Delta Operator (German Edition)
gestreckt worden sein. Doch dann antwortete der Vizepräsident.
„Ihr Angebot ist sehr großzügig, Herr Bundeskanzler. Und ich versichere Ihnen, dass es sich tatsächlich um ein Missve rständnis von biblischem Ausmaß handelt. Ich möchte mich hiermit aus tiefstem Herzen für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die Ihnen durch dieses Versehen entstanden sind.“
„Keine Ursache, Herr Vizepräsident“, gab Stein elegant zurück.
„Und danke für die Rettung des Präsidenten“, ergänzte der Amerikaner.
„Das war eine Selbstverständlichkeit, für die uns keinerlei Dank gebührt. Der Dank gehört vielmehr den mutigen Mä nnern und Frauen der Rettungskräfte, die bei der gefährlichen Evakuierung vor Ort ihr Leben riskiert haben. Das sind die wahren Helden“, sagte Stein und er fühlte sich gut dabei.
„Da haben Sie recht, Herr Bundeskanzler. Wir werden das nie vergessen.“ Der Vizepräsident, dem das Gespräch unang enehm war, wollte zu einem Ende kommen. Doch Stein war noch nicht ganz fertig.
„Apropos Vergessen“, sagte er wie nebenbei. „Wohin so llen wir denn die Dinge schicken, die Ihre Landsleute bei uns in den Bergen vergessen haben?“
Maryland
13.Jänner 2017
nachmittags
General John Grant genoss den eisigen Wind auf seinem blassen Gesicht, der aus Osten wehte. Er konnte fast das Salz in der würzigen Seeluft riechen, die seit Stunden durch die he ftigen Böen weit landeinwärts getrieben wurde. Obwohl der General kein Seemann war und auch nicht gern zur See fuhr, so liebte er jedoch die Küste und das Klima, das hier herrschte.
Grant saß alleine auf einem einsamen Hochsitz in einem verträumten Waldstück, etwa fünfzehn Meilen südlich der Hauptstadt. Er wischte mit einem öligen Lappen über den schwarzen Lauf seines alten Jagdgewehrs und paffte eine dicke Havanna, die er aus seinem umfangreichen Vorratslager mi tgebracht hatte. Der blaue dicke Qualm, den er paffend ausstieß wurde sofort vom Wind über die graue Lichtung geweht, die sich vor dem General eröffnete. Eingebettet auf allen Seiten von dicken großen Laubbäumen war dies ein idyllisches Plätzchen, an dem sich Grant gerne, nur leider auch viel zu selten einfand.
Grant trug dunkelgraue Kleidung, Bundhose und Regenj acke, dazu schwarze Kampfstiefel der Army und eine Schirmkappe mit der Aufschrift: Operation Desert Storm ‘91 . Die Hose hatte die obersten beiden Knöpfe geöffnet, da er wieder etwas zugenommen hatte. Auf seinem Schoß lag ein schwarzer Feldstecher von Zeiss, durch den er bis vor wenigen Minuten den Waldrand beobachtet hatte.
Bald würde die Dämmerung anbrechen und das Wild aus dem Schutz des dunklen Waldes und somit direkt vor seinen Lauf treiben. Vielleicht würde er einen Zehn- oder Zwölfender erlegen, dachte Grant. Vielleicht würde er aber auch ein w esentlich größeres Tier schießen. Das wusste er noch nicht genau. Heute schien vieles möglich zu sein, das fühlte er unbewusst.
Seine Gedanken zogen ihre Bahnen und kreisten ruhig um die Ereignisse, die sich seit dem letzten Sommer unter seiner Regie abgespielt hatten. Er resümierte ihre ersten Gespräche, die drastischen Entscheidungen, die sie getroffen hatten und dachte über die umfangreichen Vorbereitungen nach, die sie so erfolgreich durchgeführt hatten. Er dachte an den Grund, wa rum er das alles getan hatte und wusste, dass es das Richtige gewesen war. Ja, sie hatten die richtige Entscheidung getroffen, die einzig richtige. Nichts war falsch an dem, was sie getan hatten, außer dem Ergebnis, das sie erzielt hatten.
Nein, so war das nun nicht geplant gewesen, dachte Grant mit mürrischem, verkniffenem Ausdruck seines schlaffen G esichts. So war das ganz und gar nicht geplant gewesen. Und dabei hatte alles so reibungslos funktioniert, dachte er.
Die Vorbereitungen mit de m alten Baxter.
Die Operation in Italien, die verdammt schwierig und tö dlich gefährlich gewesen war, bis hin zur Explosion der Air Force One.
Doch dann hatte der Zufall Regie geführt und unglaubl iches Glück, oder Pech, je nachdem, auf welcher Seite man sich befand, hatte die Sache entschieden.
Punkt, aus, Pech, entschied er.
Dann hatten sie Bremner, diesen verdammten Verräter und Bastard erledigen müssen, und hatten gehofft, dass sie ihre zweite Chance nutzen würden und den Präsidenten am Boden festnageln konnten. Doch sein Protegé Ben Hart hatte kläglich versagt und war getötet worden.
Und er selbst, John Grant, war Schuld am Tod
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