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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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kehrten um vier Uhr morgens heim, erschöpft vom Lachen, an heftigen Kopfschmerzen leidend, und schrecklich nach Schwefel und Schießpulver riechend. Die Herren Gattleton, senior und junior, begaben sich mit der unbestimmten Idee zur Ruhe, in den ersten Tagen der nächstfolgenden Woche nach dem Schwanenflusse auszuwandern.
    Villa Rose sieht wieder aus wie sonst: die Möbel des Speisezimmers stehen wieder an ihrem Ort; die Tische sind so hell poliert wie früher, und sämtliche Vorderfenster haben zum Schutz gegen Mrs. Joseph Porters forschende Blicke Jalousien erhalten. Das Theater wird in der Familie Gattleton nicht mehr erwähnt, ausgenommen von seiten Onkel Toms, der sich nicht enthalten kann, bisweilen sein Erstaunen und Bedauern auszudrücken, daß seine Neffen und Nichten allen Geschmack an den Schönheiten Shakespeares und dem Zitieren aus den Werken des unsterblichen Dichters verloren zu haben scheinen.

Master Kitterbells Taufe
    Mr. Nikodemus Dumps oder, wie seine Bekannten ihn zu nennen pflegten, »der lange Dumps«, war ein Hagestolz, sechs Fuß hoch und fünfzig Jahre alt – mürrisch, totengräberisch, wunderlich und boshaft. Er war nur vergnügt, wenn er unglücklich war und fühlte sich stets unglücklich, wenn er die meiste Ursache zur Fröhlichkeit hatte. Sein einziges wahrhaftes Vergnügen bestand darin, jedermann um sich her verdrießlich oder sorgenvoll zu sehen, und erst wenn dies der Fall war, konnte man von ihm sagen, daß er seines Lebens froh wurde. Er war mit einem Amt bei der Bank mit jährlichen fünfhundert Pfund geplagt und mietete eine Wohnung in Pentonville, weil er aus seinen Fenstern die Aussicht auf den ganz nahen Kirchhof hatte. Er kannte jeden Grabstein auf das genaueste, und jedes Leichenbegängnis schien seine lebhafteste Teilnahme zu erregen. Seine Freunde nannten ihn sauertöpfisch; er bestand darauf, er sei nervenschwach. Sie hießen ihn einen Glückspilz: allein er beteuerte, der unglücklichste Mensch von der Welt zu sein. Kalt, wie er war, und unglücklich, wie er sich selbst nannte, war er doch nicht ganz unempfänglich für wärmere Gefühle und Neigungen, Er verehrte das Andenken des berühmten Whist-Schriftstellers Hoyle, da er selbst ein ausgezeichneter und unermüdlicher Whistspieler war; er kicherte vor innerlichem Behagen, wenn er einen verdrießlichen und ungeduldigen Mitspieler hatte. Den König Herodes verehrte er wegen des bethlehemischen Kindermords wie einen Heiligen; denn wenn er irgendein Geschöpf mehr als ein anderes haßte, so war es ein Kind. Übrigens mißfiel ihm freilich alles, und zwar in ziemlich gleichem Maße; vielleicht aber galten Kabrioletts, alten Frauen, Türen, die nicht schließen wollten, Musikdilettanten und Cads (Omnibuskondukteure) seine größten Antipathien. Er schickte dem Verein der Gesellschaft für Unterdrückung des Lasters beträchtliche Beiträge, um das Vergnügen zu haben, harmlose Belustigungen hindern zu helfen, und steuerte sehr reichlich zur Unterstützung zweier reisender Methodistenprediger in der holdseligen Hoffnung bei, daß recht viele durch die Umstände Begünstigte und Glückliche in dieser Welt durch die unterstützten Prediger bekehrt und durch Furcht vor der andern Welt unglücklich werden würden.
    Mr. Dumps hatte einen Neffen, der seit einem Jahr verheiratet war und bei seinem Oheim einigermaßen in Gunst stand, weil er einen trefflichen Gegenstand zur Übung des Unheils stiftenden, Verdruß bereitenden Talents seines Onkels abgab. Mr. Charles Kitterbell war ein kleiner, gedrückter Mann mit einem breiten, gutgelaunten Gesicht. Er sah aus wie ein zusammengeschrumpfter Riese mit teilweise wiederhergestelltem Kopf und Antlitz und schielte dermaßen, daß es für jemand, der mit ihm sprach, rein unmöglich war dahinterzukommen, nach welcher Richtung er hinsähe. Seine Blicke schienen an die Wand geheftet, und man geriet vor ihnen außer Fassung; man bemühte sich vergebens, sie zu fesseln oder festzuhalten, und hätte sich vor ihnen verstecken mögen. Es war nur ein Glück, daß sie nicht ansteckten. Außerdem war Mr. Charles Kitterbell der leichtgläubigste und prosaischste Mann, der jemals eine Frau und ein Haus in der Großen Russelstraße, Bedfordsquare, nahm. Onkel Dumps ließ übrigens »Bedfordsquare« immer aus, und sagte dafür schauderhafterweise »Tottenham-Court-Road«.
    »Wahrhaftig, Onkel, Sie müssen mir’s versprechen, Gevatter zu stehen«, sagte Mr. Kitterbell, als er sich eines Morgens bei

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