Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
Vom Netzwerk:
dürfen.
    Ich höre Reinert, ehe ich ihn sehe. Das heißt, ich höre seinen Traktor hinter dem Haus. Dann sehe ich die blauen Lichtkegel der Scheinwerfer über dem Briefkasten, ehe der Traktor plötzlich aus der Dunkelheit auftaucht und auf dem Hofplatz rangiert, hin und her, oder auf und ab, wie Reinert selbst sagen würde, wenn er Lust hätte, sich zu dieser Frage zu äußern, aber vorläufig begnügt er sich damit, zum Gruß mit einem Finger an seine Pelzmütze zu tippen, was ich damit beantworte, dass ich braun ins Scheinwerferlicht spucke, ehe ich ihn mit beiden Händen zu mir winke, als er mit seiner Ladung zur Scheune zurücksetzt. Näher. Näher. Er dreht das Kinn über die rechte Schulter und starrt mich misstrauisch an, während er vorsichtig auf das Gaspedal tritt. Noch näher? Ja. Noch näher. Bis fast ganz zu mir. So machen wir das da, wo ich herkomme. Am Ende will er nicht mehr und leert die Ladung Birkenholz so heftig ab, dass die Scheite mitten in die Scheune krachen. Dann dreht er den Motor aus und dreht sich eine Zigarette.
    Jetzt ist es wichtig, nicht »danke« zu sagen und keinerlei Form von Enthusiasmus zu zeigen. Er kann in solchen Situationen ungeheuer reizbar sein.
    Ich packe eine weitere Prise und schiebe sie mir unter die Lippe. »Du kommst doch auf einen Kaffee mit rein?«
    Er gibt sich Feuer. »Nein. Komm nicht rein.«
    Er steigt vom Traktor und macht sich an die Inspektion der Ladung, die er angeliefert hat. Schiebt mit dem Fuß zwei Scheite zurecht. Dann entdeckt er das Holzlager, das ich aufgeschichtet habe, und schnalzt auf eine Weise mit der Zunge, die ich als Anerkennung deute. Und von mir aus gern. Es hat seine Zeit gebraucht, um alles so zu legen, wie er es jetzt sieht, und die einzige Hilfe, die ich dabei bekam, stammte von meinen eigenen Händen. Ich zeige und erkläre. Zuerst zwei Bretter, parallel durch die gesamte Länge des Raumes gelegt, das innere dicht vor die Wand. Ich habe sie, mit einem Zwischenraum von zwanzig Zentimetern, an den Boden genagelt, sicherheitshalber, nicht zweiundzwanzig und nicht fünfundzwanzig, sondern zwanzig. Dann muss man die Sache mit der Wasserwaage überprüfen, kleine Keile dazwischenschieben, zurechtrücken und begradigen, bis es an diesem Fundament, dieser Unterlage, nicht auch nur eine Abweichung von einem Millimeter von Kante zu Kante gibt, oder, wenn man so will – von Wand zu Wand, es dauert einige Tage, aber es ist ein gutes Gefühl, wenn alles stimmt und wenn man anfangen kann, das Holz zu legen. So nenne ich das. Das Holz legen. Langsam. Vorsichtig. Schieben. Herausziehen. Eine Schicht nach der anderen an der ganzen Länge der Wand entlang legen, mit so wenig Zwischenraum wie möglich zwischen den Scheiten, die wegnehmen, die nicht hineinpassen, sie durch neue ersetzen, die hier nicht passen, passen anderswo, probieren, sich irren, wieder und wieder, bis das Holzlager fast als massive Wand daliegt. Und dann? War das eine Kunst? Nein, das vielleicht nicht, aber jetzt zeige ich Reinert von Neset den Hammer. Hebe ihn hoch. Schlage vorsichtig auf ein Holzscheit, sodass es die notwendigen drei Millimeter nach innen rutscht und damit in besserer Harmonie mit dem restlichen Lager daliegt. Ich habe jedes einzelne Holzscheit hier angepasst, und deshalb kann man am Lager vorbeigehen und mit der Hand über die Endscheite fahren, mit dem Gefühl, über die glatte Wand zu streichen, und ich gebe zu, wenn auch nur insgeheim und nicht anderen gegenüber, das wage ich nicht, das traue ich mich nicht, aber wenn ich allein hier wäre, ja, dann würde ich den weißen Enden zwei Lackschichten verpassen. Denn das wäre noch ein wenig schöner.
    Er sieht mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten kann. Ist das Ver- oder Bewunderung?
    Berit kommt mit einem dampfenden Becher Kaffee in der Hand über den gefrorenen Kies. In der anderen Hand hält sie das vollgestopfte Portemonnaie. Der Boden knirscht unter ihren großen Holzschuhen. Sie hat sich rote Wollsocken über die Hose gezogen.
    Sie reicht Reinert den Becher und fängt an, die Geldscheine abzuzählen.
    Du dürftest nicht hier draußen in der Kälte stehen, denke ich, sage es aber nicht.
    Ich müsste die Arme um dich legen und dich vor dem Wind beschützen. Ich bringe das nicht über mich, solange dieser Trottel da steht und glotzt. Jetzt fangen sie an, eine Art Gespräch zu führen, es besteht aus Räuspern und halben Sätzen. Ein Gespräch von der Sorte, die die Leute aus den entlegenen Gebieten

Weitere Kostenlose Bücher