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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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seinem verehrten Verwandten befand.
    »Kann’s, kann’s in der Tat nicht«, entgegnete Dumps.

    »Aber warum denn nicht? Mary wird Sie für sehr unfreundlich halten. Es ist ja nur eine geringe Mühe.«
    »Was die Mühe betrifft«, erwiderte der unglücklichste Mann von der Welt, »so denke ich gar nicht daran; allein meine Nerven sind in einem Zustand, daß ich die Taufhandlung nicht aushalten kann. Du weißt, daß ich nicht gern ausgehe. – Charles, um des Himmels willen, schaukle dich nicht so auf dem Stuhl, ich könnte wahnsinnig dabei werden.«
    Mr. Kitterbell hatte sich seit einer Viertelstunde, ohne alle Rücksicht auf seines Onkels Nerven, auf dem Geschäftsstuhl in der Schwebe gehalten, so daß der Stuhl auf einem Bein balancierte.
    »Bitte um Verzeihung«, sagte er bestürzt; »aber kommen Sie doch, Onkel! Wenn es ein Knabe ist, so müssen wir zwei Paten haben.«
    » Wenn es ein Knabe ist!« sagte Dumps; »warum sagst du mir nicht, ob es ein Knabe oder ein Mädchen ist?«
    »Ich würde es Ihnen sehr gern sagen, wenn ich nur könnte; allein das Kind ist ja noch ungeboren.«
    »Noch ungeboren!« wiederholte Dumps, und ein Hoffnungsstrahl erhellte sein düsteres Antlitz. »Nun, es kann ein Mädchen werden, und dann bedarfst du meiner Patenschaft nicht; oder es wird ein Knabe, und dann kann er vor der Taufe sterben.«
    »Das will ich nicht hoffen«, sagte der harrende junge Ehemann mit sehr langem Gesicht.
    »Ich auch nicht«, stimmte ihm Dumps bei, der offenbar anfing, vergnügt zu werden. »Ich auch nicht; allein, in den ersten drei Tagen eines Kindeslebens kommen sehr häufig betrübende Fälle vor; der Kinnbackenkrampf ist sehr gewöhnlich, und gefährliche Darmkatarrhe bleiben fast nie aus.«
    »O Himmel, Onkel!« keuchte der kleine Kitterbell.
    »Ja, ja; am vorigen Dienstag kam meine Hauswirtin mit einem allerliebsten Knaben nieder; Donnerstag abend hat ihn die Wärterin auf dem Schoße – er ist so gesund und munter wie möglich – plötzlich wird er schwarz im Gesicht – man ruft den Arzt – wendet alle möglichen Mittel an, allein –«
    »Entsetzlich!« unterbrach der geängstigte Kitterbell.
    »Natürlich starb das Kind, doch es kann sein, daß dein Kind am Leben bleibt; und sollt’ es ein Knabe sein und bis zur Taufe am Leben bleiben, so werd’ ich dann freilich wohl Gevatter stehen müssen.«
    Dumps hatte böse Vorahnungen und war deshalb offenbar in guter Laune.
    »Ich danke Ihnen, Onkel«, sagte sein äußerst unruhig gewordener Neffe und drückte ihm die Hand so herzlich, als wenn ihm der Sonderling einen wesentlichen Dienst geleistet hätte. »Es wird jedoch am besten sein, wenn ich meiner Frau Ihre Andeutungen mitteile.«
    »Wenn sie nervenschwach ist, so sag ihr wenigstens von meiner Hauswirtin Schicksal nichts«, erwiderte Dumps, der natürlich die ganze Geschichte ersonnen hatte; »obwohl es vielleicht deine Pflicht als Ehemann wäre, sie jedenfalls auf das Schlimmste vorzubereiten.«
    Als Dumps ein paar Tage später beim Frühstück die Zeitung las, fiel ihm plötzlich die Geburtsanzeige eines jungen Kitterbells in das Auge.
    »‘s ist wirklich ein Knabe geworden!« rief er aus und warf das Zeitungsblatt auf den Tisch, faßte sich jedoch bald wieder, da seine Blicke gleich nachher auf eine lange Liste gestorbener Kinder fielen.
    Es vergingen sechs Wochen, und da er keine Einladung von seinem Neffen erhielt, fing er an, sich mit dem Gedanken zu schmeicheln, daß das Kind gestorben wäre. Ein Billett zerstörte jedoch seine angenehmen Hoffnungen.
    Onkel!
    Sie werden hocherfreut sein, von mir zu hören, daß meine geliebte Mary das Wöchnerinnenzimmer verlassen hat und daß Ihr Großneffe und künftiger Pate vortrefflich gedeiht. Er war anfangs sehr klein, ist aber viel größer geworden, und die Wärterin sagt, daß er mit jedem Tage zunähme. Er schreit ziemlich viel und hat eine sehr sonderbare Farbe, was Mary und mich unruhig genug machte; doch die Wärterin sagt, daß es natürlich sei, und da wir von Dingen dieser Art noch nicht viel wissen und verstehen, so beruhigen wir uns vollkommen bei dem, was die Wärterin sagt. Wir glauben, daß er ein sehr kluges Kind werden wird, und die Wärterin glaubt es ganz gewiß, da er nie einschlafen will. Sie können sich leicht denken, daß wir sehr glücklich sind; wir haben nur etwa über ein wenig Ermüdung zu klagen, da er uns keine Nacht schlafen läßt; doch die Wärterin sagt, wir müßten uns daran gewöhnen, es wäre in den ersten

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