Denken Sie Nicht an Einen Blauen Elefanten
Köder.
Nehmen wir an, Sie wollen eine Zeitung online abonnieren. Das erste Angebot beträgt 59 Euro Jahresbeitrag für die reine Internetveröffentlichung. Das zweite Angebot beträgt 125 Euro Jahresbeitrag für die gedruckte Ausgabe. Jetzt kommt das Spannende: Es gibt noch ein drittes Angebot – die Internetausgabe
und
die gedruckte Ausgabe
zusammen
kosten ebenfalls nur 125 Euro pro Jahr! Die gedruckte Version kostet also genauso viel wie die gedruckte zusammen mit der Onlineausgabe.
Wo ist hier der Haken? Ganz einfach: Indem die Marketingprofis einen Maßstab einführen (gemessen an dem Maßstab Onlineausgabe
für 59 Euro pro Jahr wirkt das andere Angebot sehr viel billiger), haben Sie plötzlich ein Verhältnis, in das Sie die Angebote setzen.
In unserem oben angeführten Beispiel von Ariely bestellen fast alle das Kombipaket, weil sie so das Gefühl haben, etwas geschenkt
zu bekommen. Falls Sie nur die Onlineausgabe ordern, entgeht Ihnen ja etwas, und beim anderen Angebot bekommen Sie die geschenkt!
Das ist natürlich Unsinn, aber wir alle fallen darauf rein.
So ticken wir: Wir sehen alles um uns herum im Verhältnis zueinander und vergleichen es miteinander – ob wir wollen oder nicht –, es ist sehr schwierig, das nicht zu tun. Das gilt nicht nur für die Sicht auf Konsumgüter wie beispielsweise Autos, |54| Kleider und Essen, sondern auch auf unsere Freunde, Urlaub und Ausbildung und sogar für unsere Emotionen und unsere Standpunkte!
Ariely zeigt weiter, wie man diesen menschlichen Zug für sich nutzen kann, um anderen etwas zu einem bestimmten Preis anzudrehen.
Nehmen wir an, Sie wollen sich ein Haus kaufen. Ihr Makler zeigt Ihnen drei Häuser. Alle drei Gebäude gefallen Ihnen. Es handelt
sich um einen Neubau und zwei Altbauten. Die Häuser bewegen sich im selben Preisrahmen – aber, und jetzt wird’s wieder hinterhältig,
einer der beiden Altbauten benötigt ein neues Dach. Deshalb ist dieser ein wenig billiger als der andere Altbau. Ariely nennt
das ganz richtig einen Köder.
Wie entscheiden Sie sich? Höchstwahrscheinlich werden Sie nicht das neue Haus kaufen und auch nicht die günstigere alte Immobilie,
die ein neues Dach braucht, sondern den Altbau, dessen Dach noch intakt ist. Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Wir wählen,
indem wir vergleichen. Den Neubau können Sie mit keinem anderen Neubau vergleichen – der ist also schon mal aus dem Rennen.
Bei den beiden übrig gebliebenen Altbauten wissen Sie, dass einer ein renovierungsbedürftiges Dach hat und der andere vollkommen
in Ordnung ist – die Entscheidung ist daher schon so gut wie getroffen. Unsere Gedanken sind bei solchen Angeboten nicht frei.
Der Köder funktioniert also ganz einfach: Wenn Ihnen jemand etwas verkaufen will, dann macht er das am einfachsten, indem
er Ihnen drei Produkte anbietet. Eins davon fällt ein wenig aus dem Rahmen, indem es mit den beiden anderen nicht vergleichbar
ist. Die beiden anderen sind vergleichbar, wobei der Köder einen kleinen Mangel aufweist.
Die Sache mit dem Köder ist insofern besonders tückisch, weil wir eine bereits getroffene Entscheidung in der Regel nicht
mehr rückgängig machen – egal, wie die Entscheidung aussieht. In der Regel wollen wir lieber eine Sache durchziehen als einen
einmal gefassten Entschluss zu ändern. Da haben wir es schon |55| wieder! Dank Monty Hall ist das zwischenzeitlich sogar wissenschaftlich bewiesen. Sie erinnern sich: das Spiel mit den drei
Türen oder Umschlägen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn wir diese Entscheidung vielen Menschen mitgeteilt und bereits
den ersten Schritt gemacht haben. Sobald wir an diesem Punkt sind, wollen wir unseren Mitmenschen zeigen, dass wir uns an
unsere Aussage halten und uns dazu verpflichten.
Der Vergleich.
Ein weiteres Beispiel, in dem Menschen mit Hilfe der Vergleichstechnik etwas angedreht wird, betrifft den Verkauf von Brotbackmaschinen:
Als vor Jahren ein solcher Apparat im Warenhaus angeboten werden sollte, lag er wie Blei in den Regalen. Kein Mensch wollte
so etwas kaufen. Ein Marktforschungsinstitut wusste offensichtlich von unserer Unsitte, alles zu vergleichen, und machte folgenden
brillanten Vorschlag: Es überzeugte den Hersteller, eine zweite Maschine auf den Markt zu bringen. Die sollte etwa 50 Prozent teurer als das Vorgängermodell sein. Was war die Konsequenz? Ganz einfach: Das neue Gerät diente als Referenzwert
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