Shades of Grey - Befreite Lust: Band 3 - Roman (German Edition)
Prolog
Mommy! Mommy! Mommy schläft auf dem Boden, schon ziemlich lange. Ich bürste ihr die Haare, weil sie das mag. Sie wacht nicht auf. Ich schüttle sie. Mommy! Mir knurrt der Magen. Er ist nicht da. Ich hab Durst. In der Küche rücke ich einen Stuhl an die Spüle und trinke. Das Wasser spritzt über meinen blauen Pullover. Mommy schläft immer noch. Mommy, wach auf! Sie liegt ganz still da. Sie fühlt sich kalt an. Ich hole meine Decke, breite sie über Mommy und lege mich auf den klebrigen grünen Teppich neben ihr. Mommy schläft weiter. Ich habe zwei Spielzeugautos. Die sausen neben Mommy über den Boden. Ich glaube, Mommy ist krank. Ich suche nach was zu essen. In der Gefriertruhe finde ich Erbsen. Sie sind kalt. Ich esse sie langsam. Jetzt tut mir der Bauch weh. Ich schlafe neben Mommy. Die Erbsen sind alle. Ich finde noch was in der Gefriertruhe. Es riecht komisch. Als ich daran lecke, bleibt meine Zunge kleben. Ich esse es langsam. Es schmeckt scheußlich. Ich trinke Wasser, spiele mit meinen Autos und schlafe neben Mommy. Mommy ist so kalt, und sie wacht nicht auf. Die Tür fliegt auf. Ich decke Mommy mit meiner Decke zu. Er ist da. Verdammt, was ist hier los? Mist, dieses verfickte Miststück. Geh mir aus dem Weg, kleiner Scheißer. Er tritt mich, mein Kopf knallt auf den Boden. Er ruft jemanden an und geht. Er sperrt die Tür zu. Ich lege mich neben Mommy. Mein Kopf tut weh. Die Polizistin ist da. Nein. Nein. Nein. Nicht anfassen. Nicht anfassen. Nicht anfassen. Ich bleibe bei Mommy. Nein. Lass mich. Die Polizistin hat meine Decke und packt mich. Ich schreie. Mommy! Mommy! Ich will zu meiner Mommy. Die Wörter sind weg. Ich kann die Wörter nicht sagen. Mommy kann mich nicht hören. Ich habe keine Wörter.
»Christian! Christian!« Ihre Stimme holt ihn aus der Tiefe seines Albtraums, seiner Verzweiflung. »Ich bin da. Ich bin da.«
Sie beugt sich über ihn, packt ihn an den Schultern, rüttelt ihn mit besorgter Miene, die blauen Augen geweitet und voller Tränen.
»Ana«, flüstert er, den Geschmack der Angst im Mund. »Du bist da.«
»Natürlich bin ich da.«
»Ich hab geträumt …«
»Ich weiß. Ich bin da, ich bin ja da.«
»Ana.« Er haucht ihren Namen als Talisman gegen die schwarze Panik, die ihn zu ersticken droht.
»Ganz ruhig, ich bin doch hier.« Sie drückt ihren Körper wärmend an seinen und drängt die Schatten und die Angst zurück. Sie ist die Sonne und das Licht … Sie gehört ihm allein.
»Bitte nicht streiten«, sagt er mit rauer Stimme und schlingt die Arme um sie.
»Okay.«
»Das Ehegelübde. Kein Gehorsam. Ich schaffe das. Wir finden einen Weg.« Die Worte sprudeln in einem Strom aus Verwirrung und Angst aus ihm heraus.
»Ja. Wir finden immer einen Weg«, flüstert sie, legt ihre Lippen auf die seinen, lässt ihn verstummen, bringt ihn ins Hier und Jetzt zurück.
Eins
Z ufrieden blicke ich durch den Sonnenschirm aus Seegras auf den blauesten aller Himmel, den sommerblauen, mittelmeerblauen Himmel, Christian auf einem Liegestuhl neben mir. Mein Ehemann – mein sexy, bildschöner Mann, ohne Hemd und in abgeschnittenen Jeans – liest hoch konzentriert ein Buch, das den Zusammenbruch des westlichen Bankensystems prophezeit. Ich habe Christian noch nie so lange am Stück still sitzen sehen. Er wirkt eher wie ein Student, nicht wie der CEO eines der amerikanischen Topunternehmen.
Die letzten Tage unserer Flitterwochen faulenzen wir in der Nachmittagssonne am Strand des treffend benannten Beach Plaza Monte Carlo in Monaco, obwohl wir kein Zimmer in diesem Hotel haben. Ich schaue hinaus zur Fair Lady aus dem Jahr 1928, die als Königin aller Jachten im Hafen vor Anker liegt. Natürlich schlafen wir an Bord einer Luxusmotorjacht. Von hier sieht sie aus wie ein Kinderspielzeug. Christian ist ganz vernarrt in sie – wahrscheinlich spielt er mit dem Gedanken, sie zu kaufen. Tja, Jungs und ihre Spielsachen.
In der spätnachmittäglichen Sonne lausche ich dem Christian-Grey-Mix auf meinem neuen iPod und erinnere mich an seinen Heiratsantrag. Ja, sein romantischer Antrag im Bootshaus, fast kann ich den Duft der Wiesenblumen riechen …
»Können wir gleich morgen heiraten?«, flüstert Christian.
Mein Kopf ruht auf seiner Brust. Ich bin erschöpft vom leidenschaftlichen Sex im Bootshaus.
»Hm.«
»Ist das ein Ja?«
»Hm.«
»Ein Nein?«
»Hm.«
Ich spüre sein Grinsen. »Miss Steele, sind Sie denn zu keinem zusammenhängenden Satz in der Lage?«
Ich schmunzle.
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