Denk an unsere Liebe
holländische Soße, der Hühnerbrühe und etwas Sahne zugesetzt ist, aber ja keine Milch.“
„Nein, natürlich nicht“, stimmte Fräulein Broberg zu.
„Und ein rohes Eigelb ganz zum Schluß“, fuhr Frau Jönsson fort. Ihre Augen hatten einen eifrigen Ausdruck angenommen. „Ach ja, zu meiner Zeit, da konnten wir kochen. Aber in so einem Krankenhaus, wo man für mehrere hundert Menschen kocht, muß das Essen ja unpersönlich werden, die reine Fabrikware…“
„Ja, so ist es ja immer mit den großen Küchen“, stimmte Fräulein Broberg zu. „Aber nun will ich Sie nicht länger plagen, Frau Jönsson, tausend Dank für das Rezept, und recht gute Besserung, Frau Jönsson.“
„Wenn Sie einmal das Rezept für meinen Apfelkuchen haben wollen…“, sagte Frau Jönsson.
„Schrecklich gern, das können Sie sich denken.“
Toni kicherte, als sie wieder den Korridor betraten. Und unten in der Küche kam Fräulein Broberg sofort in Fahrt. Fertigen Blätterteig habe sie immer im Kühlraum, erklärte sie, und fertiggekochtes Hühnerfleisch auch. Ihre flinken Finger arbeiteten rasch. Und nach einer halben Stunde stand die Hühnerpastete da, so delikat, daß Toni das Wasser im Mund zusammenlief.
„Ich muß mit hinaufgehen“, bettelte sie. Und so wanderte sie wieder hinter Fräulein Broberg her, die das appetitliche Tablett mit dem blanken Geschirr und der glänzend sauberen Serviette trug.
„Also jetzt, Frau Jönsson“, sagte Fräulein Broberg, „nun bin ich aber wirklich gespannt. Jetzt müssen Sie kosten und mir eine richtige fachmännische Kritik geben.“
Frau Jönsson setzte sich im Bett auf und blickte mit großen Augen auf das Tablett.
„Die sieht richtig fein aus“, sagte sie mit Hausfrauenstimme. „Eine Idee zu hell vielleicht – ach nein, im Grunde doch nicht – lassen Sie mich kosten…“
Sie kostete. Sie kostete lange und gründlich. Kostete so lange, bis kein bißchen mehr übrig war.
„Sie können es ja“, sagte sie anerkennend. „Das war ja ganz ausgezeichnet. Aber ein andermal müssen Sie die Champignons nicht ganz so fein hacken. Sonst war es ganz so, wie ich es selber gemacht hätte.“
Sie sagte es im vollen Ernst, und Fräulein Broberg war sich klar darüber, daß es das höchste Lob bedeutete.
„Die haben Sie für Zeit und Ewigkeit gewonnen“, lachte Toni hinterher. „Morgen wird sie essen, was Sie ihr auch bringen, bloß um zu sehen, ob Sie es wirklich können. Und Sie werden jeden Tag ein neues Rezept probieren müssen.“
„Darüber bin ich mir ganz klar“, lächelte Fräulein Broberg. „Es kommt nur darauf an, das Interesse der Patienten zu wecken, den Punkt zu finden, wo sie reden können und wollen, und dann beherrsche ich die Situation.“
Toni aß zeitig zu Mittag mit Fräulein Broberg. Das war ein sehr vielseitiges Essen. Sie mußte von allem kosten. Fleischbrühe mit delikaten kleinen Klößen von der Diabetikerdiät, pochierte Eier von der Magengeschwürliste, gekochtes Kalbfleisch und Blumenkohl von den Nierenpatienten, und zum Schluß schwelgte sie in einem wunderbaren Fruchtsalat der Gallenleidenden. Dann kam ein höllenstarker Kaffee. Wenn er überhaupt zu einer Diät gehörte, mußte es die Hebammendiät sein, lächelte Fräulein Broberg.
Toni nahm herzlich Abschied von Fräulein Broberg und rannte zum Zug, denn es war spät geworden, und sie sollte ja mit Eivind zum Freilufttheater nach Skansen.
Eivind! Lieber Himmel, sie hatte den ganzen Tag nicht an Eivind gedacht! Sie war mit Leib und Seele in diesem Krankenhaus, den Patienten und Fräulein Broberg aufgegangen. Im Zug machte sie sich eine Menge Notizen, und ehe sie es wußte, war sie wieder im Hauptbahnhof Stockholm angekommen.
Sie fand Eivind im Hotelzimmer. Er war aufgeräumt und guter Laune. Er hatte den ganzen Vormittag auf der Kunstausstellung zugebracht, hatte zu Mittag gegessen und mit Frau Brachfeldt Tee getrunken. Er war mitteilsam, und während Toni sich wusch und umkleidete, erklärte er ihr lang und breit Gauguins Technik.
„Man vergißt die Linien“, erklärte er. „Diese Südseebilder wirken wie Farbenexplosionen, die einem entgegenschlagen…“
Unfaßbar, daß ein Fleischgericht so gut schmecken kann, ganz ohne Salz, dachte Toni.
„Das merkwürdigste Bild war aber doch eines in lauter braunen Nuancen“, sagte Eivind.
Wenn Fräulein Broberg nur eine Norwegenreise machen wollte! dachte Toni. Und Chefarzt Stendal mit ihr persönlich sprechen könnte!
„Frau Brachfeldt
Weitere Kostenlose Bücher