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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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den Mantel ans Fenster und drehte ihn im grellen Licht hin und her, aber er war unverändert.
    Sie zog ihn an und betrachtete sich im Spiegel. Einen Augenblick hatte sie den Eindruck, er sei etwas länger als sonst. Dann schalt sie sich für ihre lebhafte Fantasie und hing ihn wieder in den Schrank zurück. Irgendwie aber blieb die Sache rätselhaft. Es sei denn, Miß Hartshorne hätte sich geirrt.
    Eine Woche später brach Mrs. Pollifax zu ihrer Balkanreise auf. Sie trug den braunen Mantel und ihren neuen Hut. Sie hatte Osmonde unterschätzt. Er hatte ein großartiges Gebilde
    geschaffen, das genau ihrem Geschmack entsprach. Es war ein eingedrücktes, kuscheliges
    Vogelnest aus weichem Strohgeflecht, auf dem ein kleiner Vogel aus Federn hockte.
    Allerdings neigte der Hut dazu, nach vorne zu kippen, aber Mrs. Pollifax steckte ihn
    energisch mit drei dicken Hutnadeln fest.
    »Wie?« fragte Bishop ungläubig. Er war erst am Vortag von einem einwöchigen Urlaub zurückgekehrt — dem ersten seit fünf Jahren übrigens. Und jetzt war ein Telegramm aus
    Bulgarien eingetroffen, das er nicht verstand. Es lag auf
    Carstairs Schreibtisch und hatte folgenden Wortlaut: MANTEL FÜR 10573 ERHALTEN
    WERDE WEISUNGSGEMÄSS HANDELN
    10573 war das Aktenzeichen für Mrs. Pollifax.
    Carstairs seufzte. »Ich sagte Ihnen doch, diese verdammten Sparmaßnahmen. Die Bonzen
    haben darauf bestanden. Das Budget war eine Woche lang mit den Honoraren von zwei
    Männern belastet, die die Pässe fälschen mußten. Dazu kamen noch Mrs. Pollifax'
    Reisespesen. Von Osmondes Rechnung für den Hut will ich gar nicht erst reden. Man hat
    mir von oben zu verstehen gegeben, daß wir für die Lieferung von acht gefälschten Pässen nach Bulgarien nichts als gutes Einvernehmen ernten. Das ist zu wenig, um die Spesen zu rechtfertigen, hieß es knallhart. Ich durfte meinen Kurier nicht für mich allein behalten.«
    »Aber das Telegramm stammt von Assen Radev«, sagte Bishop vorwurfsvoll.
    »Ja. Es kam über Belgrad, Frankfurt, London und Baltimore. Mit der wöchentlichen
    Lieferung der Gänseleberpastete.«
    »Radev ist ein harter Bursche. Das wissen Sie genau. Und Sie haben immer geschworen,
    Sie würden Mrs. Pollifax vor gefährlichen Missionen bewahren.« Bishops Stimme klang
    eiskalt.
    »Was soll ich machen? Die Idee stammt nicht von mir«, entgegnete Carstairs ärgerlich.
    »Radev braucht gewisse Dinge, und ich hatte Mrs. Pollifax bereits engagiert. Was blieb mir also übrig. Radev hat ihren eigenen Mantel erhalten. Dann wurde eine haargenaue Kopie
    davon angefertigt, mit den gewünschten Papieren ausgestattet und in Mrs. Pollifax'
    Wohnung geschmuggelt. Rundum wird jeder Agent für zweierlei Aufgaben benützt.«
    »Dann erklären Sie mir, bitte, warum Sie Mrs. Pollifax nicht auf die Gefahr aufmerksam
    gemacht haben!«
    Carstairs seufzte. »Weil die Gefahr nicht halb so groß ist, wie Sie meinen. Sobald sie die bulgarische Zollkontrolle passiert hat, wird Radev heimlich die Mäntel vertauschen. Sie wird gar nichts davon erfahren. Ich hielt es für das klügste. Schließlich ist sie nur eine
    Amateurin.«
    »Erstaunlich, daß Ihnen das doch noch eingefallen ist«, sagte Bishop spitz. »Ich finde es unverzeihlich, daß Sie ihr nichts davon gesagt haben. Aber Sie haben ja sicherlich die
    Möglichkeit einkalkuliert, daß Radev der Schlag treffen kann, ehe er die Mäntel noch
    vertauscht hat. Oder daß er von einem Auto überfahren wird.«
    »Sofia hat eine sehr geringe Verkehrsdichte, und die Bulgaren sind angeblich ungemein
    gesund und langlebig. Das verdanken sie dem Joghurt, den sie dauernd essen.« Carstairs
    schüttelte den Kopf. »Was ist los mit Ihnen, Bishop? Wo bleibt Ihr kühler Kopf?«
    »Kühler Kopf! Ich wage nicht mal zu fragen, was in diesem Mantel versteckt ist —«
    »Das ist auch besser so«, versicherte Carstairs ihm ernsthaft.
    »Wir arbeiten nicht für irgendein Versandhaus, Bishop, sondern für den CIA. Da darf man keine Skrupel haben.«
    Bishops Lippen wurden schmal. »Trotzdem war ich überzeugt, daß wir einer alten Dame
    gegenüber gewisse Rücksichten üben«, sagte er schneidend und knallte die Tür hinter sich zu.

4
    Mrs. Pollifax saß im Flughafen von Belgrad und wartete geduldig auf den Abflug nach Sofia.
    Sie freute sich schon auf die Weiterreise. Die zerklüfteten Berge Jugoslawiens, die
    freundlichen Menschen, das unwahrscheinlich blaue Meer hatten sie begeistert. Aber jetzt hatte sie einen Auftrag zu erledigen.
    Sie war

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