GK170 - Die mordenden Bilder
Ich lenkte meinen blütenweißen Peugeot 504 TI nach rechts. Der Wagen rollte auf das Tankstellengelände. Hier war ich Stammkunde. Dementsprechend herzlich war die Begrüßung. Der Pächter kam mit freudestrahlendem Gesicht angelaufen.
»Ah, Mr. Ballard.«
»Tag, Mike«, begrüßte ich ihn und stieg aus, nachdem ich die Handbremse angezogen hatte.
Mike Anderson wischte sich die Hände an einem Putzlappen sauber, als wollte er mir anschließend die Hand geben. Er ließ es dann aber bleiben.
Er war groß und füllig. Sein Overall war schmutzig. Er machte den Autoreparaturwerkstätten der Umgebung laufend recht erfolgreich Konkurrenz, übernahm kleine und große Reparaturen an allen Modellen und lebte ganz gut davon. Vom Benzinzapfen allein hätte er sich kein Häuschen am Stadtrand von London hinstellen können.
»Lange nicht gesehen, Mr. Ballard«, sagte Anderson.
»Ich war nicht in der Stadt«, antwortete ich. »Hatte in Porlock zu tun.«
»In Porlock? Sagen Sie bloß, das Kaff liegt irgendwo auf unserer schönen britischen Insel«, meinte Anderson grinsend.
»Das tut es«, erwiderte ich. Und dann gab ich ihm eine kleine Nachhilfelektion in Geographie. Danach wusste er, wo Porlock lag.
Was ich in dieser Gegend gemacht hatte, behielt ich allerdings für mich. Anderson hätte mich leicht für einen Spinner halten können, wenn ich ihm erzählt hätte, dass ich dieses Dorf von einem Dämon befreit hatte. Es war ein schlimmes Abenteuer gewesen.
Mein Freund Andrew Tann hatte mich zu Hilfe gerufen, weil er ausgerechnet das Haus dieses Dämons gekauft hatte. Der Unhold hatte sich das nicht bieten lassen wollen, und ich musste mit schweren Geschützen auffahren, um ihn letztlich nicht nur in die Schranken weisen, sondern darüber hinaus auch vernichten zu können.
Ich kam gerade von Porlock und war auf dem Weg nach Hause.
Nur noch schnell den Tank voll machen – und dann rum um die zwei Ecken. Danach war die Fahrt zu Ende.
Anderson fragte: »Wie üblich?«
Ich nickte. Das hieß: Super. Reifendruck prüfen. Destilliertes Wasser für die Batterie. Ölkontrolle. Wasser für die Scheibenwaschanlage.
Während Anderson wie ein guter Geist um meinen Wagen herumflitzte und all die nötigen Handgriffe tat, unterhielten wir uns über den heimischen Fußball. Anderson war mit zwei Spielertransfers nicht einverstanden und wetterte gegen die zuständigen Vereinsleitungen. Harte Worte fielen dabei. »Das hat doch nichts mehr mit Sport zu tun! – Menschenhändler sind das! – Profitgeier…«
Mike redete sich ziemlich schnell warm.
Das amüsierte mich. Ab und zu heizte ich ihn mit einem Schäufelchen gespielter Entrüstung weiter an. Das brachte ihn zu dem Schwur, er würde nie mehr im Leben einen Fußballplatz betreten.
Ich wusste, dass er diesen Schwur nicht halten würde. Dazu hing sein Herz viel zu sehr am Sport.
Nachdem auch die Fenster meines Wagens geputzt waren, bezahlte ich. Anderson wünschte mir eine gute Fahrt für den kurzen Weg, den ich noch vor mir hatte. Ich legte den Sicherheitsgurt an und rief:
»Auf Wiedersehen, Mike. Bis zum nächsten Mal.«
»Sollte Ihr Wagen mal streiken, Mr. Ballard, ich würde Sie auf jeden Fall bevorzugt behandeln«, meinte Mike.
»Ich werde mich an Ihr Angebot erinnern, wenn es soweit ist«, gab ich zurück.
Dann trat ich aufs Gas. Der Einspritzmotor röhrte los. Anderson salutierte.
Drei Minuten später hielt ich in der Chichester Road vor dem Haus Nummer 22. Ich war wieder daheim. Hier wohnte ich mit meiner Freundin Vicky Bonney und mit meinem Freund und Beschützer Mr. Silver.
Ich schloss die Tür auf. Vicky hatte mich schon erwartet. Ihr blondes Haar wehte wie eine gelbe Fahne um ihren Kopf, als sie auf mich zugelaufen kam. Ihre blauen Augen strahlten. Sie trug einen cremefarbenen Shetlandpulli und einen modischen Jeansrock. Mit vor Freude geröteten Wangen warf sie sich in meine ausgebreiteten Arme.
»Tony!« Sie seufzte. Es klang, als hätte sie gesagt: Endlich.
Ich presste sie an mich und küsste sie auf den vollen Mund. Sie war kleiner als ich, wirkte im Vergleich zu mir schmal und zerbrechlich wie eine zierliche Puppe.
Vickys Herz schlug heftig. Ich konnte es fühlen. Lächelnd schob ich sie von mir und schaute ihr in die Augen. »Ich hoffe, du hast dich während meiner Abwesenheit nicht gelangweilt.«
»Ich hatte Angst um dich, Tony«, flüsterte Vicky.
Sie hatte immer Angst um mich. Das konnte sie sich einfach nicht abgewöhnen.
»Ist ja alles bestens
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