Denken hilft - frische Ideen für Gedächtnis und Kreativität
man danach fragt.
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Macht es Sinn, unnützes Wissen zu wissen? Zum Beispiel, dass Angela Merkel in der Sauna saÃ, als die Mauer fiel? Dass es in Frankreich verboten ist, ein Schwein Napoleon zu nennen? Und dass Milch rosa wird, wenn Kühe zu viele Karotten essen? Das sind nur drei von »1374 skurrilen Fakten, die man nie mehr vergisst« aus dem Buch »NEON: Unnützes Wissen«, erschienen im Heyne Verlag. Der Nutzen dieses Buchs besteht darin, dass der Inhalt besonders unnütz ist. Kann es sein, dass wir solche Bücher kaufen, weil uns das gelernte Verständnis von nützlich und sinnvoll einfach keinen Spaà mehr macht?
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Macht es Sinn, fünf Kilo Butter als Kunstwerk in die Ecke eines Raumes zu stellen, so wie einst Joseph Beuys? Für die Putzfrau in Raum 3 der Düsseldorfer Kunsthochschule machte es Sinn: Sie putzte die Butter weg, ohne zu wissen, dass sie damit zur Ikone der Sinnfrage wurde. Macht es Sinn, Laute von sich zu geben wie: »Fümms bö wö tää zää Uu, pögiff, kwii Ee«? Das ist nicht das Schnarchen eines auf dem Sofa eingeschlafenen Maurermeisters. Das ist die Einleitung zu Kurt Schwitters »Ursonate«, einer dadaistischen Sprechoper, erarbeitet zwischen 1923 und 1932. Was lange währt, wird endlich gut. Aber bitte: Falls die »Ursonate« in Ihren Ohren so klingt wie das Schnarchen eines auf dem Sofa eingeschlafenen Maurermeisters, dann haben Sie der Lautpoesie einen ganz eigenen Sinn verliehen, so wie die Putzfrau dem Butterberg von Beuys.
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Macht es Sinn, hundert Metronome auf einem Tropenholztisch aufzustellen, aufzuziehen, gleichzeitig zu starten und ihrem Ticken in aller Andacht zu lauschen, so lange, bis auch das letzte Metronom wieder verstummt ist? In einem der besten Hotels Deutschlands habe ich im Sommer 2007 erlebt, wie etwa hundert der bestbezahlten Manager Deutschlands fast eine halbe Stunde lang hundert Metronomen zugehört haben. Und warum? Um Erkenntnisse über das Managen von Komplexität zu gewinnen. Man muss die Manager in Schutz nehmen, die hatten sich das nicht ausgedacht. Die hundert Metronome sind ein Stück Neuer Musik des Komponisten György Ligeti aus dem Jahr 1962. Unter dem Titel »Poème Symphonique« können Sie sich die sechsseitige Aufführungsanweisung für gut zehn Euro bei einem Musikverlag bestellen. Sie müssen dann noch in hundert Metronome investieren, und schon kann es losgehen. Aber schauen Sie vorher lieber erstmal bei YouTube, ob Ihnen die Sache wirklich zusagt. Für die hundert Manager jedenfalls machte die Aufführung Sinn. Man fragte sich gegenseitig: welchen? Und schon war man im Gespräch.
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Die Frage nach Sinn und Bedeutung stellen wir uns gerade bei Kunstwerken besonders gern: Was will uns der Künstler damit sagen? Spannend ist aber auch, die Sinnfrage dort zu stellen, wo die Antworten auf den ersten Blick längst feststehen: Macht es Sinn, dass ein erwachsener Mann 258 Kilo Eisen in die Luft stemmt, obwohl es Gabelstapler gibt? Mit dem Foto seiner verunglückten Frau in der Hand nahm Matthias Steiner 2008 olympisches Gold entgegen. Und eine ganze Nation hatte Tränen der Rührung in den Augen. Gewichte in die Luft stemmen ist eigentlich ziemlich unsinnig. Das macht nur deshalb Sinn, weil so einer wie Matthias Steiner der Sache Sinn verleiht, viel Sinn. Jetzt stellen Sie sich mal vor, es gäbe keine Olympiade, Gewichtheben wäre keine Sportart, und Sie hätten noch nie im Leben eine Hantel mit Scheibengewichten gesehen. Wie sinnlos würde es Ihnen erscheinen, dass sich starke Männer damit quälen, schweres Eisen in die Luft zu heben, um es Sekunden später wieder auf den Boden zu donnern? Wenn das ein Umzugspacker mit den Kartons seiner Kunden macht, gibt es richtig Ãrger.
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Sinn entsteht nur dadurch, dass wir einer Sache Sinn verleihen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hat uns diese Arbeit schon jemand abgenommen â und das Stemmen von Eisen zur olympischen Disziplin erklärt, ohne dass wir gefragt wurden. Oder wir müssen uns selbst die Arbeit machen und über Sinn und Unsinn in der Welt nachdenken. Denken hilft. Aber ich muss Sie warnen: Es kann passieren, dass Sie Sinn in einer Sache entdecken, die niemand auÃer Ihnen sinnvoll findet. Wenn es für Sie Sinn macht, Gartenzwergen mit Tipp-Ex die Fingernägel zu lackieren oder bei Flut nach Wattwürmern zu tauchen oder
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