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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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hoffentlich dabei nichts Verdächtiges vorgefallen?«
    Herr Tupman warf seinem Meister einen schüchternen Blick zu.
    »Nein«, sagte er, »es war nichts Verdächtiges; aber – ich weiß nicht, wie es zuging! Denken Sie sich nur – sie lag in seinen Armen.«
    »Gütiger Himmel«, schluchzte Herr Pickwick, als sich nun die volle Erinnerung an die betreffende Szene seiner bemächtigte; »was für ein schrecklicher Beweis von der Gewalt der Umstände! Ja, es war so – es war so.«
    »Und unser Freund beschwichtigte ihren Kummer«, sagte Herr Winkle etwas boshaft.
    »Ja, das tat ich«, erwiderte Herr Pickwick. »Ich leugne es nicht; es ist so.«
    »Sieh mal an!« sagte Wardle; »für einen gänzlich harmlosen Fall sieht dies doch etwas wunderlich aus – was meinen Sie, Herr Pickwick – wie? Ja, Sie sind ein Schelm – ein alter Fuchs!«
    Dabei lachte er, daß die Gläser auf dem Kredenztisch erklirrten.
    »Was für ein schreckliches Zusammentreffen von Scheingründen«, rief Herr Pickwick, sein Kinn in die Hände stützend. »Winkle – Tupman – ich bitte Sie wegen meiner Bemerkung von vorhin um Verzeihung. Wir sind samt und sonders Opfer der Umstände, und ich bin das beklagenswerteste.«
    Nach dieser Verteidigungsrede begrub Herr Pickwick sein Haupt in seine Hände und sann still nach, während Herr Wardle den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft einem nach dem andern bedeutungsvolle Winke und Blicke zuwarf.
    »Ich will aber doch mit der Sache ins klare kommen«, sagte endlich Herr Pickwick, sein Haupt erhebend und auf den Tisch schlagend. »Ich muß diesen Dodson und Fogg selbst sprechen. Morgen fahre ich nach London.«
    »Morgen noch nicht«, sagte Wardle; »Sie sind noch zu lahm.«
    »Nun gut, so gehe ich übermorgen.«
    »Übermorgen ist der erste September, und Sie haben uns zugesagt, unter allen Umständen mit auf die Güter des Sir Geoffrey Maning zu gehen, um daselbst ein Frühstück mit uns einzunehmen, wenn Sie auch die Jagd nicht mitmachen wollen.«
    »Nun gut, auf einen Tag soll es mir nicht ankommen«, sagte Herr Pickwick; »also am Donnerstag. – Sam!«
    »Sir«, antwortete Herr Weller.
    »Bestelle auf Donnerstag früh für uns beide zwei Plätze nach London.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Herr Weller verließ das Zimmer und schlenderte, die Hände in den Taschen und die Augen auf die Erde geheftet, langsam weiter, um seinen Auftrag auszurichten.
    »Ein netter Vogel, mein Herr«, sagte Herr Weller, als er die Straße entlang ging. »Hängt sich da an Frau Bardell, die noch obendrein ein Kind hat. Aber so geht’s mit diesen alten Burschen, trotz ihres ehrlichen Aussehens. Hätt’s mir nicht träumen lassen, so etwas hinter ihm zu suchen – nein gewiß nicht.«
    Und in diesem Tone weiter moralisierend, lenkte Herr Samuel Weller seine Schritte nach dem Postbureau.

Zwanzigstes Kapitel
    Ein angenehmer Tag mit einem unangenehmen Schluß.
     
    Die Vögel, die zum Glück für ihre Gemütsruhe und ihr körperliches Wohlbehagen in seliger Unwissenheit über die Vorbereitungen blieben, die am ersten September zu ihrer Beunruhigung getroffen wurden, begrüßten ohne Zweifel den Morgen dieses Tages als einen der schönsten, den sie in dieser Jahreszeit je gesehen hatten, Manches junge Rebhuhn, das mit der ganzen Ziererei der Jugend selbstgefällig auf dem Stoppelfelde einherstolzierte, und manches alte, das ebensowenig das Gericht ahnend, das über sie ergehen sollte, mit der verächtlichen Miene der Weisheit und Erfahrung dessen leichtfertigem Treiben aus den runden Äuglein zuschaute, badete sich voll wonnetrunkener Gefühle in der frischen Morgenluft und lag wenige Stunden nachher leblos am Boden. Doch wir werden sentimental. Fahren wir in unserm Texte fort.
    Es war also, um prosaisch zu berichten, ein schöner Morgen – so schön, daß man kaum geglaubt hätte, die wenigen Monate eines englischen Sommers seien schon vorübergeflogen. Hecken, Felder und Bäume, Hügel und Moorland boten dem Auge die wechselreichen Schattierungen eines vollen, saftigen Grüns. Kaum ein Blatt war gefallen, kaum ein gelbes Pünktchen mischte sich mit der Farbe des Sommers und verriet den Anfang des Herbstes. Der Himmel war wolkenlos; die Sonne schien hell und warm. Der Gesang der Vögel und das Gesumme von Myriaden Sommerinsekten erfüllte die Luft. Die Gärten prangten voller Blumen jeglicher Farbe in üppiger Schönheit und funkelten im Morgentau gleich Beeten blitzender Juwelen. Alles trug den Stempel des Sommers und noch

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