Der Aufstand Der Ungenießbaren
etwas getan.
Oh doch, sagte Gärtner, deine Spezies lebt doch vom menschlichen Unglück. Aber sei doch nicht so, es ist mir wirklich unangenehm, dich so zu sehen. Du bist sicher nicht auf die Knie gegangen, während du bei Itex aufgestiegen bist. Oder etwa doch? Du sollst immer du selbst sein. Wenn es gut läuft für dich, und auch wenn nicht. So wie Fraktale, sie bleiben gleich, ganz unabhängig vom Maßstab. Sag mal, er wechselte abrupt das Thema, hast du je Weizen gesät?
Pavi ć schüttelte den Kopf.
Und hast du je ein Brot gebacken, einen Obstgarten gepflegt, Fische auf einem Kutter in Kisten sortiert oder Möbel in einen Bulli geladen?
Pavi ć schüttelte wieder den Kopf und sah Gärtner angespannt an.
Siehst du, sagte dieser, wie ich schon sagte, ist die statistische Wahrscheinlichkeit eine sehr interessante Größe, denn sie besagt, dass du im Nu überall im ganzen Weltall landen kannst. Du kannst ein Jäger in der Taiga sein, ein König irgendwo auf dem Orion, ein Manager in irgendeiner pharmazeutischen Drecksfabrik, eine unendliche Zahl von Möglichkeiten steht vor dir, aber nur eine davon tritt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein – er zog die Pistole unter seiner Jacke hervor und entsicherte sie, Pavi ć begann zu zittern und zu schluchzen – nämlich dass du gleich zur Hölle fahren wirst. Sei’s drum, er seufzte und drückte ab,
und am selben Morgen werden die Internetportale und Fernsehnachrichten Folgendes in die Augen, Ohren und Hirne der Bürger pflanzen:
DIE UNGENIESSBAREN TÖTEN WIEDER
Zagreb, 26. Mai 2015
Der berüchtigten terroristischen Vereinigung mit dem bizarren Namen »Die Ungenießbaren« fiel erneut ein Mensch zum Opfer. Gestern wurde in den Nachmittagsstunden
der 35jährige Ivo Pavi ć ermordet, leitender Manager von Itex, einer führenden Firmengruppe auf dem Balkan, die zwanzig landwirtschaftliche Betriebe, Baufirmen, Einzelhandelsketten und Verlagshäuser der Region unter ihrem Dach vereint. Dank eines anonymen Telefonanrufs fanden die Bestattungskräfte heute Vormittag Pavi ć s Leiche auf einem Waldweg in der Nähe von Zagreb. Pavi ć war am Sonntag, den 24. Mai, entführt worden, man vermutet, dass er aus dem Teehaus »Hanshan« verschleppt wurde, das sich außerhalb der Mauer befindet und in dem zu nächtlicher Stunde häufig Zagreber Prominente auf der Suche nach unorthodoxen Vergnügungen anzutreffen sind. Es handelt sich um den achten Mord in der Zone, wie das Gebiet außerhalb der Mauer im Allgemeinen genannt wird, seitdem die Holding vor einem Jahr als Sparmaßnahme eine große Anzahl von Polizisten entlassen und die Überwachung dieses Gebietes aufgegeben hat. In sechs Fällen waren die Opfer Bürger, die innerhalb der Mauer lebten, ausnahmslos Angehörige höchster Wirtschaftskreise, die von den »Ungenießbaren« entführt wurden, während zwei Morde in den Bereich der klassischen Kapitalverbrechen fallen. Nach Angaben der Bestattungskräfte ist interessanterweise die Zahl der Morde außerhalb der Mauer gesunken, seitdem die Holding dieses Gebiet nicht mehr überwachen lässt.
Erinnern wir uns: »Die Ungenießbaren« halten schon seit länger als einem halben Jahr den Vorstandsvorsitzenden der Citybank, Damir Milinovi ć , gefangen. Zu dieser Entführung haben sie sich im Oktober letzten Jahres bekannt, eine Videoaufnahme bestätigte es. Inzwischen hat der Aufsichtsrat der Citybank Milinovi ć seiner Pflichten entbunden und einen neuen Vorstandsvorsitzenden eingesetzt. Die Suche nach Milinovi ć wurde eingestellt, als aufgrund der veröffentlichten Videos unzweifelhaft festgestellt wurde, dass dieser sich außerhalb der Mauer befindet.
Damir Milinovi ć galt als Mentor von Pavi ć . Während er noch der Itex-Geschäftsführung vorstand, zeigte Milinovi ć offene Sympathien für den jungen Betriebswirt, so dass Pavi ć sehr schnell zum leitenden Manager aufstieg. Nachdem Milinovi ć zur Citybank wechselte, war es nur eine Frage der Zeit, wann Pavi ć in das Büro des Vorstandsvorsitzenden wechseln würde. Doch den weiteren Aufstieg des jungen Fachmanns verhinderte ein gewaltsamer Tod.
Langsam ekelt es mich an, beschwerte sich Gärtner bei Fraktalfrau, die im Auto auf ihn wartete.
Du lügst, sagte sie, du genießt das doch.
Wie auch immer. Mich quält Folgendes: Wie kann man etwas besiegen, das kein Gesicht hat, das keine Niederlage kennt? Wir beseitigen einen, aber sofort rückt ein anderer, der genauso ist, auf seinen Platz. Sie sind hartnäckig wie eine
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