Dem Killer auf der Fährte
eines natürlichen Todes gestorben, hätte die Zeitung die Professorin nicht so ausführlich zitiert, aber der ganze Bericht war irgendwie vage und ungenau. Zum Beispiel wurde Kimi mit keinem Wort erwähnt.
Mein erster Gedanke galt natürlich der Malamute-Hündin. Nicht, daß ich annahm, Kimi hätte sich so schrecklich aufgeführt, daß sie Elaine in den Selbstmord getrieben hat, sondern ich dachte, daß sie vielleicht auch tot war. Daß ich zuerst an Elaines Hund dachte, mag kaltherzig erscheinen, aber ich werde mich nicht dafür rechtfertigen. Wenn ich jemals tot aufgefunden werde, hoffe ich bloß, daß es dann jemanden gibt, der sofort an meine Hunde denkt. Obwohl ich mir bei einem Vater wie dem meinen darüber eigentlich keine Sorgen zu machen brauche. »Verdammt schade«, wird er traurig sagen, während er meine Hunde in seinem Kombiwagen verstaut. »Wirklich schade. Sie war eine nette Hündin.«
»Kevin? Hier ist Holly. Ich muß dich etwas fragen.«
Kevin Dennehy ist mein Nachbar in Appleton Street, aber ich hatte ihn bei der Central Square Polizeiwache angerufen, wo er arbeitet.
»Falls es um entlaufene Hunde geht, habe ich keine Zeit. Und weißt du auch, warum ich keine Zeit habe? Ich habe nämlich eine tolle Beförderung gekriegt.«
»Gratuliere, Kevin! Ich wußte gar nicht, daß du dich für einen neuen Posten beworben hast.«
»Doch, doch, ich bin soeben von der Tieraufsicht zur Mordkommission befördert worden, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Kevin, ich nehme dir nur ungern deine Illusionen, aber das war keine Beförderung, sondern eine Degradierung. Jedenfalls geht es in meinem Anliegen zumindest teilweise um einen Menschen. Und die Angelegenheit ist ziemlich ernst. Ihr Name war Elaine Walsh. Sie war eine Freundin von mir, und ich möchte wissen, wo ihr Hund ist.«
»Holly, um Himmels willen!«
»Ist der Hund okay?«
»Ja.«
»Gut. Das ist großartig.« Ich machte eine Kunstpause. »Und wo ist sie?«
»Es ist besser, wenn du nichts darüber weißt«, in seiner Stimme schwang ein macho-fürsorglicher Ton.
»Und warum das?«
»Du hast Probleme mit dem Tod. Davon hast du mir selbst erzählt. Erinnerst du dich? Als du klein warst, haben dich deine Eltern immer dazu gezwungen, zu den Beerdigungen von all euren Familienhunden zu gehen, und du kannst einfach nicht damit umgehen. Stimmt's?«
Das Problem waren nicht so sehr die Beerdigungen, wie der Tod selbst. Hunde haben eine kurze Lebenszeit. Wir hatten viele Hunde und viele Todesfälle. Trotzdem hat Kevin keinesfalls das Recht, mir vorzuwerfen, ich könnte nicht damit umgehen. Er hat keinen Hund, weil der Tod seines letzten Hundes, Trapper, ihn so fertig gemacht hat, daß er sich erst gar keinen mehr anschaffen will.
»Also«, fuhr er fort, »falls du die Details wissen willst, es war kein natürlicher Tod...«
»Ich dachte, du sagtest, sie wäre in Ordnung?«
»Verdammt noch mal, der Hund ist in Ordnung!«
»Gut, weil deswegen rufe ich an. Oder auch deswegen. Wo ist sie? Ich meine Elaines Malamute, Kimi. Ich habe Elaine geholfen, sie zu erziehen, und jetzt möchte ich wissen, was mit ihr passiert ist. Was mit Elaine passiert ist, weiß ich schon.«
»Zuerst ist sie bei Pat Shanahan gelandet, aber er hat sie an seinem Schreibtisch festgebunden, und bevor jemand kapiert hat, was los war, hat sie ihn drei Meter weit gezogen und die Pizza gefressen, die sich die Jungs gerade geholt hatten. Pat mußte die Pizza bezahlen, und er ist wütend auf den Hund geworden.«
»Was hat er erwartet? Sie ist ein Malamute. Geschaffen, um Lasten zu ziehen. Also, wo ist sie jetzt? Im Tierheim?«
»Genau.«
»Ich will sie haben. Elaine hat sie mir hinterlassen.« Das war die Wahrheit. Jedenfalls hätte sie es getan, wenn sie gewußt hätte, daß sie sterben würde. »Was muß ich tun, um sie zu bekommen?«
Er sagte es mir und meinte dann, daß er jetzt los müsse.
»Okay. Eins noch: Wie ist Elaine gestorben?«
»Sieht aus wie eine Überdosis.«
»Kokain?«
»Hat sie das regelmäßig genommen?«
»Nicht, daß ich wüßte. Ich glaube eigentlich nicht. Vielleicht dachte ich wieder einmal an Len Bias. Ist sie daran gestorben?«
»Wahrscheinlich nicht«, antwortete Kevin. »Bis jetzt sieht es eher aus wie Schlaftabletten. Das vermute ich allerdings nur. Vielleicht Selbstmord.«
»Aber du glaubst nicht daran?«
»Wir haben es hier mit einer Frau zu tun, die Bücher schreibt, richtig? Die Reden hält. Eine Frau, die den Mund nicht halten kann.
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