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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Händen, Herr Winkle! Lassen Sie mich los, Herr Pickwick!«
    Es war erbaulich, in diesem Augenblicke des Tumults und der Verwirrung den ruhigen und philosophischen Ausdruck in Herrn Pickwicks Gesicht wahrzunehmen. Er stand da, allerdings etwas gerötet von der Kraftanstrengung, die weite Taille seine« korpulenten Wirtes mit starken Armen umschlingend, und verhütete so einen tätlichen Ausbruch von dessen leidenschaftlichem Zorn, während der fette Junge von sämtlichen Damen zur Tür hinausgeschoben und gezerrt wurde. Er hatte indes kaum losgelassen, als der Bediente mit der Meldung hereintrat, daß der Wagen bereit wäre.
    »Lassen Sie ihn nicht allein fort!« riefen die Frauenzimmer. »Es gibt ein Unglück!«
    »Ich will ihn begleiten«, sagte Herr Pickwick.
    »Sie sind ein wackerer Freund, Pickwick«, sagte Herr Wardle, seine Hand ergreifend. »Emma, gib Herrn Pickwick einen Schal um den Hals – rasch! Seht nach eurer Großmutter, Mädchen; sie ist ohnmächtig geworden. So kommen Sie – sind Sie fertig?«
    Da Herr Pickwick inzwischen Mund und Kinn hastig in einen großen Schal gehüllt, den Hut auf seinen Kopf gepflanzt und den Überrock über den Arm geworfen hatte, antwortete er mit Ja.
    Sie sprangen in den Wagen. »Laß dem Pferd den Zügel, Tom«, sagte Herr Wardle: und fort ging’s über die schmalen Feldwege weg, holter, polter über die Wagengeleise und an den Knicks vorbei, daß alle Augenblicke zu befürchten stand, das leichte Fuhrwerk möchte in Stücke fliegen.
    »Haben sie einen starken Vorsprung?« rief Herr Wardle, als der Wagen vor dem blauen Löwen anlangte, um den sich, so spät es war, ein kleines Häufchen Neugieriger versammelt hatte.
    »Nicht über drei Viertelstunden«, lautete die vielstimmige Antwort.
    »Schnell eine Kutsche mit Vieren! – Heraus damit! Man kann den kleinen Wagen nachher ausspannen.«
    »Nun, Jungen!« rief der Wirt: »eine Kutsche und vier Pferde! Hurtig – zeigt ein bißchen Leben!«
    Die Stallknechte und Jungen eilten weg. Laternen huschten hin und her: Pferdehufe klapperten auf dem unebenen Hofpflaster, die Kutsche rumpelte aus dem Schuppen heraus, und alle« war voll Leben und Bewegung.
    »Nun – wird’s noch diese Nacht?« rief Wardle ungeduldig.
    »Kommt eben in den Hof, Sir«, versetzte der Stallknecht.
    Und der Wagen kam – die Pferde wurden eingespannt – die Postillions sprangen hinzu – die Reisenden stiegen ein.
    »Wohlgemerkt – die Siebenmeilenstation muß in weniger als einer halben Stunde gemacht sein«, rief Herr Wardle.
    »Fort!«
    Die Jungen brauchten Peitsche und Sporn, die Kellner schrien, die Stallknechte fluchten, und dahin flog der Wagen in wütender Eile.
    »Eigentümliche Lage«, dachte Herr Pickwick, als er einen Augenblick Zeit zum Überlegen gewann. »Eigentümliche Lage für den Präsidenten des Pickwick-Klubs. Dumpfe Kutsche – fremde Pferde – fünfzehn Meilen in einer Stunde – und nachts zwölf Uhr!« Die ersten drei oder vier Meilen verlautete kein Wort unter den beiden Herren, da jeder zuviel mit seinen eigenen Gedanken zu schaffen hatte, um an den andern eine Bemerkung zu richten. Aber jetzt, da die warm gewordenen Pferde einmal im Zuge waren, wurde auch Pickwick durch die Raschheit der Bewegung aufgerüttelt, und er konnte nicht länger, ganz stumm da zu sitzen.
    »Ich denke, wir werden sie sicher einholen«, begann er.
    »Ich hoffe es«, versetzte sein Gefährte.
    »Eine schöne Nacht«, sagte Herr Pickwick nach dem klaren Monde aufblickend.
    »Um so schlimmer«, entgegnete Wardle, »denn sie haben für ihren Vorsprung den Vorteil des Mondlichts, der uns fehlt, da der Mond keine Stunde mehr am Himmel stehen wird.«
    »In der Dunkelheit wird’s freilich nicht mit der gleichen Geschwindigkeit fortgehen können – oder?« fragte Herr Pickwick.
    »Gewiß nicht«, versetzte Herr Wardle trocken.
    Herrn Pickwicks Aufregung begann sich ein wenig zu legen, als er über die Unbequemlichkeiten und Gefahren einer Reise nachdachte, auf die er sich so unüberlegt eingelassen hatte. Endlich wurde er jedoch durch das laute Rufen des Postillions auf dem Leitgaule aus seinen Betrachtungen geweckt.
    »Hallo! Hallo!« rief der erste Postillion.
    »Hallo! Hallo!« wiederholte der zweite.
    »Hallo! Hallo!« stimmte der alte Wardle lustig mit ein, indem er den Kopf und den halben Körper zum Fenster hinaussteckte.
    »Hallo! Hallo!« schrie Herr Pickwick am kräftigsten von allen, obgleich er durchaus nicht wußte, warum?
    Und während

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