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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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vollgestopft mit allem möglichen Büroscheiß wie ein Hambuger mit Cholesterin, wir durchstöbern die Fensterbretter, schauen auf dem Tisch nach, suchen ein Geheimfach oder zumindest einen kleinen Safe, irgendwas, plötzlich entdecken wir in einer Ecke, was wir suchen – ein Karton für Kopierpapier, zugeklebt und versiegelt. Das Mondlicht dringt durch die Jalousien und tanzt räuberisch auf dem frischen Siegellack. Das ist es, – sagt Tschapaj. Ich versuche, den Karton hochzuheben, ist im Prinzip nicht schwer, kann also sein. Nehmen wir den mit? frage ich. Klaro, sagt Tschapaj, mit zu mir, da sehen wir weiter. Vielleicht sollten wir noch weitersuchen? schlägt Dog vor, dem offensichtlich irgend etwas schwant, nein, – Tschapaj wird nervös, es reicht, besser abhauen. Wir verlassen den Raum, gehen vorsichtig die Treppe runter, Tschapaj fummelt am Schloß rum, endlich sind wir draußen, Tschapaj schließt hinter uns ab, und wir gehen heim – vorn ich mit dem Karton, hinter mir Dog, und zum Schluß patscht Tschapaj mit seinen Turnschuhen durch die Pfützen.
     
    2.55
    – Brich das Siegel auf! – sagt Tschapaj zu Dog.
    – Was ist das? – Wasja ist aufgewacht und beobachtet uns verstört von der Liege aus.
    – Alles paletti, – sage ich, – keine Sorge, du kriegst deinen Anteil.
    – Wovon? – fragt Wasja ängstlich.
    – Wirst du gleich sehen, – sage ich.
     
    Dog findet zwischen den Röhren ein breites Küchenmesser und löst das Siegel, schält und entblättert langsam den Karton, schneller, schneller! – Tschapaj wird ungeduldig, aber Dog macht alles ruhig und gelassen, öffnet den Karton und sagt – oh, ein Denkmal!, er holt eine Büste hervor, ungefähr einen halben Meter hoch, und stellt sie auf einen Hocker.
     
    – Was ist das?
    – Ein Denkmal, – sagt Dog.
    – Eine Büste, – verbessert ihn Tschapaj.
    – Wessen Büste? – frage ich.
    – Unsere, – sagt Tschapaj.
    – Du verstehst mich nicht – wer ist das? – Ich zeige auf die Büste.
     
    Tschapaj putzt sich nachdenklich die Brille.
     
    – Vielleicht der Direktor? – meint Dog.
    – Nein, – sagt Tschapaj, – das ist nicht der Direktor. Der Direktor hat keinen Schnurrbart.
    – Vielleicht hat er sich den dranmachen lassen, weil es schöner ist.
    – Sieht ihm trotzdem nicht ähnlich.
    – Wahrscheinlich irgendein Marxist, – schlage ich vor.
    – Trotzki, – sagt Dog. – Siehst du die Nase? Eindeutig Trotzki.
    – Das ist nicht Trotzki, – erklärt Tschapaj genervt. – Trotzki hat einen Bart. Und der hier hat keinen Bart.
    – Trotzki in Mexiko, – sagt Dog.
    – Hamburger Periode, – füge ich hinzu.
     
    Wasja anzusehen tut richtig weh.
     
    – Das ist nicht Trotzki, – sagt Tschapaj tapfer und versucht, sich seinen Bammel nicht anmerken zu lassen. – Sondern Molotow. Das ZK-Mitglied.
    – Molotow? – frage ich verwirrt.
    – Molotow, – sagt Tschapaj. – ZK-Mitglied, – fügt er für alle Fälle hinzu.
    – Wow, – sage ich.
     
    Dog zieht düster den geklauten Kognak hervor und trinkt direkt aus der Flasche.
     
    – Molotow, – fährt Tschapaj fort, – war der einzige normale Typ dort. Hedonist. Wie Tito.
    – Wie was?
    – Wie Tito. Mochte Frauen, Sport, Restaurants.
    – Cocktails, – sage ich. – Woher ihn dein Direktor wohl hat?
    – Sie haben sie früher hergestellt, – sagt Tschapaj nach kurzem Überlegen. – Aus Abfällen. Es gab hier eine extra Werkshalle für Nebenprodukte. Hat mein Alter mir erzählt.
    – Eine Molotow-Büste – ist das ein Nebenprodukt?
    – Sie haben ja nicht nur Molotow-Büsten hergestellt, – rechtfertigt sich Tschapaj.
    – Was denn noch?
    – Auch Büsten von also, wie heißt er gleich – Woroschilow. Die hier hat wie durch ein Wunder überlebt. Wollte sie wohl verkaufen, der Arsch – sagt Tschapaj streng, – eine Volksbüste.
    – Hör mal! – bricht es aus Dog heraus. – Wir haben also eine Tür aufgebrochen, uns vor dem Werkschutz versteckt, einen Haufen Spuren hinterlassen und all das wegen dieses beschissenen Hedonisten?
     
    Tschapaj tritt an ihn heran, nimmt den Kognak, zieht sich die 200 Gramm rein, die noch übrig waren, geht zur Liege, schmeißt Wasja raus und fällt wie ein Sack in sein schmutziges, bodenloses Tripperbett. Ohne die Schuhe auszuziehen.
     
    3.30
    – Also wir machen folgendes – sagt Dog nervös, – nehmen den ganzen Alk, füllen den Fusel ab, packen den Shit ein, die Klamotten, – er schaut auf Tschapaj, – nein, soll er doch an

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