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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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›ja‹ oder ›nein‹ zu fragen. Denn fragen macht Verlegenheit. Es darf keiner über die Oder. Und kommt es anders, und soll uns dies fremde Volk auf ewig unter die Füße treten, nun, so geb uns Gott Kraft, zu sterben, wie Hofer und die Schillschen gestorben sind.«
    »Das dank’ ich Ihnen , Othegraven«, sagte Berndt, »ich allein hätte meinen Schulzen nicht bezwungen. Ich hoffe, wir sehen uns jetzt öfter. Der Plan ist mit Graf Drosselstein durchgesprochen. Ein Netz über das Land. Lebus beginnt; wir sind die Vorhut. Hier zwischen Frankfurt und Küstrin treffen die großen Straßen zusammen. Ich zähle die Stunden, bis es sich entscheidet.«
    Sie blieben noch eine Weile; dann verabschiedeten sich der Konrektor und Kniehase und schritten die Treppe hinunter, über den Flur. Hektor, unter Zeichen besonderer Freude, als er den Schulzen sah, begleitete beide Männer über den Hof.
    Sie nahmen ihren Weg auf den Scharwenkaschen Krug zu, immer noch in lebhaftem Gespräch. Doch schien es andere Fragen als Krieg und Landsturm zu betreffen. Sie trennten sich erst, nachdem sie die Front des Krügergehöftes wohl ein dutzendmal ausgemessen hatten.
    Als des Konrektors kleines Fuhrwerk wieder auf der Frankfurter Straße südlich trabte, saß Schulze Kniehase bei seiner Frau. Sie plauderten lange, und wiewohl Frau Kniehase Verschwiegenheit gelobte, war doch vor Ablauf des Tages alles Geplauderte in Hohen-Vietz herum.
    Nur eine wußte nichts davon, sie, die der Gegenstand dieses Plauderns gewesen war.

Vierzehntes Kapitel
     
    Es geschieht etwas
     
    Sankt Jonathan, der 29. Dezember, war von alter Zeit her der Tag der Umzüge in Hohen-Vietz, allerhand Mummenschanz wurde getrieben, und bei Beginn des Nachmittags zogen außer Knecht Ruprecht und dem Christkinde auch Joseph und Maria und die Heiligen Drei Könige von Haus zu Haus. Zu diesem alten Bestande traten aber auch neue Figuren hinzu, so heute der »Sommer« und der »Winter«, von denen jener zu seinem leichten Strohhut Harke und Sense, dieser zu Pelz und Holzpantinen einen Dreschflegel trug. Sie führten ein Zwiegespräch:
    Ich bin der Winter stolz,
    Ich baue Brücken ohne Holz –
    und rühmten sich ihrer gegenseitigen Vorzüge, bis zuletzt Versöhnung und Segenswünsche für das jedesmalige Haus, in dem sie sich befanden, ihren langausgesponnenen Streit beendeten.
    Ein besonderes Glück machten heut auch die Schulkinder, deren mehrere als »Schneewittchen und ihre Zwerge« ihren Umzug hielten; Schneewittchen mit langem blonden Haar, die Zwerge mit Flachsbärten und braunen Kapuzen. Als sie zuletzt auf den Gutshof kamen, fanden sie die jungen Herrschaften samt Tante Schorlemmer in derselben großen Halle, in der auch der Weihnachtsaufbau stattgefunden hatte, versammelt, und nach kurzer Ansprache, worin Schneewittchen für ihre Begleiter um die Erlaubnis zum Rätselaufgeben gebeten hatte, traten die Zwerge vor und taten ihre Fragen:
    »Was kann kein Mensch erzählen?«
    Daß er gestorben ist.
    »Wer kann alle Sprachen reden?«
    Der Widerhall.
    »Wer ist stärker, der Reiche oder der Arme?«
    Der Arme; denn er hat Not, und Not bricht Eisen.
    So gingen die Fragen, aber die hier gegebenen Antworten blieben aus, und Maline Kubalke, die mit in der Halle war, mußte manchen Teller voller Äpfel und Nüsse herbeischaffen, um die Quersäcke der Zwerge zu füllen.
    So verging der Nachmittag. Als es dunkelte, wurd’ es still in Hohen-Vietz, weil alt und jung zu Tanz und festlichem Beisammensein im Scharwenkaschen Krug sich putzte, und erst um die sechste Stunde, als von den ausgebauten Losen her, die zum Teil weit ins Bruch hineinlagen, Wagen und Schlitten unter Peitschenknall und Schellengeläut herangefahren kamen, war es mit dieser Stille wieder vorbei.
    Auch auf dem Herrenhofe rüstete sich alles zum Aufbruch, Herrschaft und Dienerschaft, und wer eine halbe Stunde nach Beginn des Tanzes von der Dorfstraße her auf die lange Front des Vitzewitzschen Wohnhauses geblickt hätte, hätte nur an zwei Fenstern Licht gesehen. Diese zwei Fenster lagen neben der Amts- und Gerichtsstube und zogen die Aufmerksamkeit nicht bloß dadurch auf sich, daß sie die einzig erleuchteten waren, sondern mehr noch durch das dunkle Weingeäst, das sich von dem starken Spalier aus in zwei, drei phantastischen Linien quer über die Lichtöffnung ausspannte. Hinter diesen Fenstern, an einem mit einem roten Stück Fries überdeckten Sofatisch, saßen Renate und Kathinka, zu denen sich seit einer

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