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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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bis wir kommen, muss die Fähre gesperrt werden, jedenfalls am Anleger Fårö. Niemand darf die Insel verlassen. Verstanden? Ich rufe Jacobsson an, du musst Wittberg und Norrby ausfindig machen. Sie sollen sich sofort bei mir melden. Sie kommen mit nach Fårö. Außerdem muss jemand Olle Winarve verständigen. Sagt ihm, er soll mich anrufen.«
    Knutas beendete das Gespräch und gab die Nummer von Karins Mobiltelefon ein.
    »Hier ist Anders. Wo bist du?«
    »Bin gerade im Hemköp beim Einkaufen.«
    »Lass alles liegen und warte auf der Norra Hansegatan. Auf der Seite, auf der das Polizeigebäude steht. Ich hole dich gleich ab.«
    »Was ist los?«
    »Das erkläre ich dir dann.«
    Knutas streifte Unterhose, Hose und Hemd über. Seine Frau stellte keine Fragen, sondern reichte ihm die kugelsichere Weste und seine Dienstwaffe. Er brauchte nichts zu sagen, und dafür war er dankbar.
    Eine Minute später saß er, mit Shampoo in den Haaren, bei Blaulicht und Sirene im Auto.
     
    Zufrieden wusch er sich die Hände. Schrubbte und schrubbte sie mit der Seife. Er wollte sich ganz sauber fühlen können, wenn es so weit war. Er hatte lange heiß geduscht, sich die Haare gewaschen und sich rasiert. Er hatte jede Menge heißes Wasser vergeudet, während seine Eltern immer damit knauserten. Schließlich wählte er Hemd, Hose und Schlips aus und zog sich sorgfältig an.
    Den Schlips hatte seine Mutter ihm im letzten Jahr zu Weihnachten geschenkt. Jetzt kam er richtig zum Einsatz. Er war allein im Haus. Sein Vater war mit einem Nachbarn zum Angeln gefahren. Seine Mutter war einkaufen, würde aber bald wieder da sein.
    Er hörte den Kies knirschen, als der Wagen auf den Hof fuhr. Er war ganz ruhig. Er hatte alles sorgfältig vorbereitet. Alles, was er brauchte, lag draußen in der Scheune. Ordentlich und wie es sich gehörte.
    Er betrachtete sich im Spiegel und war zufrieden mit dem, was er sah. Einen Mann in den besten Jahren, der endlich sein Leben in die Hand nimmt, dachte er, ehe er die Badezimmertür schloss und die Treppe hinunter seiner Mutter entgegenging.
    Sie hatte die Hände voller Einkaufstüten.
    » Warum bist du nicht rausgekommen, um mir tragen zu helfen? « , fragte sie vorwurfsvoll. » Hast du mich nicht kom men hören? Du konntest dir doch denken, dass ich schwer bepackt bin. «
    Sie sah ihn nicht einmal an, während sie sprach. Sie bemerkte auch nicht, dass er sich fein gemacht hatte. Sie streifte einfach ihre Schuhe ab, hängte ihren hässlichen alten Mantel an einen Haken in der Diele und trug die Tüten in die Küche. Wie üblich schlug sie diesen vorwurfsvollen Märtyrerton an, voller Selbstmitleid. Er blieb stehen und starrte ihr schweigend hinterher. Immer musste er sie enttäuschen. Solange er sich erinnern konnte, war das schon so gewesen. Ihre Erwartungen waren völlig übertrieben. Ständig verlangte sie mehr von ihm. Setzte immer noch etwas oben drauf. Er hatte nie erlebt, dass seine Mutter mit ihm zufrieden gewesen wäre. Dagegen hatte sie seine Schwester stets bevorzugt. Seine kleine Schwester, die alles so gut machte. Die niemals laut wurde, die keine Probleme bereitete, die in der Schule gut war, viele Freundinnen hatte und nie jammerte oder quengelte. In all den Jahren hatte er sich nach einer herzlichen Umarmung gesehnt, nach einer Liebe, die keine Forderungen stellte, einer Mutter, die nichts erwartete, sondern einfach da war. Nichts davon hatte er bekommen. Sie hatte ihn ausgeschlossen und ihn immer wieder spüren lassen, dass er nicht gut genug war. Er hatte sich Mühe gegeben, hatte alles versucht, aber es hatte nie gereicht. Dass er misshandelt und tief verletzt worden war, ahnte sie nicht einmal. Er hatte geschwiegen, hatte sich geschämt und alles mit sich allein ausgemacht. Niemals hatte er das Gefühl gehabt, sich seiner Mutter anvertrauen zu können.
    Sie hatte ihre eigenen Frustrationen an ihm ausgelassen. Seinetwegen hatte sie ihren Traum, Krankenschwester zu werden, nicht in die Tat umsetzen können.
    Er musste leiden, weil seine Mutter mit ihrem Leben unzufrieden war. Weil sie keine gute Stelle fand. Weil sie ihren Mann nicht liebte. Sie war zu einer verbitterten, verhärmten Frau geworden.
    Hatte sie jemals Verantwortung übernommen? Für ihr Leben? Für ihre Kinder? Für ihn?
    Der Hass stieg in ihm auf und sperrte jeden klaren Gedanken aus, während sie schimpfend ihren Einkauf auspackte.
    Was war sie für eine jämmerliche Person! Er konnte nicht mehr länger warten. Mit drei großen

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