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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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besten Wachleute der Welt auszutricksen, das hatte sie drauf.
    Isabelle sprach weiter, und ihre Stimme klang nun näher. Offenbar war sie ans Fenster getreten und beobachtete die gleiche Szenerie wie Allie.
    »Was glaubst du … wie geht es ihr eigentlich?«, fragte die Rektorin zögernd. »Hat Rachel irgendwas gesagt?«
    Ein Seufzer.
    »Ob’s ihr inzwischen besser geht oder schlechter, meinst du?«, entgegnete er. »Schwer zu sagen. Vermutlich unverändert. Rachel macht sich ziemliche Sorgen. Geht sie denn noch zu Dr. Cartwright?«
    Allie runzelte die Stirn. Dr. Cartwright war der Psychotherapeut, den Isabelle nach dem schrecklichen Ereignis angeschleppt hatte.
    »Nicht mehr«, erwiderte Isabelle. »Anfangs ist sie noch hingegangen, aber er hat nicht viel aus ihr herausbekommen. Er hat sie als ›wenig responsiv‹ beschrieben.«
    Das geht euch einen Dreck an!
, dachte Allie wütend.
Das ist meine Privatsache.
    Allie musste an ihre Albträume und die schrecklichen Grübeleien denken – das wenige, was sie Dr. Cartwright ganz zu Anfang erzählt hatte.
    Sie wollte nicht, dass sie davon erfuhren.
    »Wieder am Unterricht teilnehmen – wie soll das gehen, wenn man gerade mit angesehen hat, wie die beste Freundin stirbt?«, hatte sie Dr. Cartwright gefragt, in einer der wenigen Sitzungen, zu denen sie überhaupt gegangen war. »Wie soll man sich da noch auf französische Verben konzentrieren? Oder auf die Spanische Armada?«
    »Man tut es einfach«, hatte der Psychologe erwidert. »Jeden Tag setzt man einen Fuß vor den anderen. Und versucht es. Immer wieder.«
    »So ein Schwachsinn«, hatte Allie zurückgegiftet.
    Er konnte nicht wissen, wie es war, wenn man wegen der schlimmen Träume Angst vor dem Einschlafen hatte. Er konnte nicht wissen, wie sich das anfühlte.
    Keiner konnte das.
    Raj stieß ein humorloses, bellendes Lachen aus, das wohl ausdrücken sollte, dass er Allie ebenfalls für wenig responsiv hielt.
    »Er vermutet, dass sie Jos Tod einfach noch nicht akzeptiert hat – und nach einem Sündenbock sucht«, sagte Isabelle. Allie beugte sich weiter vor und lauschte gespannt der Insiderinformation. »Das erlaubt einem, die Wutphase in der Trauerarbeit praktisch beliebig zu verlängern. Solange sie sich das nicht klarmacht, wird sie das Geschehene nie akzeptieren und lernen, damit umzugehen.«
    Und wenn schon
, dachte Allie unwirsch.
Ich hab ja auch einen Grund, wütend zu sein. Und der bist du.
    Trotzdem, unterschwellig wusste sie, dass in Isabelles Worten ein Fünkchen Wahrheit steckte, und das nagte an ihr.
    Isabelle sprach weiter: »Dann hat Allie beschlossen, dass sie ihn nicht mag. Eigentlich haben sie heute Nachmittag einen Termin, und …«, Allie konnte sich genau vorstellen, wie Isabelle müde die Schulter zuckte, »… prompt ist sie wie vom Erdboden verschwunden.«
    Raj fuhr auf, und selbst auf dem Dach hörte Allie den Zorn in seiner Stimme. »Das kann so nicht weitergehen, Izzy. Du musst etwas unternehmen. All meine Leute sind im Moment da draußen und suchen nach ihr. Dabei sollten sie sich um die Sicherheit der Schule kümmern. Wir wissen immer noch nicht, was Nathaniel vorhat. Er kann jeden Augenblick zuschlagen. Allie
verschwendet unsere Zeit
. Wir können so nicht weitermachen. Sie benimmt sich wie …«
    »Wie früher«, unterbrach Isabelle ihn. »Das gleiche Verhalten hat sie an den Tag gelegt, als ihr Bruder damals verschwunden ist. Sie ist einfach … wütend, und das kann ich ihr nicht mal verdenken. Ich bin ja selber wütend. Aber ich bin nicht mehr sechzehn, deshalb kann ich das kanalisieren. Sie nicht.«
    Ein Klopfen unterbrach sie.
    Wer ist denn das jetzt?
    Allie beugte sich noch etwas weiter vor, weil sie unbedingt mitbekommen wollte, was geredet wurde, so weit, bis Kopf und Schultern über den Rand des Daches hervorschauten. Raj und Isabelle waren offenbar an die Zimmertür getreten. Sie hörte ihr Gemurmel, aber viel zu weit weg, als dass sie die Worte verstanden hätte.
    Kurz darauf wurde die Tür zugeschlagen. Danach … Stille.
    Sie waren weg.
    Enttäuscht trat Allie den Rückzug an; dabei wanderte ihr Blick nach unten. Wo zwei von Rajs Männern standen und zu ihr hinaufstarrten.
    Allie schlug das Herz bis zum Hals.
    O Scheiße.
    Von Panik erfasst, krabbelte sie vom Dachrand weg und wäre dabei fast auf den nassen Dachziegeln ausgerutscht. Als sie glaubte, außer Sichtweite zu sein, beugte sie sich gerade so weit vor, dass sie nach unten spähen konnte. Die

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