Den du nicht siehst
nahm den Duft ihrer frisch gewaschenen Haare wahr.
Das Interview wurde wirklich gut. Emma erzählte von Helena und ihrer Freundschaft. Über ihre eigene Angst und darüber, wie der Mord ihre ganze Existenz erschüttert hatte.
»Hier haben Sie meine Karte, falls Sie noch mehr sagen oder einfach nur anrufen möchten«, sagte Johan, ehe sie gingen.
»Danke.«
Sie legte die Karte auf den Schreibtisch, ohne sie auch nur anzusehen.
Als sie auf dem mit Kies bestreuten Platz vor dem Haus standen, schnappte Johan nach Luft.
»Tolle Frau«, keuchte er und drehte sich zu Peter um, der mit der Kamera auf der Schulter hinter ihm herkam.
»Die schönste, die ich seit langem gesehen habe«, stimmte der Kollege zu. »Und was für ein reizender Akzent. Was für Augen. Was für ein Körper. Ich bin hin und weg.«
»Du auch? Schade nur, dass sie verheiratet ist und Kinder hat.«
»Mein übliches Glück«, grinste Peter. »Wir brauchen auch noch Außenaufnahmen. Gib mir ein paar Minuten«, sagte er, dann verschwand er hinter der Hausecke.
Der Parkplatz vor dem Obs-Supermarkt im Östercentrum war fast leer. In zwei Wochen ist da kaum noch ein Durchkommen, überlegte Knutas, der in seinem Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch saß. Er hatte mit seiner Frau telefoniert, die ihm begeistert erzählte, wie sie am Morgen ein Zwillingspaar entbunden hatte. Sie war geradezu lyrisch gewesen – schließlich war sie ja selbst Mutter von Zwillingen. Ihre blendende Laune übertrug sich auf ihn, doch das war nur von kurzer Dauer. Die Wärme, die er während des Telefonats empfunden hatte, musste bald wieder der Anspannung weichen, die der Fall der ermordeten Helena Hillerström ihm bereitete.
Bisher waren auf Gotland nur wenige Morde geschehen. Seit 1950 hatten sich auf der Insel zwanzig Mordfälle ereignet, zehn davon in den Neunzigerjahren. Dieser Anstieg machte ihm Sorgen. Bei fast allen Morden ging es um private Abrechnungen, oft innerhalb der Familie. Eifersucht oder Streitereien, bei denen Alkohol im Spiel war, kamen am häufigsten vor. Zwei Morde waren unaufgeklärt geblieben. Einer an einer älteren Frau, die 1954 in ihrem Haus in Fröjel mit einem Stock erschlagen worden war, und einer im Dezember 1996 im Hotel Visby, in dem eine Rezeptionistin ermordet worden war, vermutlich im Zusammenhang mit einem Einbruch. Dieser Mord war passiert, als Knutas schon zum Leiter der Mordkommission befördert worden war. Obwohl bereits früh das Landeskriminalamt eingeschaltet worden war und drei Kriminalbeamte von dort ein halbes Jahr auf Gotland verbracht hatten, blieb der Fall ungelöst.
Für Knutas war der Hotelmord noch immer eine Art Stachel im Fleisch, aber er versuchte, nicht allzu viel daran zu denken, er hatte ihm schon genug schlaflose Nächte beschert.
Er zog seine Pfeife hervor und stopfte sie sorgfältig.
Und jetzt das. Aber das ist etwas ganz anderes, dachte er. Hier ist eine Frau auf bestialische Weise ermordet worden.
Am Vormittag waren zwei Ermittler vom Landeskriminalamt eingetroffen, und die erste Besprechung lag schon hinter ihnen. Der joviale Kriminalkommissar Martin Kihlgård, nett und laut, wirkte fast ein wenig zu herzlich. Knutas kannte ihn bisher nur vom Hörensagen und wusste, dass er als guter Mann galt. Trotzdem fühlte er sich Kihlgård gegenüber nicht ganz wohl in seiner Haut. Aber das würde sich mit der Zeit sicher bessern. Kihlgårds Mitarbeiter, Kriminalkommissar Björn Hanssen, machte einen förmlichen und redlichen Eindruck. Das war Knutas lieber.
Die Besprechung hatte wenig Neues ergeben. Die Mordwaffe war immer noch nicht gefunden worden. Sie hatten überhaupt keine hilfreichen Spuren. Außer einigen Kippen, die durchaus schon länger dort draußen gelegen haben konnten, und dem Hinweis einer Anwohnerin, der in der Nacht vor dem Mord ein Auto aufgefallen war, hatten sie bislang keine hilfreichen Spuren.
Bis auf Kristian Nordström waren alle Partygäste vernommen worden. Knutas war sich mittlerweile fast sicher, dass Per Bergdal unschuldig war. Er hatte in seiner Zeit bei der Polizei genügend Vernehmungen durchgeführt, um sich auf sein Gefühl verlassen zu können. Per Bergdals Art zu antworten hatte etwas Geradliniges und Offenes. Die Kratzer stammten aller Wahrscheinlichkeit nach von Helena, und der Gerichtsmediziner hatte auf Helenas Wange und hinter ihrem Ohr Schwellungen und Blutergüsse feststellen können, die darauf hinwiesen, dass sie vor ihrem Tod geschlagen worden
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