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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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entgangen. Als er aber sah, daß sich Herrn Pickwicks Augen immer von neuem nach ihm hinwandten, sah er ebenfalls dorthin und legte dabei die Hand über die Augen, als ob er den Gegenstand, den er betrachtete, halb erkennte und sich nur noch der Identität versichern wollte. Seine Zweifel wurden jedoch schnell behoben; denn nachdem der Stämmige eine dichte Rauchwolke vor sich hergeblasen hatte, kam eine rauhe Stimme, die irgendeiner seltsamen Anstrengung der Bauchrednerkunst abgezwungen zu sein schien, hinter dem großen Tuche hervor, das ihm Hals und Brust verhüllte; und langsam erklang es – »Wie, Sammy?«
    »Wer ist das, Sam?« fragte Herr Pickwick.
    »Nein, das hätte ich nicht geglaubt, Sir«, versetzte Herr Weller mit erstaunter Miene; »es ist der Alte.«
    »Der Alte?« fragte Herr Pickwick; »was für ein Alter?«
    »Mein Vater, Sir«, erwiderte Herr Weller. »Wie geht’s, Alter?«
    Nach dieser schönen Aufwallung kindlicher Zärtlichkeit machte Herr Weller neben sich Platz, und der Stämmige kam mit der Pfeife im Munde und dem Krug in der Hand herüber, seinen Sohn zu begrüßen.
    »Na, Sammy«, sagte der Alte, »ich habe dich seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Es ist noch länger, Alter«, erwiderte der Sohn. »Was macht die Stiefmutter?«
    »Ei, ich will dir was sagen, Sammy«, antwortete Herr Weller senior mit feierlicher Miene; »es gab nie ein hübscheres Weib, so lange sie noch Witfrau war, denn ich bin doch schon ihr Zweiter – – ein mildes Ding war sie, Sammy, und nun kann ich von ihr sagen, weil sie eine so ungemein angenehme Witfrau war, so ist es sehr schade, daß sie ihren Stand verlassen hat. Sie hätte nicht mehr heiraten sollen; sie benimmt sich nicht wie ein Eheweib, Sammy.«
    »Ach nein – ist das wahr?« fragte Herr Weller Junior.
    Herr Weller senior schüttelte den Kopf und fügte mit einem Seufzer:
    »Ich habe es einmal zu oft getan, Sammy; ich habe es einmal zu oft getan. Nimm dir ein Beispiel an deinem Vater, Junge, und hüte dich dein ganzes Leben lang vor Witfrauen, besonders wenn sie ein Wirtshaus gehabt haben, Sammy.«
    Als er diesen väterlichen Rat mit großem Pathos erteilt hatte, stopfte er seine Pfeife aus einer zinnernen Tabaksdose, die er in der Tasche bei sich trug. Er zündete die frische Pfeife an der Asche der alten an und fuhr fort mit großem Eifer zu rauchen.
    »Bitt’ schön, Herr, Verzeihung, Herr«, sagte er, auf denselben Gegenstand zurückkommend, nach einer langen Pause zu Herrn Pickwick; »ich hoffe, ich war doch nicht persönlich, Sir? Ich hoffe, Sie haben doch keine Witwe geheiratet?«
    »Nein«, versetzte Herr Pickwick lachend, und während er lachte, flüsterte Sam Weller seinem Vater zu, in welchem Verhältnisse er zu dem Herrn stehe.
    »Bitt’ schön, Herr, Verzeihung«, sagte Herr Weller senior , seinen Hut abnehmend; »ich hoffe, Sie haben doch an Sammy nichts auszusetzen, Sir.«
    »Durchaus nichts«, erwiderte Herr Pickwick.
    »Sehr erfreut, dies zu hören, Herr«, sagte der alte Mann; »gab mir auch Mühe mit seiner Erziehung; ließ ihn auf der Gasse herumlaufen, als er noch ganz klein war: da hilf dir selbst. Es ist das einzige Mittel, einen Jungen gescheit zu machen, Herr.«
    »Ein etwas gewagtes Verfahren, sollte ich meinen«, sagte Herr Pickwick lächelnd.
    »Und kein ganz zuverlässiges«, fügte Weller junior bei. »Ich habe es dieser Tage erfahren.«
    »Nicht doch«, sagte der Vater.
    »Ich habe es erfahren«, erwiderte der Sohn, und begann so kurz wie möglich zu erzählen, wie ihn Hiob Trotter mit seiner Kriegslist an der Nase herumgeführt hatte.
    Herr Weller senior lauschte mit größter Aufmerksamkeit, und am Schlusse sagte er –
    »War nicht einer von diesen Kerlen schlank und hoch gewachsen – hatte langes Haar und schwatzte im Galopp?«
    Herr Pickwick verstand das letzte nicht ganz, aber da er das erste begriff, sagte er auf gut Glück: »Ja.«
    »Der andere ist ein schwarzhaariger Kerl in einer maulbeerfarbenen Livree, mit einem sehr großen Kopf?«
    »Ja, ja, er ist’s«, fielen Herr Pickwick und Sam hastig ein.
    »Dann weiß ich, wo sie sind, und wies mit ihnen steht«, sagte Herr Weller. »Sie sind beide zu Ipswich   und zwar in guter Ruhe.«
    »Was Sie sagen«, rief Herr Pickwick.
    »Es ist Tatsache«, erwiderte Herr Weller, »und ich will Ihnen sagen, woher ich es weiß. Ich fahre dann und wann mit einer Ipswicher Kutsche für einen Freund. Ich fuhr gerade an dem Tage, wo Sie die Nacht vorher den

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