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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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    Die Katze war alt. Aber ihre Bewegungen waren immer noch geschmeidig. Sie machte einen Buckel, streckte sich und sprang auf den verfilzten Flokati im Wohnzimmer. Sanft strich sie der schlafenden Frau im Lehnsessel um die Beine.
    Erst als das Tier leise maunzte, wurde Maike wach. Sie brauchte einen Moment, um zu sich zu kommen. Nach den Zwischenfällen der letzten Tage hatte sie beschlossen, im Wohnzimmer zu übernachten. Hier war es ruhiger, kein Motorengeheule, kein Gegröle von betrunkenen Nachtschwärmern aus der Kneipe gegenüber.
    Maike schob die Decke beiseite, klopfte auf ihren Oberschenkel und schaute die Katze zärtlich an.
    «Komm, Tessa, komm her!»
    Sie hörte das leise Schnurren des Tieres, doch diesmal sprang die Katze nicht auf ihren Schoß. Energisch rieb sie den Kopf an Maikes Unterschenkel. Das Maunzen wurde lauter.
    «Du hast wohl Hunger, Süße.»
    Suchend schaute Maike sich in ihrem vollgestellten Wohnzimmer um. Auf dem Boden standen Kartons in unterschiedlicher Größe, mit abgepacktem Brot, Konservendosen und Geschirr. Der Toaster hatte einen neuen Platz im Bücherregal gefunden, neben den Marmeladegläsern und dem Honig. Um mehr Abstellfläche zu gewinnen, hatte Maike ihre Bücher in zwei Reihen ins Regal geschoben. Auf dem Fensterbrett stand ein Wasserkocher, direkt daneben eine Sammlung exotischer Teesorten. Ihre Freunde hatte Maike früher gern mit neuen Tees überrascht. Aber das war lange her. Schon seit Wochen lud sie niemanden mehr zu sich nach Hause ein. Die letzte Besucherin war ihre Mutter.
    Eines Sonnabendnachmittags stand sie unangemeldet vor der Tür und klingelte minutenlang. Erst als ihre Mutter klopfte und laut nach ihr rief, öffnete Maike hastig. Sie gab vor, geschlafen zu haben. Dabei öffnete sie schon lange nicht mehr, wenn jemand klingelte. Erst recht nicht, wenn es drängend und unnachgiebig geschah.
    Die Katze schnupperte an ihrem leeren Futternapf und miaute klagend. Unwillig stellte Maike fest, dass sie im Wohnzimmer kein Futter mehr stehen hatte. Sie würde in die Küche gehen müssen. Draußen war es noch dunkel. Keine gute Voraussetzung, um den zum Hinterhof gelegenen Teil der Wohnung zu verlassen. Seufzend löschte Maike die Deckenlampe. Dann ging sie in die Knie und öffnete vorsichtig die Tür zum Flur. Ein blasser Lichtstrahl fiel auf den Boden. Irritiert schaute Maike sich um. Das Wohnzimmer lag im Dunkeln. Aber der Nachbar aus der gegenüberliegenden Wohnung war schon aufgestanden. Ein Schimmer seines hell erleuchteten Bades reichte bis in ihr Wohnzimmer. Schnell schloss Maike die Tür wieder und zog die karierten Vorhänge zu. Jetzt konnte kein Lichtstrahl mehr aus der Nachbarwohnung in ihr Zimmer fallen. Wieder ging sie in die Knie und kroch auf die Tür zu. Ihre rechte Hand lag auf der Klinke. Sie zögerte. Als sie Tessas Schnurren neben sich hörte, drückte sie die Klinke hinunter und zog die Tür auf. Auf dem schmalen Flur war es stockfinster.
    Maike lauschte angespannt in Richtung Eingangstür. Doch in dem Mehrfamilienhaus war alles still. Es war Sonntag, und die meisten schliefen noch. Vorsichtig öffnete sie die Küchentür. Das Rollo war heruntergezogen, aber an den Seiten drang ein dünner Streifen Licht von draußen in die Küche.
    Wo hatte sie gestern Nachmittag das Katzenfutter abgestellt? Ihre Augen suchten die ausgeräumten Holzregale über dem Tisch ab. Nichts. In alter Gewohnheit musste sie das Katzenfutter tagsüber in den Kühlschrank gestellt haben. Sie verfluchte ihre Unvorsichtigkeit. Die Kühlschrankbeleuchtung würde sie verraten.
    Darauf wartete er doch nur. Ein winziges Lebenszeichen von ihr, und alles würde von vorne beginnen. Langsam richtete Maike sich auf und zog das Rollo wenige Zentimeter zu sich. Die Straße war leer. Die beiden Geschäfte gegenüber waren geschlossen. Rollgitter sicherten die Eingänge. Systematisch suchte sie die Schatten zwischen den geparkten Autos ab. Nichts.
    Einen kurzen Augenblick lang fixierte sie den Eingang zur Gastwirtschaft. Hatte sich unter dem schmalen Vordach nicht etwas bewegt? Ein Windstoß wirbelte eine Plastiktüte herum. Erleichtert ließ Maike das Rollo los.
    «Er ist nicht da», hörte sie sich selber leise sagen.
    Plötzlich kam Maike sich unendlich albern vor. Was war aus ihr geworden? Sie führte Selbstgespräche im Flüsterton. Seit Wochen mied sie ihre Küche und in letzter Zeit auch das Schlafzimmer, die beide zur Straße lagen. Das Haus verließ sie nur noch, wenn sie zur

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