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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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langes Schweigen, nur unterbrochen vom Gluckern eines Drinks, der eingeschenkt wurde; eines großen,
     wie es klang.
    »Es tut mir leid, Chef. Er hatte mich in der Zange.«
    »Ich verzeihe Ihnen«, sagte Pyke. Ich hörte, wie er einen großen Schluck von seinem Drink nahm. »Es ist wichtig, dass Sie
     das wissen.«
    Georges Worte troffen vor Erleichterung. »Danke, Chef. Ich werde Sie nie wieder enttäuschen.«
    »Ich weiß, George.«
    Für das ungeübte Ohr klang das folgende Geräusch wie ein kurzes, lautes Husten. George stöhnte auf, und dann hörte ich, wie
     sein Körper auf den Teppich fiel.
    Die Stillwater-Schläger standen noch immer Wache. Ich sah wenig Chancen, vier Stockwerke hinunterzurennen und zwei ausgebildete
     Killer zu überwältigen, um Pyke auf frischer Tat zu ertappen. In meiner Verfassung war schon Gehen eine Herausforderung.
    Ich hörte, wie Pyke eine Telefonnummer wählte. »Es ist eine Sauerei zu beseitigen.« Pyke nannte die Adresse seines Hauses
     und legte dann auf.
    Als er kurze Zeit später aus der Haustür trat, hatte sein Gesicht die Farbe von Asche. Sein Mercedes fuhr wieder vor, doch
     die Stillwater-Leute blieben vor dem Haus stehen. Ich schoss ein Foto von Pyke, wie er in den Wagen stieg. Der rechts stehende
     Wächter blickte in meine Richtung auf, während das Auto losfuhr. Ich versteckte die Kamera. Er starrte weiter zum Dach hinauf,
     sagte seinem Partner aber nichts. Vielleicht hatte meine Kameralinse das Sonnenlicht widergespiegelt,möglicherweise stand hinter meinem Kopf aber auch eine sonderbar geformte Wolke. Auf Letzteres hätte ich nicht gewettet.
    Ich kroch vom Dachrand weg und versuchte dann, die Treppe hinunterzurennen. Unter normalen Umständen wären die vier Stockwerke
     kein Problem gewesen, aber mein Körper hatte in den letzten paar Tagen so wenig Nahrung erhalten, dass mir die Beine zitterten,
     als ich unten ankam. Es gab eine Tür nach hinten hinaus, und die nahm ich.
    Keiner erwartete mich. Ich hätte gerne einen Blick in Pykes Haus geworfen, wollte das aber nicht versuchen, solange die beiden
     Gorillas vor Ort waren. Die Aufnahme war zwar aussagekräftig, würde aber nicht ausreichen, falls Pyke Krieg wollte. Also musste
     ich zunächst vorsichtig sein.
     
    Der Washington Square Park war ruhig, selbst für einen Wochentags-Nachmittag. Kröte saß allein auf einer Bank vor der Büste
     von Holley und drehte seine manikürten Däumchen.
    »Tag, Strange. Sie sehen schrecklich aus.«
    Ich setzte mich zu meinem Chemiewarenlieferanten auf die Bank. Durch die Bäume sah ich die Schachtische, die weniger als halb
     besetzt waren. Beim Brunnen standen keine Musikanten, und die Saufbrüder waren von ihren Plätzen auf den Parkbänken vertrieben
     worden. Hinter uns führten hohe Torbögen zu den Häusern der einst und künftig Reichen.
    »Was für ein Wetter, hm?«, sagte Kröte.
    Sein Faible für Small Talk war nicht der einzige Grund, aus dem er kein typischer Händler von illegalen Substanzen war. Mit
     seinem gebleichten Haar, seiner gebräunten Haut und dem grauen Anzug, der unter dem Mantel hervorschaute, war Kröte gespuckt
     das Bild eines Pharmavertreters. Ich wusste nicht, woher er seinen Spitznamen hatte, und wollte ihn nicht danach fragen.
    »Wie läuft das Geschäft?«, fragte ich.
    »Verlässlich.«
    Eine große Gruppe hatte sich neben dem Brunnen versammelt. Teenager hatten Babys auf dem Arm, damit ihre Eltern Spruchbänder
     hochhalten konnten. Eine alte Frau mit Strickjacke und Tennisschuhen schwenkte ein Schild auf dem in leuchtend grünen Buchstaben
     stand: »Der Lohn der Sünde ist der Tod.« Anführer war ein kleiner, teigiger Mann in den Vierzigern. Mit vor Anstrengung rot
     glühendem Gesicht informierte er Passanten per Megaphon über seine liebsten Bibelstellen. Einige Männer in soldatischer Kluft
     aus dem Armeeverkauf umringten die Gruppe. Sie feixten jeden in ihrer Nähe höhnisch an und versteckten sich hinter ihren Piloten-Sonnenbrillen.
    Die Gruppe hatte in dem trockenen Brunnenbecken einen kleinen Berg Lesematerial aufgehäuft. Eine Fackel brannte in der Hand
     ihres Anführers.
    »Wer veranstaltet die Grillparty?«, fragte ich.
    »Die üblichen Verdächtigen.«
    Der Name der Gruppe lautete
Amerikanische Familien für Christus
. Die religiösen Gruppierungen hatten unter staatlichem Schutz an Zahl und Gewicht zugenommen. Der Wettkampf um Seelen und
     Regierungsgeld war oft bitter und entwickelte sich entlang der

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