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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie viele Antworten er würde geben können, bevor seine Stimme versagte, aber ich versprach ihm, in ungefähr einer Stunde vorbeizukommen.
    »Danke. Lieber schon früher, wenn’s irgendwie geht. Die Zeit drängt, wie man so sagt.« Und damit legte er einfach auf, ohne sich auch nur zu verabschieden.
    Ich arbeitete zwei weitere Leistungskursaufsätze durch, danach waren nur noch vier übrig, aber es war zwecklos. Ich war aus dem Takt gekommen. Also packte ich den zusammengeschrumpften Stapel in meine Aktentasche und ging. Ich überlegte, ob ich ins Büro hinaufgehen und Gloria einen schönen Sommer wünschen sollte, ließ es aber doch bleiben. Sie würde noch die ganze kommende Woche da sein, um das Schuljahr abzuschließen, und ich würde noch einmal vorbeischauen und den Schrank mit den Snacks ausräumen – das hatte ich mir selbst versprochen. Sonst würden die Ferienkurslehrer, die das Lehrerzimmer im Westflügel benutzten, ihn von Käfern wimmelnd vorfinden.
    Hätte ich gewusst, was die Zukunft für mich bereithielt, wäre ich bestimmt zu ihr hinaufgegangen. Ich hätte ihr vielleicht sogar den Kuss gegeben, der in den letzten paar Monaten zwischen uns in der Luft hing. Aber das wusste ich natürlich nicht. Das Leben schlägt gern Kapriolen.
    3
    Der silbrige Trailer von Al’s Diner stand abseits der Main Street und jenseits der Bahngleise im Schatten der alten Worumbo-Weberei. Solche Lokale wirkten oft schäbig, aber Al hatte die Hohlblock steine, auf denen sein Etablissement ruhte, mit hübschen Blumen beeten getarnt. Es gab sogar ein ordentliches Rasenquadrat, das er persönlich mit einem altmodischen Handrasenmäher trimmte. Der Rasenmäher war so gut gepflegt wie die Blumen; seine leuchtend farbig lackierten surrenden Messer hatten keinen einzigen Rostfleck. Er hätte erst vor einer Woche in der benachbarten Western-Auto-Filiale gekauft worden sein können … das heißt, wenn es in The Falls noch eine Western-Auto-Filiale gegeben hätte. Die einzige in der Gegend war um die Jahrhundertwende ein Opfer der riesigen Einkaufskästen geworden.
    Ich folgte dem gepflasterten Weg, stieg die wenigen Stufen hinauf und blieb stirnrunzelnd stehen. Das Schild WILLKOMMEN IN AL’S DINER, HEIMAT DES FATBURGERS! war verschwunden. An seiner Stelle hing ein Pappquadrat mit dem Text: WEGEN KRANKHEIT ENDGÜLTIG GESCHLOS SEN. DANKE FÜR EURE LANGJÄHRIGE KUNDSCHAFT & GOTT SEGNE EUCH.
    Ich steckte noch nicht in dem Nebel des Irrealen, der mich bald verschlingen würde, aber seine ersten Ausläufer griffen nach mir, und ich spürte sie. An der Heiserkeit, die ich in Als Stimme gehört hatte, oder dem bellenden Husten war keine Sommergrippe schuld. Auch keine Erkältung. Diesem Schild nach musste es etwas Ernsteres sein. Aber welche schwere Krankheit brach in nur vierundzwanzig Stunden aus? Genau genommen sogar weniger. Jetzt war es halb drei. Als ich das Lokal gestern Abend um Viertel vor sechs verlassen hatte, war Al noch gesund und munter gewesen. Sogar fast hyperaktiv. Ich erinnerte mich, ihn gefragt zu haben, ob er zu viel von seinem eigenen Kaffee getrunken habe, und er hatte geantwortet, nein, er denke nur daran, Urlaub zu machen. Redeten Leute, die gerade krank wurden – und zwar schwer genug, um ein Lokal zu schließen, das sie über zwanzig Jahre lang allein geführt hatten –, von Urlaubsplänen? Manche vielleicht, aber vermutlich nicht viele.
    Die Tür ging auf, bevor meine Hand die Klinke berührte, und Al stand vor mir. Er sah mich an, ohne zu lächeln. Ich erwiderte seinen Blick und spürte, wie der Nebel des Irrealen um mich herum dichter wurde. Der Tag war warm, aber der Nebel war kalt. An dieser Stelle hätte ich noch kehrtmachen und weggehen können, zurück in die Junisonne, und irgendwie wollte ich das auch. Hauptsächlich war ich jedoch durch Staunen und Bestürzung gelähmt. Auch durch Entsetzen, das kann ich gleich zugeben. Eine schwere Krankheit entsetzt uns nämlich immer, und Al war schwer krank. Das konnte ich auf den ersten Blick sehen. Und todkrank traf es vermutlich noch besser.
    Es waren nicht nur seine sonst so rosigen Wangen, die jetzt schlaff und fahl geworden waren. Nicht die wässrige Schicht auf seinen blauen Augen, die jetzt verwaschen aussahen und wie kurzsichtig blinzelten. Es waren nicht einmal seine zuvor fast schwarzen Haare, die jetzt fast weiß waren – schließlich konnte er sie sich aus Eitelkeit gefärbt und nun plötzlich beschlossen haben, die Farbe herauszuwaschen und die

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