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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Lächeln, das Markéta fast verständnisinnig schien, dann schweifte ihr Blick zu Julius hinüber, und ihre Miene gefror.
    »Und Ihr, Madame«, wagte sie endlich zu fragen, »Ihr verlasst Don Julius auch?«
    Die mütterliche Mätresse ließ ihrem Mund einen melodischen Seufzer entgleiten. »Was gäb ich drum, wenn ich noch länger bleiben könnte«, sprach sie. »Aber der Kaiser bedarf meiner, und Ihr wisst ja, ma chère – oder nicht?« In gespielter Verwirrung sah sie zur Mätresse ihres Bastardsohns hinüber, die ihr vor dem gräflichen Kamin gegenübersaß, in demselben Herbstzeitlosenkleid, das sie bei ihrer ersten Begegnung getragen hatte, im Burghof vor Hezilows Unterwelt. »Nun, wahrscheinlich kennt Ihr die Redensart nicht«, sagte sie in abschließendem Ton. »Im Hradschin würdet Ihr sie von morgens bis abends hören: Wenn der Kaiser ruft, hat das Herz zu schweigen.«
    Sie erhob sich, knisternd und gleißend, lieblich und kalt wie ein überfrorener Kirschblütenbaum. »Ah, nicht dass ich’s vergesse und Ihr die Kinder noch vermisst, ma chère. Johanna und ich sind übereingekommen, alle Waisen, die der selige Maître um sich geschart hatte, kirchlicher Obhut anzuvertrauen.«
    »Waisen, Madame?«
    »Na, die halbwüchsigen Bengel und Mädelchen, die zu seinem Künstlervolk gehörten. Die Künstler selbst werden allesamt weiterziehen – einige kommen nach Prag, andere versuchen ihr Glück in Wien oder München. Die Kinder aber, die syrakusischen Zwillinge und was es da noch so alles geben mag, bringen Johannas Nonnen ins Waisenhaus.«
    »Die syrakusischen Zwillinge?« Markéta selbst kam sich täppisch vor, wie sie vor der blendend eleganten Stradová saß, mit aufgerissenen Augen lauschte und nur ab und an ein paar ihrer Worte wiederholte, stumpf wie ein Waldecho. »Lenka und Fabrio lasst bei mir, ich bitt Euch«, fügte sie hinzu, »Julius hat sie immer so gern um sich gesehen. Außerdem bin ich’s dem Maître schuldig.«
    Die Stradová hob strichdünne Augenbrauen. »Trop tard, ma chère, zu spät, die Kutsche mit den Kindern ist heute früh nach Budweis abgefahren.«
    »Aber Julius hat’s nicht …«
    Katharina trat auf sie zu, winkte Markéta empor und schloss sie in eine schneeflockenzarte Umarmung. »Den Bedauernswerten zu fragen hätte keinen Sinn mehr, ma chère«, raunte sie, »machen wir uns nichts vor. Ihr habt doch sicher von der so genannten Habsburger Umnachtung gehört?« Sie löste sich von ihr und schaute unternehmungslustig in Richtung Tür.
    »Nun, er ist nicht der Erste dieses großartigen Herrscherhauses«, sagte sie, »auf den sich das dunkle Tuch hinabsenkt. Den meisten seiner Ahnen waren allerdings – und sind, d’ailleurs – lange Jahrzehnte ungetrübter Geistesklarheit vergönnt, mehr oder weniger ungetrübter, um genau zu sein.«
    Flüchtig sah sie noch einmal zu Don Julius hinüber, der auf seinem Prunksessel saß, im scharlachroten Umhang, die Krone auf dem Haupt, und mit gesammelter Miene das Porträt betrachtete. »Aber mir ist kein einziger Fall von Heilung bekannt«, fuhr die Stradová fort, »kein Onkel oder sonstiger Ahn des armen Julius, der, einmal vom Familienwahn betroffen, die Umnachtung wieder abgeworfen hätte – kein einziger«, wiederholte sie, und ein schmerzlicher Ausdruck trat in ihr Gesicht. »Seid vorsichtig, ma chère, Ihr liebt ihn, seid dennoch auf der Hut! Schon seit Jahren mehren sich die Zeichen, und erst im letzten Frühjahr, wenige Tage bevor d’Alembert ihn hierhergebracht hat …«
    »Das war nicht er!«, fiel Markéta ihr wieder ins Wort. Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Glaubt Ihr wirklich, Madame, dass Euer Sohn ein Mörder wär?«
    »Mörder?«, wiederholte Julius von der anderen Seite des Salons her.
    »Wir sind der König: Wie wünscht Ihr uns zu dienen, Mörder?«
    »Ich jedenfalls glaub’s nicht«, fuhr Markéta leiser fort, »Julius hat mir von der armen Maid erzählt, von diesem Mariandl, das tot in seinen Armen lag, wie er damals aufgewacht ist in Prag.«
    Einen Moment lang sah die Stradová sie wortlos an, und nur ein schwaches Flattern ihrer Lider verriet, dass ihre Fassung erschüttert war. »Aber neben ihm lag ja das blutverschmierte Beil!«, rief sie aus.
    »Und es war ja auch nicht der erste … Zwischenfall, hat Julius Euch auch das gebeichtet?«
    »Madame? Wir sind der König: Wie wünscht Ihr uns zu dienen, Madame?«
    »Auf jede erdenkliche Weise, Majestät!« Markéta rief es zu Julius hinüber und nickte der

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