Der Abgrund Kommissar Morry
Erfahrungen und seines kriminalistischen Instinktes, daß die Lösung des Falles bevorstand. Er ging noch einmal Punkt für Punkt das Ergebnis seiner bisherigen Ermittlungen mit dem Sektionspräsidenten durch.
„Im Fall Dale sind wir noch nicht sehr viel weiter gekommen. Dafür aber haben wir im Fall Gutwell, der ja in der gleichen Weise ermordet wurde, einige Anhaltspunkte herausgefunden, die uns den Weg zum Mörder weisen werden", Morry begann mit überzeugenden Worten die Lage zu schildern.
„John Gutwell wurde umgebracht, als er sich auf dem Wege nach Kingsland befand. Da er einen Betrag von zehntausend Pfund mit sich führte, war zunächst herauszufinden, wer von dieser nächtlichen Fahrt Kenntnis hatte. Der Überfall an der Regents-Bridge deutet daraufhin, daß der Täter gewußt hat, welchem Weg John Gutwell nehmen mußte, um nach Kingsland zu kommen, und daß er das Geld bei sich hatte. — Zwei Menschen kommen zunächst als Mitwisser dieser Fahrt in Betracht. Da die Frau des Ermordeten gleich zu Anfang der Ermittlungen ausschied, blieb nur noch Samuel Barrone, der der Empfänger des Geldes sein sollte. Er allein wußte um John Gutwells Geldtransport. Bei ihm, in seinem Hause, mußte der Hebel meiner Ermittlungen angesetzt werden."
„Und was halten Sie von diesem Barrone?" wollte der Sektionspräsident, ihn unterbrechend, wissen.
„Leider kann ich Ihnen im Augenblick noch keine näheren Angaben machen, Sir. — Er befindet sich nämlich seit dem Morgen nach der Tat an John Gutwell nicht mehr in seinem Hotel in Kingsland."
„Geflüchtet?"
„Kaum, Sir! Denn die zehntausend Pfund, die er hätte mitnehmen können, sind meines Erachtens kaum die Hälfte seines Vermögens, das er in Grundbesitz hätte zurücklassen müssen. Vernünftigerweise läßt aber kein Mensch ein Vermögen zurück, das er vorher hätte flüssig machen können. Niemand flüchtet mit einer wenig umfangreichen Beute, wenn er es nicht nötig hat!“
„Ich verstehe Sie, Morry! — Aber wie ich höre, sind Sie trotzdem darauf aus, diesem Barrone einige Fragen vorzulegen?"
„Stimmt, Sir! — Allein schon, um von ihm zu erfahren, ob außer ihm noch jemand wußte, daß John Gutwell mit dem Geld auf dem Weg zu ihm war. Es gibt noch mehrere Möglichkeiten . . . Außerdem möchte ich von Barrone wissen, warum und wozu er den hohen Betrag brauchte! — Leider muß ich damit warten, bis er von seiner überstürzt angetretenen Reise zurückgekehrt ist. Ich habe Konstabler Tresscot bereits aufgetragen, die finanzielle Lage dieses Mannes genau zu überprüfen. Tresscot muß jeden Augenblick hier eintreffen. Habe ich erst seinen Bericht, dann weiß ich, wie ich diesen Barrone anzufassen habe.
Ist sein Besitz., was nicht selten Vorkommen soll, aber verschuldet, so liegt ein Verdacht gegen ihn schon eher vor. Aber das wird sich ja herausstellen!"
Noch lange sprachen die beiden Männer miteinander. Alle Verdachtsmomente wurden erörtert. Weitere Personen wurden in den Kreis der möglichen Täterschaft einbezogen.
Auch die Möglichkeit, Barrone sei bei seinem gewiß vorher mit John Gutwell geführten Ferngespräch belauscht worden unid der Täter habe so Kenntnis von Gutwells Fahrt erhalten und danach seine Tat geplant und ausgeführt, wurde nicht unbeachtet gelassen.
„Für mich steht eines fest, Sir!" beendete Morry dieses anfangs so erregte und nun in vollkommener Harmonie geführte Gespräch mit seinem Vorgesetzten. „Der Täter ist nur in dem Kreis dieses Barrone zu finden. Über ihn oder im Belvaria-Hotel werden wir die Spur des Mörders letzthin finden und den Mann stellen!"
Irrte sich hier der Kommissar nicht? Leistete er sich eine vielleicht verhängnisvolle Fehlkombimation?
Zur gleichen Stunde an diesem grauen Vormittage befanden sich die beiden Slumrobber Salk Flenker und Jo Siskin in der berüchtigten Kellerspelunke am Blackwell- Basin. Sie waren sofort nach der Freilassung Samuel Barrones vom Lime-Kiln-Dock nach hier geflüchtet. Jo Siskin hatte das getan, was ihm die zwei nächtlichen Besucher aufgetragen hatten. Sofort nachdem Salk Flenker den Raum im Keller des Getreidesilos aufgesperrt hatte, in dem Siskin zusammen mit dem Hotelier zwangsläufig den Rest der Nacht hatte verbringen müssen, hatte er dem völlig überraschten Salk Flenker erklärt, daß sie diesen Mann freilassen müßten. Seine Einwände hatte er kurzerhand zurückgewiesen.
Salk Flenker stand immer noch unter der Nachwirkung des am Vorabend mehr als
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