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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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die Möglichkeiten nach.
    »Das ist nicht erlaubt.«
    Thobela nickte, um zu zeigen, daß er verstand. »Wieviel?«
    Der Mann betrachtete ihn, schätzte eine Summe und drückte sein Rückgrat durch. »Fünftausend.«
    |30| »Das ist zuviel«, sagte Thobela, stand auf und ging in Richtung Tür.
    »Drei.«
    »Fünfhundert.«
    »Es geht um meinen Job. Den riskiere ich nicht für fünfhundert.«
    »Keiner wird es je erfahren. Ihr Job ist sicher. Sieben-fünfzig.«
    »Tausend«, sagte er hoffnungsvoll.
    Thobela wandte sich um. »Tausend. Wie lange brauchen Sie für die Kopie?«
    »Ich muß das heute nacht machen. Kommen Sie morgen wieder.«
    »Nein. Heute nacht.«
    Der Detective schaute ihn an, sein Blick wirkte nicht mehr ganz so erschöpft. »Warum haben Sie es so eilig?«
    »Wo können wir uns treffen?«
     
    Die Armut hier war schrecklich. Hütten aus Brettern und verrostetem Blech, der widerwärtige Gestank von Verwesung und Müll.
     Paralysierende Hitze stieg aus dem Staub auf.
    Mrs. Ramphele jagte vier Kinder – zwei Teenager, zwei Kleinkinder – aus der Hütte und bat ihn, sich zu setzen. Drinnen war
     es sauber, aber heiß, so daß der Schweiß große Kreise auf seinem Hemd bildete. Auf dem Tisch lagen Schulbücher, auf einem
     wackeligen Regal standen Fotos von Kindern.
    Sie glaubte, er wäre von der Polizei, und er tat nichts, um diese Vermutung zu entkräften. Sie entschuldigte sich für ihren
     Sohn, sie sagte, er wäre nicht immer so gewesen; er wäre ein guter Junge, angestiftet durch Khoza, und wie leicht das hier
     geschehen könne, wo niemand irgend etwas hatte und es keine Hoffnung gab. Andrew hatte Arbeit gesucht, er war ans Kap gefahren,
     er hatte die achte Klasse abgeschlossen und dann gesagt, er könnte seine Mutter nicht mehr so hart arbeiten lassen, er würde
     die Schule später zu Ende bringen. Aber es gab keine Arbeit. Nichts: East London, Uitenhage, |31| Port Elizabeth, Jeffreys Bay, Knysna, George, Mossel Bay, Kapstadt … Zu viel Menschen, zu wenig Arbeit. Manchmal schickte
     er Geld, sie wußte nicht, woher er es hatte, aber sie hoffte, daß es nicht gestohlen war.
    Wußte sie, wohin Andrew jetzt gehen würde? Kannte er Leute am Kap?
    Nicht, daß sie wüßte.
    War er hiergewesen?
    Sie sah ihm in die Augen und sagte nein, und er fragte sich, wieviel von dem, was sie ihm erzählt hatte, der Wahrheit entsprach.
     
    Sie hatten den Grabstein errichtet.
Pakamile Nzululwazi. Sohn von Miriam Nzululwazi. Sohn von Thobela Mpayipheli. 1996–2004. Ruhe in Frieden
.
    Ein schlichter Stein, Granit und Marmor im grünen Gras am Fluß. Er lehnte am Pfefferbaum und dachte daran, daß dies der Lieblingsort
     des Jungen gewesen war. Er hatte ihn oft durch das Küchenfenster beobachtet, und der Kleine hockte hier auf den Fersen, manchmal
     schaute er einfach nur dem braunen Wasser zu, das langsam vorbeifloß. Manchmal hielt er einen Stock in Händen, kratzte Muster
     und Buchstaben in den Sand – und er fragte sich, woran Pakamile dachte. Die Möglichkeit, daß er an seine Mutter dachte, schmerzte
     ihn sehr, denn daran konnte er nichts ändern, diesen Schmerz konnte er nicht lindern.
    Manchmal versuchte er darüber zu sprechen, aber vorsichtig, denn er wollte die alte Wunde nicht wieder aufreißen. Also fragte
     er: »Wie geht es dir, Pakamile?«, »Macht dir etwas Sorgen?« oder »Bist du glücklich?« Und der Junge entgegnete mit seiner
     natürlichen Fröhlichkeit, daß alles in Ordnung sei, er sei sehr glücklich, denn er habe ja ihn, Thobela, und die Farm und
     das Vieh und überhaupt. Aber er hegte dennoch stets den Verdacht, daß dies nicht die ganze Wahrheit war, daß der Junge irgendwo
     in seinem Kopf einen geheimen Ort barg, an dem er sich ganz allein mit seinem Verlust auseinandersetzte.
    |32| Acht Jahre, in denen sein Vater ihn im Stich gelassen und er eine liebende Mutter verloren hatte.
    Das konnte doch wohl nicht die Summe eines Lebens sein? Das konnte doch einfach nicht richtig sein? Es mußte einen Himmel
     geben, irgendwo … Thobela schaute hinauf in das Blau und fragte sich, war Miriam dort, zwischen weiten grünen Hügeln, um Pakamile
     willkommen zu heißen? Gab es einen Ort, an dem Pakamile mit seinen Freunden spielen konnte? Alle Rassen gemeinsam, ein großes
     Durcheinander, alle mit demselben Gerechtigkeitssinn? Wasser, an dessen Ufer man ruhen konnte. Und Gott, ein großes schwarzes
     Wesen, ein König mit einem dichten grauen Bart und weisem Blick, der jedermann mit einer

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