Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
aber riet, die Aufforderung nicht beiseite zu schieben, sich auch zur Begleitung erbot.
Grimaldi machte sich zufolgedessen mit Lawrence auf den Weg nach Hoxton. In dem Irrenhause angelangt, wurden sie zu Bradbury geführt, der ganz dieselbe Behandlung genoß wie alle übrigen dort internierten Kranken. Auch ihm hatte man den Kopf ratzekahl geschoren. Auch ihn hielt man hinter Schloß und Riegel.
Grimaldi fing die Unterredung in der Weise an, wie man Irren gegenüber zu tun pflegt; worauf jedoch Bradbury in ein schallendes Gelächter ausbrach.
»Aber, liebster Grimaldi«, rief er, »reden Sie doch vernünftig mit mir, und nicht auf solch abgeschmackte Weise … Ich bin doch ganz ebensowenig närrisch wie Sie!« –
Grimaldi hegte indessen Zweifel, wußte er doch, daß der Wahn, nicht verrückt zu sein, bei Verrückten sich sehr häufig vorfindet. Er hielt sich infolgedessen in gemessenem Abstande von seinem Kollegen, mußte sich jedoch alsbald überzeugen, daß es sich um Bradbury tatsächlich so verhielt, wie dieser gesagt hatte.
In Kürze erzählt, waren die Umstände, die Bradbury ins Irrenhaus geführt hatten, die folgenden:
Bradbury lebte auf ziemlich großartigem Fuße, hatte sehr vornehmen Umgang, hielt sich ein Tandem, usw. Als er einst in Plymouth aufgetreten war, war von Portsmouth ein Kriegsschiff angekommen, unter dessenOffizieren er verschiedene zu Freunden hatte, die ihn mit sich an Bord nahmen. Man hatte verabredet, in Portsmouth zusammen zu soupieren, und verlebte den größten Teil der Nacht in ungebundener Heiterkeit.
Als Bradbury aufstand, um sich zu verabschieden, vermißte er seine wertvolle goldene Schnupftabakdose, die er aus Jux, oder um den anderen Tischgästen das Nehmen einer Prise recht bequem zu machen, auf den Tisch gestellt hatte. Er fragte, wo sie geblieben sei, aber niemand wußte um ihren Verbleib, und alles Suchen danach blieb vergeblich.
Es wurden alle möglichen Vermutungen angestellt. Endlich besann man sich, daß sich ein Tischkamerad, ein junger Mann, mit Anwartschaft auf die Grafenkrone, kurz nach dem Essen entfernt hatte, und meinte nun, er möge die Dose, um ihrem Besitzer, dem Clown Bradbury, einen heilsamen Schrecken einzujagen, aus Jux eingesteckt und mitgenommen haben.
Mit ein paar guten Bekannten begab sich nun Bradbury in die Wohnung des dereinstigen Herrn Grafen, der es aber schlechtweg in Abrede stellte, von der Dose auch nur das geringste zu wissen, Bradbury im Gegenteil die bittersten Vorwürfe machte und sie bat, ihn in solcher Angelegenheit lieber nicht mehr aufzusuchen.
Am andern Morgen ließ er seinen Bekannten in Pourtsmouth sagen, daß ihn ihr Verdacht, auch nur aus Jux eine Dose mitgenommen zu haben, dermaßen alteriere, daß er auf weiteren Verkehr mit ihnen verzichte und es vorzöge, ohne besondere Verabschiedung sich wieder nach London zurück zu begeben.
Bradbury schöpfte nun erst recht Verdacht gegen ihn und erwirkte einen Haftbefehl gegen ihn. Gerade in dem Augenblick, als der junge Mann in die Postkutsche steigen wollte, ließ er denselben vollstrecken.Als der Sheriff den Mantelsack durchsuchen ließ, kamen allerhand, den Portsmouther Bekannten des Jünglings gehörige, Gegenstände zum Vorschein, zuletzt auch Bradburys Dose. Bradbury zeigte ihn nun ohne weiteres beim Friedensrichter des Diebstahls an, denn er sah den adeligen Ursprung des jungen Leichtfußes keineswegs als Entschuldigung für den von ihm begangenen Diebstahl an.
Sobald die böse Affäre bei den Verwandten des Leichtfußes ruchbar wurde, bekam Bradbury ein hohes Schweigegeld angeboten. Aber er blieb solange unzugänglich, bis man ihm ein Jahresgehalt in beträchtlicher Höhe zusicherte, das ihn auf Lebenszeit aller Sorgen und Mühen enthob. Da erklärte er sich bereit, von der strafgerichtlichen Verfolgung Abstand zu nehmen.
Nun verfällt aber nach englischem Gesetz derjenige in Strafe, der, ohne vom Gerichtshofe hierzu die Vollmacht zu besitzen, um zeitlicher Vorteile willen die Anzeige eines Verbrechens unterläßt. Um nun dieser Gefahr aus dem Wege zu gehen, kam Bradbury auf den kuriosen Einfall, sich so wunderlich zu benehmen, daß ein Gerücht, das er über sich ausstreute: daß er nämlich durch Überanstrengung in seinem Berufe sich um seinen Verstand gebracht habe, allgemeinen Glauben fand und er auf Antrag verschiedener Mitbewohner seines Hauses dingfest gemacht und in ein Narrenhaus abgeschoben wurde. –
Natürlich konnte er sich dann bei der
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