hinter ihnen hatten die Lehrer Platz genommen, unter anderem Madame Monique aus Kamerun, die Spanisch unterrichtete und– natürlich nach Mr. Mount– Theos Lieblingslehrerin war, Mrs. Garman, die Geometrie lehrte, und die Englischlehrerin Mrs. Everly. Sogar Mrs. Gladwell, die Direktorin, war anwesend. Alles in allem war das Publikum zahlreich erschienen, wenn man bedachte, dass es nur um eine Debatte ging. Bei einem Basketball- oder Footballspiel wären doppelt so viele Zuschauer gekommen, aber da bestanden die Mannschaften nicht nur aus drei Kandidaten und, offen gesagt, war auch mehr zu sehen.
Theo versuchte, das zu ignorieren, was nicht immer ganz einfach war. Wegen seiner Asthmaerkrankung konnte er nicht am Schulsport teilnehmen, dies hier war also seine einzige Chance, vor Publikum Leistung zu zeigen. Die meisten seiner Klassenkameraden hatten panische Angst, in der Öffentlichkeit zu sprechen, während er es genoss. Justin konnte einen Basketball durch die Beine dribbeln und legte einen Drei-Punkte-Wurf nach dem anderen hin, aber wenn er im Unterricht aufgerufen wurde, war er schüchtern wie ein Vierjähriger. Brian schwamm so schnell wie kein anderer Dreizehnjähriger in Strattenburg und ließ gern den großen Athleten heraushängen, aber wenn er vor Publikum sprechen sollte, wurde er plötzlich ganz klein.
Theo war da anders. Theo saß nur selten auf der Tribüne, um seine Mitschüler anzufeuern, stattdessen trieb er sich lieber im Gericht herum und sah zu, wie Verteidigung und Staatsanwaltschaft vor Geschworenen und Richtern miteinander rangen. Er hatte fest vor, einmal ein berühmter Anwalt zu werden, und obwohl er erst dreizehn war, hatte er schon gelernt, dass ein erfolgreicher Anwalt zwangsläufig auch ein guter Redner sein musste. Dabei fiel es selbst ihm nicht leicht, vor Publikum zu sprechen. Als Theo aufstand und zum Rednerpult ging, rebellierte sein Magen, und sein Herz raste. Er hatte davon gelesen, wie sich Spitzensportler auf ihre Wettbewerbe vorbereiteten und dass sich viele von ihnen vor Anspannung und Nervosität übergeben mussten. Ganz so schlimm war es bei Theo nicht, aber eine gewisse Unruhe, ein unbehagliches Gefühl, beschlich auch ihn.
» Wer kein Lampenfieber hat, bei dem stimmt etwas nicht, Junge«, hatte ein sehr erfahrener Prozessanwalt einmal zu ihm gesagt.
Nervös war Theo auf
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