Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)
Vorwort
Warum tanzen wir nicht auf der Straße?
Stellen wir uns vor, ein Außerirdischer wäre soeben auf der Erde gelandet und würde sich bei uns danach erkundigen, wie wir so leben, sagen wir, in einem Land wie Deutschland. Der Außerirdische würde sich für ganz simple Dinge des Alltags interessieren, etwa die Frage, ob es bei uns genug zu essen gäbe oder ob wir hungern müssten, ob wir reich wären, ob wir so etwas wie Sklaverei und Unterdrückung kennen würden etc.
»Na ja«, würden wir vielleicht antworten. »Was heißt schon reich … Die meisten schwimmen nicht im Geld wie Dagobert Duck. Aber wenn man es mit anderen Regionen der Welt vergleicht, nagen wir nicht am Hungertuch, und fast jeder hat bei uns ein einigermaßen stabiles Dach überm Kopf.«
Danach gefragt, ob wir frei wären, unser Leben so zu leben, wie es uns vorschwebt, oder ob man uns alles vorschreiben würde, könnten wir sagen: »Gut, wer ist schon wirklich frei? Immerhin haben wir das Glück, in einer demokratischen Gesellschaft zu leben – was man beileibe nicht von jedem Land auf dieser Erde behaupten kann und was auch bei uns, nebenbei gesagt, schon mal anders war.«
Womöglich würde der eine oder andere von uns im Verlauf des Gesprächs feststellen, dass wir in Deutschland sowohl im globalen als auch im historischen Vergleich ziemlich gut dastehen. Insgesamt gehört Deutschland bekanntlich nicht nur zu den demokratischsten, sondern auch zu den wohlhabendsten – und ich würde sogar hinzufügen: lebenswertesten – Ländern der Welt.
»Wow!«, würde unser Außerirdischer da vielleicht begeistert ausrufen. »Ihr müsst bestimmt ganz schön glücklich und zufrieden sein, oder? Wahrscheinlich tanzt ihr den lieben langen Tag fröhlich auf der Straße und feiert euer Glück!«
An der Stelle würden die meisten von uns wohl innehalten. Auf der Straße tanzen? Feiern? Wir?
Wie bitte?
Natürlich ist unser Außerirdischer naiv. Nur weil es uns relativ gutgeht, heißt das nicht, dass wir keine Probleme hätten und uns immerwährender Feierlaune erfreuen würden. Dennoch wäre unser intergalaktischer Freund vielleicht nicht zu Unrecht überrascht, wenn wir ihm, mit Blick auf handfeste statistische Befunde, offenbaren müssten: »Nein, mein Lieber, von fröhlichem Tanzen auf der Straße kann bei uns nicht wirklich die Rede sein. Im Gegenteil, es ist zwar so, dass unsere persönliche Freiheit und unser Wohlstand in den letzten Jahrzehnten nahezu stetig gestiegen sind, unsere Zufriedenheit jedoch ist im gleichen Zeitraum gesunken. Dafür sind nicht nur bei uns in Deutschland, sondern überhaupt in den reichen Ländern der westlichen Welt Angsterkrankungen, Depressionen, Stress und Burn-out fleißig auf dem Vormarsch. Was auch immer mit uns Privilegierten los ist, eins ist sicher: So richtig zu genießen scheinen wir die Privilegien, die wir haben, nicht.«
»Was? Aber warum nicht?«, könnte unser Außerirdischer verblüfft fragen, und damit hätte er die zentrale Frage dieses Buchs gestellt: Was an uns oder unserer Gesellschaft ist es, das uns, unserer objektiv recht guten Lage zum Trotz , aufs Gemüt schlägt und zu schaffen macht? In zahlreichen Industrienationen dieser Welt hat das Glück in den letzten Jahrzehnten kaum oder nicht zugenommen, und in manchen Ländern, darunter Deutschland, hat es sogar nachgelassen. Wie ist das möglich? Was ist los mit uns? Was fehlt uns denn im Überfluss?
Auf der Suche nach Antworten ist dieses Buch entstanden. Die Antworten und eventuelle Einsichten, die es anbietet, stammen dabei nicht aus meiner geheimen Schatzkiste mit dem eingravierten Schriftzug Die gesammelten Weisheiten aus dem Leben des B. K. Nein, ich habe eine weitaus spannendere und verlässlichere Quelle der Weisheit zu Rate gezogen: die Wissenschaft. Mit Hilfe empirischer Studien habe ich versucht, mir ein genaueres Bild davon zu machen, wie wir ticken, was uns antreibt, was uns glücklich stimmt und, umgekehrt, zur Verzweiflung bringt. Warum neigen wir inmitten steigenden Reichtums zu Unzufriedenheit und wachsender Rastlosigkeit? Wieso – wenn wir wirklich so frei sind – leben wir nicht das Leben, das wir eigentlich leben wollen? Warum fällt es uns so schwer, das Glück zu finden? Suchen wir es möglicherweise an den falschen Stellen? Um diesen und ähnlichen Fragen auf den Grund gehen zu können, habe ich eine Vielzahl statistischer Daten ausgewertet und Dutzende von Studien und Analysen aus den unterschiedlichsten
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