Den ersten Stein
feudal wie das von Pyke. Ich musste großzügig sein.
Er sah zu, wie ein Hundertdollarschein in seiner schmierigen Brusttasche verschwand. »Wenn jemand fragt …«
»Dann bin ich ein perverser Einbrecher.«
Er trat zur Seite.
Das Dach war flach, leer und voller Taubenkacke. Ich hatte ungehinderte Sicht auf Pykes Haustür, konnte aber aus diesem Blickwinkel
schlecht in die unteren Fenster sehen, die auf die Straße hinausgingen. Ich machte es mir bequem.
Ein paar Stunden später tauchte George an der Straßenecke auf und blieb dort stehen. Durch das Fernglas sah ich ein sorgenvolles
Gesicht, das in der kalten Herbstluft schwitzte. Er stampfte mit den Füßen, rauchte Kette und beobachtete Pykes Haus. Bei
seinem Erscheinen hatte ich angenommen, George sei für eine Abreibung herzitiert worden. Jetzt war ich mir da nicht mehr so
sicher. George hoffte vielleicht, Pyke seine Seite der Geschichte darstellen zu können, bevor sein Boss davon hörte, wie ich
ihn zum Singen gebracht hatte. Eine halbe Stunde später hielt ein schwarzer Mercedes vor PykesHaus. Ein Stillwater-Söldner, der einen Geheimdienstagenten spielte, stieg auf der Beifahrerseite aus. Er öffnete Pyke die
hintere Tür. Mit ihm kam ein weiterer Leibwächter aus dem Wagen. Pyke blieb einen Moment lang auf dem Bürgersteig stehen,
blickte aber nicht in Georges Richtung. Er ging nach drinnen, während seine Stillwater-Wachhunde zu beiden Seiten der Haustür
Aufstellung nahmen. George rauchte seine Zigarette auf und marschierte zum Haus. Die Leibwächter ließen ihn ein.
Ich richtete das Richtmikrofon auf die Frontfenster aus und hatte im Erdgeschoss Glück. Ich hörte Papier rascheln und dann
ein Klopfen an der Tür. Ich drückte auf Aufnahme.
»Ist Ihnen irgendjemand gefolgt?«
»Ich war vorsichtig, genau wie ich sollte.«
»Sie sind hier, um sich zu rechtfertigen.«
Georges Stimme war brüchig. »Chef, hören Sie …«
»Ihre Entschuldigungen sind mir gleichgültig, George. Ist irgendjemand in sein Büro gekommen.«
»Keiner.«
»Haben Sie ihn je mit diesem Mann hier gesehen oder den Namen Ezekiel White gehört?«, fragte Pyke.
Schweigen.
»Denken Sie gut nach.«
George versuchte es und atmete bei dieser Anstrengung schmerzhaft laut. »Ich habe ihn nie mit jemandem gesehen.«
»Er ist ein Privatdetektiv, George, ein Werkzeug. Nur ein Feind Jesu würde einen so verdorbenen, gottlosen Mann für sich arbeiten
lassen.«
Ich fühlte mich beinahe geschmeichelt.
»Werkzeuge kann man wegwerfen. Sein Herr ist derjenige, an den wir heranwollen.«
»Aber dieser White ist doch der Chef von irgend so ’nem Komitee. Is’ er dann nich’ auf unserer Seite?«
»Er steht so sehr auf unserer Seite, wie Judas auf der Seite des Herrn stand. White ist einer dieser Menschen, die gern auf
der Straße stehen und beten, damit wir alle ihre Rechtschaffenheit sehen können. Wenn er aber zu Hause ist, zu wem betet er
da wohl, zu Gott oder zu Mammon?«
»Ich weiß es nich’, Chef«, antwortete George, der nicht begriff, dass die Frage rhetorisch war.
»Mit Heuchlern wie White wird man leicht fertig. Sorgen bereiten mir dagegen die schwachen und frommen Menschen. Keiner bezweifelt
ihren Glauben, aber ihnen fehlt der Wille, das Notwendige zu tun. Gott hat einen Plan für die Wiederkehr seines Sohnes, und
es ist die Pflicht eines jeden Christen, auf diese hinzuarbeiten. Wer nicht tun kann, was der Herr befiehlt, muss weichen.
Verstehen Sie, George?«
»Sie wissen, dass ich ein gottesfürchtiger Mann bin, Chef.«
»Das hoffe ich.«
Keiner der beiden sagte etwas. Ich hörte wieder Papiergeraschel. Ein Telefon läutete und wurde rasch abgestellt. »Ich mach’
mir Sorgen um Ernest«, sagte George.
Pyke ließ sich mit der Antwort Zeit. »Warum denn?«
»Strange hat nach ihm gefragt, und Ernest ist die letzte Zeit nicht an sein Handy gegangen.«
»Er befindet sich an einem sicheren Ort.«
»Warum machen Sie sich dann solche Sorgen, Chef. Strange weiß doch gar nichts.«
»Er kennt meinen Namen, George. Das habe ich Ihnen zu verdanken.«
»Aber Sie sind doch außen vor. Diesen Job, den wir machen sollen …«
»Genug davon.«
»Aber wir hab’n doch bisher noch gar nichts gemacht, und da …«
»Halten Sie den Mund.«
George tat wie geheißen.
»Die Vorsehung hat uns überholt. Es ist nichts geschehen, und es wird auch nichts geschehen. Sie werden nie wieder von dieser
Sache sprechen.«
Es folgte ein weiteres
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