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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Argiletum, wo die Tullii wohnten, und dem Haus von Caesius an der Via Lata. Das Ganze war ein Einraumladen in einer dunklen Gasse, die von einer Straße abging, in der eine Messerstecherei stattfand, unbeachtet von ein paar kleinen Jungen, die neben einem toten Bettler einen Hahnenkampf veranstalteten. Kein Wunder, dass die Anwohner von hier wegwollten. Als ich über die Schwelle trat, blickte ich nervös, und das war nicht gespielt. Der Mann im Laden beachtete mich nicht, während ich ausgebleichte Wandkarten von Achaea und Ägypten betrachtete und vor der Zeichnung eines jämmerlichen Trojanischen Pferdes stehen blieb.
    »Der arme Bursche. Sieht aus, als hätte er sich von seinen Stallgefährten die Druse eingefangen. Oder hat er nur Holzwürmer?«
    »Sie planen eine Reise, mein Herr?« Der gelangweilte Verkäufer rächte sich für diesen schlechten Witz durch das Zeigen seiner größtenteils fehlenden Zähne. Ich bemühte mich, nicht in diesen zahnlosen Schlund zu starren. »Da sind Sie bei uns am richtigen Platz. Wir organisieren alles zu Ihrer besten Zufriedenheit.«
    »Wie viel würde es kosten?«
    Nun schon begieriger, näherte er sich mir. Er war ein dunkelhäutiger, beleibter Gauner mit einem kurzen krausen Bart und pomadisiertem Haar. Seine kurze Tunika war kotzgelb und spannte über dem Bauch. »Wie viel Zeit haben Sie, und wohin wollen Sie reisen?« Ich würde nicht behaupten, dass er meinem Blick absichtlich auswich, aber er betrachtete eine unsichtbare Fliege, die er sich links von meinem Ohr erträumt hatte.
    »Vielleicht nach Griechenland. Meine Frau will ihren Bruder besuchen. Mir ist ein wenig bange vor den Kosten.«
    Der Agent spitzte mitfühlend die Lippen. Mit geübter Leichtigkeit verbarg er die Tatsache, dass das Ausnehmen verängstigter Touristen der einzige Grund für die Existenz von Sieben-Stätten-Reisen war. »Es muss nicht unerschwinglich sein.«
    »Nennen Sie mir einen Preisrahmen.«
    »Das ist schwierig. Sind Sie erst einmal unterwegs, werden Sie schnell süchtig. Dann möchte ich nicht, dass Sie an ein Paket gebunden sind, das keine Extratouren erlaubt – angenommen, Sie haben den Koloss von Rhodos bestaunt und hören dann von einem Dorf im Landesinneren, das legendären Käse herstellt …« Ich dachte, der Koloss sei bei einem Erdbeben vom Sockel gekippt, aber ich liebe Käse. Mein Gesicht erhellte sich. Was wiederum ihn strahlen ließ. »Bei unserem individuell gestaltbaren, zeitlich unbegrenzten Reiseplan ist jedoch alles möglich – bis zu dem Augenblick, in dem Sie beschließen heimzukehren, damit Sie vor all Ihren Freunden angeben können. Ich sag Ihnen was, Legat, wie wär’s, wenn ich mit Ihnen nach Hause komme, damit wir es in Ruhe durchsprechen können?«
    Ich blickte immer noch nervös. Ich
war
nervös. »Na ja, wir denken noch darüber nach …«
    »Gar kein Problem. Keine Verpflichtung. Ich heiße übrigens Polystratus. Man nennt mich den Vermittler der Sieben-Stätten-Reisen.«
    »Falco.«
    »Hervorragend. Falco, lassen Sie mich mit ein paar Landkarten und Reiserouten vorbeikommen, sie in der bequemen Umgebung Ihres eigenen Heims ausbreiten, damit Sie in Ruhe wählen können. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Frau dabei ist. Sie wird begeistert sein von dem, was wir anzubieten haben.«
    »Oh, sie ist ganz verrückt darauf, Geld auszugeben«, bestätigte ich niedergeschlagen. Während er sein Entzücken verbarg, trafen wir eine Verabredung für denselben Abend. Sieben Stätten ließ ein Opfer nie kalt werden.
     
    Unsere momentane Adresse war ein Stadthaus am Tiberufer im Schatten des Aventin. Ehemals hatte es meinem Vater gehört, Didius Geminus, dem berüchtigten Auktionator. Zwei Räume waren nach wie vor mit ausladenden, unverkäuflichen Möbeln vollgestopft, deren Abtransport Papa ständig »vergaß«. Einer dieser Salons eignete sich bestens dafür, Polystratus glauben zu machen, wir seien wohlhabender, als wir waren. Er stolperte mit einem Arm voller Schriftrollen herein, die er auf einen niedrigen Marmortisch fallen ließ. Helena bot ihm an, sich auf einer Metallliege zu entspannen, die noch mit verknautschten Kissen bedeckt war. Lächelnde Löwenköpfe an den Knäufen des Kopfendes sahen aus wie echt vergoldet.
    Polystratus blickte sich bewundernd in Papas Spezialdekor um. Dieser Raum gehörte zu denen, die gelegentlich überflutet wurden. Wenigstens die fleckigen Fresken würden den Vermittler davon abhalten, Nullen an seinen Kostenvoranschlag anzuhängen.

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