Denk an unsere Liebe
Blumen leuchteten ihr in allen Farben entgegen.
So sollte ein Krankenhaus aussehen!
Der Chefarzt empfing sie herzlich und führte sie direkt in die „Unterwelt“, wo es strahlend hell war und freundlich, wie überall im Hause.
Vor einer weißlackierten Tür hielt er an. „Lotta Broberg“, las Toni auf einem diskreten kleinen Schild.
Und Lotta Broberg offenbarte sich als eine kräftige, frische, rotwangige Frau, gut um die Dreißig herum.
Ja, der Chefarzt hatte schon von Frau Löngard erzählt, und Fräulein Broberg wollte mehr als gern dem norwegischen Gast ihr Königreich zeigen.
Und so erlebte Toni einen höchst lehrreichen Tag.
Der Raum, in dem Fräulein Broberg sie empfing, war ein praktisch eingerichtetes kleines Büro, weiß vom Fußboden bis zur Decke. Ein geräumiger Schreibtisch mit zwei Telefonen, ein paar gute Stühle und ein Bücherregal voller Bücher. Toni blickte verstohlen auf die Titel. Das waren durchaus nicht nur Kochbücher. Es waren Bücher über innere Medizin, Ernährungslehre. Eine Abhandlung über die verschiedenen Vitamine, ein Buch über Diabetikerdiät, Bücher über Säuglingskost, über Milchspeisen, Fisch, Gemüse und noch vieles mehr.
Fräulein Broberg folgte Tonis Blick und lachte.
„Ja, Lesen gehört dazu“, sagte sie mit ihrem amüsanten singenden Dialekt. „Erst Theorie – und eine Masse Theorie – und dann Praxis. Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Küche.“
Eine Reihe junger Mädchen, von Kopf bis Fuß weiß gekleidet, arbeiteten in der riesengroßen hellen Küche. Von den weiß emaillierten Küchenherden duftete das gute Essen. Auf einem langen Tisch wurde gehackt und geschnitten, auf einem andern Tisch stand ein ganzer Aufmarsch von kleinen Schalen mit leckerem Nachtisch, verziert mit gespritzter Creme und geriebener Schokolade.
„Himmel“, sagte Toni, „das sieht ja nicht aus wie eine Krankenhausküche, sondern wie die Küche in einer erstklassigen Konditorei.“
„Ja“, lächelte Fräulein Broberg, „das Essen muß hübsch aussehen, das ist schon das halbe Geheimnis, womit man die Leute dazu bekommt, es zu essen. Dieses ist der Nachtisch für unsere zuckerkranken Patienten. Pudding mit Süßstoff, statt mit Zucker, und verziert mit Diabetikerschokolade. Hier haben wir langsam mit dem Essen für die Nierenpatienten begonnen. Das ist immer ein kleines Kunststück, es ohne Salz und Gewürze wohlschmeckend zu machen. Aber wenn man genügend schmackhaftes Gemüse herbeischaffen kann, geht es trotzdem.“
Toni bewunderte die riesengroßen Suppenkessel, die modernen Dampfkochtöpfe, und als Fräulein Broberg die Tür zum Kühlraum öffnete, fiel der Gast in plötzliche Ekstase.
Der Kühlraum war voll der leckersten Sachen: fertig gerupfte Hühner und Küken, Tomaten, eine Menge von Eiern, Sahneflaschen und unzählige andere ausgesuchte Delikatessen.
„Himmel“, sagte sie, „in diesem Krankenhaus möchte ich gern liegen.“
„Ja, aber da müssen Sie sich eine Krankheit anschaffen, die strenge Diät erfordert“, sagte Fräulein Broberg. „Bedenken Sie, daß diese Delikatessen für die Patienten sind, die kein gewöhnliches Essen vertragen. Und ich versichere Ihnen, daß Sie auf Hühnerbrust und Sahne verzichten und lieber Salzhering und Erbsen essen würden, sofern Sie es vertragen.“
„Haben Sie wirklich Bedarf für all den Kleinkram da?“ fragte Toni und wies auf eine Reihe niedlicher kleiner Töpfe und Pfannen, richtige kleine Puppensachen. Die stachen so merkwürdig ab von den Hundertlitersuppenkesseln und dem großen Kartoffelkessel.
„O doch, jeden Tag“, versicherte Fräulein Broberg. „Das ist für die Wunschdiät – all diese Sachen.“
„Wunschdiät?“
„Ja, das haben wir nämlich auch. Wenn es unmöglich ist, einen Patienten zum Essen zu bewegen, so wird ihm erlaubt, sich das eine oder andere Lieblingsgericht zu wünschen, und das bereite ich dann gerne selber und bringe es auch selbst, und damit ist meist die Sache im Lot. Damit ist dann der Appetit wieder geweckt, meine ich. Freilich kann man auch viele sonderbare Wünsche hören. Ein Bauer von Norrland, der eine schwere Operation hatte und eine Woche ganz leichte Kost haben mußte und den Appetit vollständig verloren hatte, wollte nicht glauben, als er anfangen sollte, wieder normal zu essen, daß man in einem Krankenhaus Essen bestellen könne wie in einem Café. Als wir ihn endlich davon überzeugt hatten, sagte er mit Inbrunst:
„Ach, wenn ich einen großen Teller
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